14. September 2023
Simultaninsolvenz MoPeG
Modernisierung des Personengesellschaftsrechts

MoPeG – Simultaninsolvenz der GmbH & Co. KG

Der neue § 179 HGB regelt erstmals den häufigsten Fall der Simultaninsolvenz der GmbH & Co. KG und schafft damit Erleichterungen bei der Insolvenzabwicklung

Mit Einführung des neuen § 179 HGB n.F. durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) ab dem 1. Januar 2024 wird eine ausdrückliche gesetzliche Regelung für den häufigsten Fall der Simultaninsolvenz der zweigliedrigen GmbH & Co. KG in das HGB aufgenommen. Von einer Simultaninsolvenz wird gesprochen, wenn sowohl der einzig persönlich haftende Gesellschafter* (GmbH-Komplementärin) als auch die KG insolvent werden.

Häufig ist mit der Insolvenz der GmbH & Co. KG auch die Insolvenz ihrer GmbH-Komplementärin verbunden. Dies ist damit zu begründen, dass eine Überschuldung der Komplementär-GmbH i.S.d. § 15a InsO vorliegt, wenn ihre eigenen Aktiva und die Aktiva der KG zusammen nicht mehr die Verbindlichkeiten beider Gesellschaften abdecken. Da die Komplementär-GmbH üblicherweise nur über das gesetzliche Mindeststammkapital und entsprechend geringes Vermögen verfügt, gleichzeitig aber unmittelbar gemäß §§ 128, 161 Abs. 2 HGB für die Verbindlichkeiten der KG haftet, zieht die Überschuldung der KG oftmals die Überschuldung der Komplementär-GmbH nach sich. 

Bisherige Regelungen führten zur liquidationslosen Vollbeendigung der GmbH & Co. KG

Bislang bereitete die Simultaninsolvenz bei zweigliedrigen Gesellschaften, welche nur einem Komplementär und einen Kommanditisten als Gesellschafter fassen, Schwierigkeiten bei der Insolvenzabwicklung, da ein Durchlaufen eines Regelinsolvenzverfahrens oftmals nicht erfolgt. Denn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH-Komplementärin gem. §§ 161 Abs. 2, 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 HGB (ab 1. Januar 2024 § 130 Abs. 1 Nr. 3 HGB) führte zum Ausscheiden der GmbH-Komplementärin aus der Gesellschaft. Dies hat zur Folge, dass ihr Vermögen gem. §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 2 HGB, 738 Abs. 1 S. 1 BGB dem verbleibenden Kommanditisten anwächst. Nach Ausscheiden der GmbH-Komplementärin aus der KG fällt sodann das gesamte Vermögen der KG dem verbleibenden Kommanditisten zu. Die GmbH & Co. KG ist ohne Durchführung eines Liquidationsverfahrens vollbeendet unter Gesamtrechtnachfolge ihres einzigen verbleibenden Kommanditisten. 

Für die Verbindlichkeiten der KG haftet sodann der verbleibende Kommanditist. Dabei ist die Haftung für die Verbindlichkeiten der GmbH & Co. KG in analoger Anwendung von § 27 HGB auf das übernommene Vermögen begrenzt, soweit der verbleibende Kommanditist die Geschäfte der Gesellschaft nicht fortführt. Es kommt in Anlehnung an das Nachlassinsolvenzverfahren analog §§ 315 ff. InsO zu einem Partikularinsolvenzverfahren über das Sondervermögen der vollbeendeten GmbH & Co. KG in der Rechtsträgerschaft des ehemaligen Kommanditisten, beschränkt auf das im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergegangene Vermögen der GmbH & Co. KG.

§ 179 HGB n.F. – der Ausnahmetatbestand vom automatischen Ausscheiden nach § 131 HGB

§ 179 n.F.: Insolvenz der Kommanditgesellschaft 

(1)1§ 130 Absatz 1 Nummer 3 (= Ausscheiden aus der Gesellschaft bei Insolvenzeröffnung) findet keine Anwendung, wenn der Gesellschafter, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, der einzige persönlich haftende Gesellschafter der Kommanditgesellschaft ist und

  1. über das Vermögen der Kommanditgesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet ist oder
  2. die Voraussetzungen für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Kommanditgesellschaft erfüllt sind und ein Antrag auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt ist.

2Wird im Falle des Satzes 1 Nummer 2 der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen, treten die Wirkungen des § 130 Absatz 1 Nummer 3 mit dem Eintritt der Rechtskraft der Abweisungsentscheidung ein.

Mit der Neuregelung des § 179 HGB wird ab 1. Januar 2024 die Anwendung des § 131 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 HGB (ab dem 1. Januar 2024 § 130 Abs. 1 Nr. 3 HGB) für den Fall der Simultaninsolvenz einer zweigliedrigen GmbH & Co. KG ausgeschlossen. Die einzig persönlich haftende GmbH-Komplementärin scheidet damit nicht mehr aus der KG aus, sofern über deren Vermögen und über das Vermögen der KG das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist oder die Voraussetzungen für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH & Co. KG erfüllt sind, sowie ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt ist. Damit wird der häufigste Fall der Simultaninsolvenz der GmbH & Co. KG nunmehr mit entsprechender Klarheit für die Praxis gesetzlich geregelt. Eine bislang befürwortete teleologische Reduktion des § 131 Abs. 3 Nr. 2 HGB, um ein Ausscheiden der GmbH-Komplementärin und der damit verbundenen liquidationslosen Vollbeendigung der KG zu verhindern, bedarf es insoweit ab dem nächsten Jahr nicht mehr.  

In der Folge soll die einheitliche Abwicklung bzw. Sanierung sowohl der GmbH-Komplementärin als auch der KG erleichtert werden. Denn soweit der Kommanditist von der Insolvenz nicht betroffen ist, gibt es weiterhin zwei Gesellschafter – die insolvente GmbH-Komplementärin und den nicht insolventen Kommanditisten. Folglich wird sowohl aus der GmbH-Komplementärin als auch aus der insolventen KG eine Liquidationsgesellschaft, deren Zweck allein auf die Abwicklung und Auseinandersetzung der jeweiligen Gesellschaft gerichtet ist. Damit wird zum einen sichergestellt, dass zwei simultane Insolvenzverfahren betreffend das Vermögen der GmbH-Komplementärin, als auch der GmbH & Co. KG durchgeführt werden können, wodurch für den Fall der Regelinsolvenz dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit eröffnet wird die beiden Gesellschaften jeweils zu liquidieren oder zu veräußern. Zudem könnten die Gesellschaften jeweils auch in Eigenverwaltung oder im Schutzschirmverfahren fortgeführt werden, um selbst die Unternehmensrettung voranzutreiben. 

Zum anderen wird die Eigensanierung einer GmbH & Co. KG, beispielsweise durch das ins Boot holen eines Investors, im Rahmen des Insolvenzverfahrens erleichtert, da der Erhalt der Struktur der (Liquidations-)Gesellschaft ermöglicht wird. Bislang war dies durch das automatische Ausscheiden der GmbH-Komplementärin, der liquidationslosen Auflösung der KG unter Gesamtrechtsnachfolge des Kommanditisten und der damit einhergehenden Durchführung eines Partikularinsolvenzverfahrens in der Praxis erschwert. 

Das MoPeG schafft durch die Einführung des neuen § 179 HGB damit eine Regelung, welche auf mehr Klarheit im Personengesellschaftsrecht abzielt und eine Anpassung an die aktuellen Gegebenheiten und Rechtsprechung bewirkt.

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

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