Aus der nicht-finanziellen Erklärung wird die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Wir informieren über wesentliche Änderungen, die mit der CSRD einhergehen.
Am 10. November 2022 hat das Europäische Parlament nach langen Verhandlungen zwischen den europäischen Institutionen – u.a. über den Zeitplan und den weitreichenden Anwendungsbereich der Richtlinie – und einer vorläufigen politischen Einigung im Juni 2022 die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verabschiedet. Die Taxonomie-Verordnung wird Bestandteil der darin vorgesehenen Berichtspflichten. Das ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Transparenz, für die Transformation der Realwirtschaft, für Sustainable Finance sowie für eine Stärkung nachhaltigen Wirtschaftens.
Die CSRD wird die Non-Financial Reporting Directive (NFRD oder sog. CSR-Richtlinie) ersetzen. Unter der CSR-Richtlinie sind bislang große kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden, Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen zur sog. nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichtet.
Für Unternehmen im Anwendungsbereich der CSR-Richtlinie wurden bereits durch die Taxonomie-Verordnung die Anforderungen an die Berichterstattung um Angaben zur ökologischen Nachhaltigkeit erweitert. Seit Januar 2022 müssen Unternehmen der Realwirtschaft den Anteil ihrer Umsatzerlöse, Investitionen (Capex) und Betriebsausgaben (Opex), die mit ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten i.S.d. ersten beiden Umweltziele unter der Taxonomie-Verordnung (Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel) verbunden sind, berichten. Hierbei beschränkt sich die Berichtspflicht zunächst auf eine Bewertung der Taxonomiebefähigung der ersten beiden Umweltziele. Ab 2023 müssen Unternehmen der Realwirtschaft über die Taxonomiekonformität in Hinblick auf die ersten beiden Umweltziele berichten. Ab 2024 ist eine Bewertung der Taxonomiekonformität im Hinblick auf alle Umweltziele vorzunehmen.
Die CSRD erweitert den Anwendungsbereich schrittweise. Berichtspflichtig sind ab 2025 (d.h. bereits für das Geschäftsjahr 2024) Unternehmen, die bereits der CSR-Richtlinie unterliegen. Ab 2026 (d.h. bereits für das Geschäftsjahr 2025) folgen alle anderen großen Unternehmen und ab 2027 (d.h. bereits für das Geschäftsjahr 2026) sind auch kleine und mittelgroße kapitalmarktorientierte Unternehmen berichtspflichtig.
Mit der CSRD kommt die Nachhaltigkeitsberichterstattung 2.0
Mit der CSRD wird die sog. nichtfinanzielle Erklärung ersetzt. Der in der CSR-Richtlinie verwendete Begriff der „nicht-finanziellen Information“ wurde von Stakeholdern häufig kritisiert, weil damit außer Acht gelassen werde, dass Nachhaltigkeitsaspekte den finanziellen Erfolg des Unternehmens beeinflussen. Die Änderungen der CSRD gegenüber der NFRD beschränken sich aber nicht auf einen Austausch der Begrifflichkeiten. Im Vergleich zur nichtfinanziellen Erklärung fallen die Berichtspflichten unter der CSRD deutlich detaillierter und umfassender aus.
So sollen neben vergangenheitsbezogenen mehr zukunftsgerichtete Informationen (sowohl qualitativer als auch quantitativer Art) in die Berichterstattung aufgenommen werden. Berichtet werden soll nach dem umfassenden ESG-Konzept, das neben Umwelt- und Sozialaspekten auch Governance-Faktoren miteinbezieht.
Neu sind z.B. Angaben zur Widerstandsfähigkeit von Geschäftsmodell und Strategie des Unternehmens gegenüber Risiken im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten sowie Angaben zu den Chancen des Unternehmens mit Bezug zu Nachhaltigkeitsaspekten. Offengelegt werden soll auch die Art und Weise, wie das Unternehmen beabsichtigt sicherzustellen, dass Geschäftsmodell und Strategie mit dem Pariser Klimaschutzabkommen und dem Ziel der Klimaneutralität bis 2050 in Einklang stehen. Des Weiteren müssen die unternehmerischen Sorgfaltspflichten im Rahmen der Wertschöpfungskette unter Berücksichtigung der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) transparent gemacht werden.
