11. September 2023
Modernisierung des Personengesellschaftsrechts

MoPeG: Allgemeine Änderungen im Recht der OHG/KG

In diesem Beitrag berichten wir über ausgewählte Neuerungen im Recht der OHG/KG in Bezug auf die am 1.1.2024 in Kraft tretende Reform des Personengesellschaftsrechts (MoPeG).

Das MoPeG sieht in Bezug auf die OHG und KG nicht so weitgehende Änderungen vor wie etwa für das Recht der BGB-Gesellschaften. Dennoch gibt es einige Neuerungen, wobei wir über ausgewählte Änderungen im Folgenden kurz berichten möchten.

OHG News: Neues Beschlussverfahrensrecht

Da das aktuelle OHG-Recht vom Einstimmigkeitsprinzip ausgeht, werden Fragen der Beschlussfassung und der Formalitäten einer Gesellschafterversammlung im Gesetz kaum geregelt. Zur Lückenschließung wird regelmäßig auf die Regelungen des Beschlussverfahrensrecht bei der GmbH (§§ 47-51 GmbHG) zurückgriffen, wobei insoweit vieles streitig ist.

Dies wird sich nun zumindest teilweise ändern und so stellt § 109 Abs. 1 HGB n.F. zunächst klar, dass die Gesellschafter* ihre Beschlüsse in Versammlungen fassen. Dies schließt sowohl Präsenzversammlungen als auch virtuelle Versammlungen also etwa Telefon- oder Videokonferenz mit ein (Begr. RegE MoPeG, S. 226). Nach Abs. 2 der neuen Regelung kann die Versammlung durch jeden Gesellschafter einberufen werden, der auch die Befugnis zur Geschäftsführung hat, wobei die Einberufung durch formlose Einladung der anderen Gesellschafter unter Ankündigung des Zwecks der Versammlung in angemessener Frist erfolgen muss. Abs. 3 sieht als Grundmodell von Abstimmungen – wie auch bisher – das Einstimmigkeitsprinzip vor. Sofern vom Einstimmigkeitsprinzip abgewichen wird, stellt nun aber Abs. 4 klar, dass die Gesellschafterversammlung beschlussfähig ist, wenn die anwesenden Gesellschafter oder ihre Vertreter ohne Rücksicht auf ihre Stimmberechtigung die für die Beschlussfassung erforderlichen Stimmen haben.

Da die neuen Regelungen damit lediglich grundlegende Aspekte des Beschlussverfahrens erfassen und um nicht auf die Lückenschließung durch das GmbH-Recht angewiesen zu sein, empfiehlt es sich üblicherweise genaue

  • Mehrheitserfordernisse (ggf. auch unterteilt nach Wichtigkeit der Angelegenheit),
  • Ladungsfristen und -modalitäten (z. B. schriftliche Ladung),
  • die Leitung der Versammlung,
  • Stimmverbote
  • und ggf. auch Minderheitsrechte

im Gesellschaftsvertrag festzuschreiben.

Eine wesentliche Neuerung sei in diesem Zusammenhang ebenfalls erwähnt und betrifft das erstmals im Personengesellschaftsrecht eingeführte Beschlussmängelrecht (§§ 110 ff. HGB n.F.). Diesem Thema widmen wir allerdings einen eigenen Blogbeitrag.

OHG News: Gewinnermittlung und Gewinnverteilung

Die derzeitigen Regelungen zur Gewinnermittlung und Gewinnverteilung im HGB werden in der Praxis oft abbedungen und waren insbesondere mit Blick auf den komplizierten Gewinnverteilungsschlüssel eher unpraktikabel.

Die neuen Regelungen stellen nunmehr zunächst kompetenziell klar, dass

  • die geschäftsführungsbefugten Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft zur Aufstellung des Jahresabschlusses (§ 242 Absatz 3) verpflichtet sind (§ 120 Abs. 1 S. 1 HGB n.F.)
  • und die Gesellschafter durch Beschluss über dessen Feststellung entscheiden (§ 121 HGB n.F.).

Fristen für die Aufstellung und Feststellung werden vom neuen Recht keine vorgegeben. Hier orientieren sich viele Gesellschaftsverträge – sofern keine zwingenden gesetzlichen Regelungen entgegenstehen – an § 42a Abs. 2 GmbHG und damit der acht- bzw. Elfmonatsfrist (bei kleinen Gesellschaften im Sinne § 267 Abs. 1 HGB) ab Geschäftsjahresbeginn, was auch weiterhin praktikabel erscheint (Begr. RegE MoPeG, S. 239)

Für die Gewinn- und Verlustverteilung soll es nunmehr nach § 120 Abs. 1 S. 2 HGB n.F., § 709 Abs. 3 BGB n.F. zunächst auf die (1) Anteilsquote ankommen. Sofern keine Beteiligungsverhältnisse vereinbart worden sind, ist auf die (2) Beitragsquote abzustellen. Sollten schließlich auch keine Werte der Beiträge vereinbart worden, so hat jeder Gesellschafter einen (3) gleichen Anteil am Gewinn und Verlust (sog. Kopfquote). Die geschäftsführungsbefugten Gesellschafter sind verpflichtet für jeden Gesellschafter den Anteil am Gewinn und Verlust dementsprechend zu ermitteln.

Dabei geht § 122 HGB n.F. vom Prinzip der Vollausschüttung aus, wobei angeordnet wird, dass der Anspruch nicht geltend gemacht werden kann, soweit die Auszahlung zum offenbaren Schaden der Gesellschaft gereicht oder der Gesellschafter seinen vereinbarten Beitrag trotz Fälligkeit nicht geleistet. Regelungen zur Gewinnthesaurierung und Rücklagenbildung sind nicht vorgesehen und bleiben daher weiterhin dem Gesellschaftsvertrag vorbehalten.

KG News: Verbesserte Informationsrechte der Kommanditisten

Die Informationsrechte des Kommanditisten sind vom aktuellen Gesetzeswortlaut her stark beschränkt. Hintergrund ist das gesetzliche Leitbild des Kommanditisten als Kapitalgeber, der vor allem überprüfen können soll, ob Gewinn und Verlust der Gesellschaft zutreffend ermittelt wurden. Deshalb ist das ordentliche Informationsrecht darauf beschränkt, Einsicht in den Jahresabschluss und die Buchführungsunterlagen zu nehmen sowie eine Abschrift des Jahresabschlusses verlangen zu können (§ 166 Abs. 1 HGB). Daneben besteht ein außerordentliches Informationsrecht, das allerdings (1) das Vorliegen eines wichtigen Grundes voraussetzt und (2) einer gerichtlichen Anordnung bedarf (§ 166 Abs. 3 HGB).

In der Rechtsprechung ist allerdings anerkannt, dass dem Kommanditisten auch ein darüberhinausgehendes Informationsrecht zusteht, welches auf die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht gestützt wird. Dem soll § 166 Abs. 1 S. 2 HGB n.F. gerecht werden und dem Kommanditisten nun ein allgemeines Auskunftsrecht über die Gesellschaftsangelegenheiten einräumen. Allerdings beschränkt das MoPeG dieses Recht und gewährt es nur, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Mitgliedschaftsrechte erforderlich ist. Damit ist eine Abwägung der gegenseitigen Interessen von Verband und Mitglied nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gemeint. Ein solcher wichtige Grund soll insbesondere gegeben sein, wenn Grund zu der Annahme unredlicher Geschäftsführung besteht. Für den „wichtigen Grund″ ist der Kommanditist darlegungs- und beweispflichtig.

Im Gesellschaftsvertrag kann dieses Recht nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden (§ 166 Abs. 2 HGB n.F.), was bei der Gestaltung von KG-Gesellschaftsverträgen in Zukunft zu beachten ist. 

KG News: Haftungserleichterung bei der Übertragung von Kommanditanteilen

Nach bisheriger Rechtslage haftet der in eine bestehende KG eintretende Kommanditist unbeschränkt für die zwischen seinem Eintritt und dessen Eintragung in das Handelsregister begründeten Gesellschaftsverbindlichkeiten. Dies gilt nur dann nicht, wenn seine Beteiligung als Kommanditist dem jeweiligen Gesellschaftsgläubiger bekannt war. Laut ständiger, umstrittener BGH-Rechtsprechung gilt dies auch bei der Übertragung eines Kommanditanteils im Wege des Sonderrechtsnachfolge, also Verkaufs. In der Praxis wurde dieses Haftungsrisiko durch die auf die Eintragung im Handelsregister aufschiebend bedingte Übertragung des Kommanditanteils gelöst. Zwar wird aus dem geänderten Wortlaut des § 176 Abs. 2 HGB n.F. nicht wirklich deutlich, welche Fälle hiervon nun (nicht mehr) abgedeckt sein sollen. Ausweislich der Begründung dieser im letzten Moment vom Rechtsausschuss eingefügten Änderung soll aber „die bisher umstrittene Frage klargestellt werden, dass die Übertragung eines Kommanditanteils auf einen anderen – auch neuen – Gesellschafter bei gleichzeitigem Ausscheiden des bisherigen Anteilsinhabers nicht unter die Vorschrift fällt.“ (vgl. Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz vom 23.06.2021, Drs. 19/31105, S. 9). Das komplizierte Konstrukt der aufschiebend bedingten Übertragung wird damit nun in den meisten Fällen obsolet.

KG News: Vertretung der Einheits-KG in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-Kapitalgesellschaft

§ 170 Abs. 2 HGB n.F. regelt erfreulicherweise nun die organschaftliche Vertretung bei der Einheits-Kapitalgesellschaft & Co. KG, bei der die Kommanditgesellschaft zugleich Alleingesellschafterin ihrer eigenen Komplementär-Kapitalgesellschaft ist. Bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise sind die eigentlichen Gesellschafter dieser Einheits-Kapitalgesellschaft & Co. KG nur die Kommanditisten der KG. Dies hat bisher bspw. dann zu Herausforderungen geführt, wenn bei einer Einheits-GmbH & Co. KG der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH abberufen werden soll. In der dafür zuständigen Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH sitzt dann ihre einzige Gesellschafterin, die KG, die wiederum nach der grundsätzlichen Regelung des § 170 Abs. 1 HGB von ihrer Komplementärin, also der (Komplementär-)GmbH, diese wiederum vertreten durch ihren Geschäftsführer, vertreten würde. Der Geschäftsführer würde damit über sein eigenes Schicksal entscheiden. Daher bestimmt § 170 Abs. 2 HGB n.F. nun, dass die Rechte in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH ausnahmsweise von den Kommanditisten und nicht von der Kommanditgesellschaft wahrgenommen werden. Abweichende Regelungen können allerdings vereinbart werden.

* Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Die Öffnung der Personenhandelsgesellschaften für Freiberufler und weitere Themen werden wir in unserer Blogreihe zum „MoPeG″ erörtern. Gestartet sind wir mit einer Übersicht zum Regierungsentwurf zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts, den Änderungen im Recht der GbR sowie dem Gesellschaftsregister. Weiter ging es mit einem Beitrag zum Auslandssitz der GmbH & Co. KG, zur Actio pro Socio sowie den Auswirkungen auf die Immobilienbranche.

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