Die CSRD verlangt eine Beschreibung der Rolle der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten sowie ihrer Nachhaltigkeitsexpertise. So werden auch die zunehmende Bedeutung von Nachhaltigkeitsfaktoren auf Management-Ebene sowie die Notwendigkeit einer Verankerung von Nachhaltigkeit in der Corporate Governance eines Unternehmens verdeutlicht: Nachhaltigkeit besteht nach der CSRD nicht aus einer Summe von Einzelmaßnahmen, sondern zeigt sich in einer holistischen Unternehmensstrategie, die im Unternehmen organisatorisch umzusetzen ist. Essentiell für den Aufbau einer guten ESG-Organisation und eines effektiven ESG-Managements ist insoweit insbesondere die Festlegung einer Nachhaltigkeitsstrategie und von Nachhaltigkeitszielen durch die Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane eines Unternehmens.
Unter der CSRD entfällt überdies der sog. „comply or explain“-Grundsatz, d.h. die Möglichkeit, über eine Komponente bei aussagekräftiger Begründung gar nicht zu berichten. Auch auf diese Weise wird die Transparenz und Vergleichbarkeit von Nachhaltigkeitsangaben erhöht.
Prinzip der doppelten Wesentlichkeit wird gesetzlich verankert
Zu den erwähnenswerten Neuerungen der CSRD gehört zudem die eindeutige Verankerung des Prinzips der doppelten Wesentlichkeit. Danach müssen Unternehmen sowohl darüber berichten, welche Nachhaltigkeitsaspekte sich wesentlich auf ihre wirtschaftliche Lage und ihren Geschäftsverlauf auswirken (Outside-in-Perspektive), als auch darüber, welche ihrer Geschäftstätigkeiten, Produkte und/oder Dienstleistungen wesentliche Auswirkungen auf Menschen und Umwelt haben (Inside-out-Perspektive).
Hierbei muss jeder Wesentlichkeitsaspekt eigenständig betrachtet werden. Es müssen Informationen, die nach beiden Aspekten wesentlich sind, offengelegt werden, aber auch Informationen, die nur nach einem Aspekt wesentlich sind.
CSRD führt zu einer verstärkten Verbindlichkeit der Nachhaltigkeitsberichterstattung
Nach der NFRD besteht keine Verpflichtung zur Nutzung von festgelegten internationalen Standards für die Berichterstattung. Unternehmen können vielmehr Berichterstattungsstandards frei wählen‚ etwa die Standards der Global Reporting Initiative (GRI), des International Sustainability Standards Board (ISSB) oder des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK).
Mit der CSRD werden verbindliche einheitliche EU-Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung mittels delegierter Rechtsakte eingeführt, um eine europaweite vergleichbare Berichterstattung zu erreichen. Sie konkretisieren die Inhalte der CSRD und werden von der European Financial Reporting Agency Group (EFRAG) erarbeitet. Kürzlich wurden die finalen Entwürfe (redaktionelle Anpassungen möglich) der European Sustainability Reporting Standards auf der Website der EFRAG veröffentlicht.
Die Einführung einheitlicher Berichtsstandards ist begrüßenswert: Vergleichbare und überprüfbare Nachhaltigkeitsangaben sind die Basis für Unternehmen und Investoren für einen effizienten Umgang mit Nachhaltigkeitsthemen und -risiken und um ihren Transparenzpflichten aus der Offenlegungs- und der Taxonomie-Verordnung nachzukommen. Auch die Verknüpfung von Nachhaltigkeitsaspekten mit der Finanzberichterstattung fördert Transparenz und Vergleichbarkeit als Grundlage für verlässliche Investitionsentscheidungen.
Darüber hinaus soll mit der Einführung einer Prüfungspflicht durch einen Abschlussprüfer oder eine andere Prüfungsgesellschaft die Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit der Nachhaltigkeitsberichterstattung erhöht werden.
Zukünftig soll die Nachhaltigkeitsberichterstattung zudem zwingend im Lagebericht verortet werden, sodass die Unternehmen nicht mehr alternativ die Berichterstattung in einem separaten Nachhaltigkeitsbericht vornehmen können. Ziel ist es, Veröffentlichungsfristen zu vereinheitlichen, die Relevanz von Nachhaltigkeitsinformationen zu betonen und die Verfügbarkeit von finanziellen Informationen sowie Nachhaltigkeitsinformationen zu erhöhen.
Der Europäische Rat wird den Vorschlag der CSRD des Europäischen Parlaments voraussichtlich am 28. November 2022 annehmen. Es ist davon auszugehen, dass die Richtlinie spätestens 2023 in Kraft tritt.
Update: CSRD veröffentlicht
Die CSRD ist am 16. Dezember 2022 im Amtsblatt der EU veröffentlicht worden. Gemäß Artikel 7 Satz 1 CSRD tritt sie am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft. Die Mitgliedstaaten haben dann 18 Monate, d.h. bis zum 6. Juli 2024, Zeit, um die CSRD in nationales Recht umzusetzen (vgl. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 CSRD).