28. August 2023
Wärmeplanungsgesetz
Environment and Climate Change (ESG)

Wärmeplanungsgesetz als wichtiger Schritt zur Wärmewende

Der vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf nimmt Kommunen in die Pflicht. Durch die Verzahnung mit dem GEG ist er aber auch für Gebäudebesitzer und Planer relevant.

Nicht erst seit dem kalten Winter 2022/2023 ist das Thema Heizen in aller Munde. Neben der Versorgungssicherheit ist vor allem die klimapolitische Seite des Heizens mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) und der kommunalen Wärmeplanung der Grund, dass das Thema noch immer ausreichend Gesprächsstoff für das politische Berlin und die Nachrichten bietet. 

Mehr als die Hälfte der in Deutschland verbrauchten Energie wird für die Bereitstellung von Wärme eingesetzt; dabei kommen nach wie vor weit überwiegend fossile Energieträger zum Einsatz. Die Bundesregierung ist deshalb einen weiteren Schritt in die Richtung der flächendeckenden dekarbonisierten Wärmeversorgung in Deutschland gegangen, indem am 16. August 2023 der Entwurf für das Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze(WPG-E) beschlossen wurde, das sich jetzt in der parlamentarischen Beratung befindet. 

Enge Verzahnung des WPG-E mit dem GEG

Mit dem WPG-E sollen alle Bürger* in erster Linie die Möglichkeit haben, verlässliche Informationen zum Thema Wärmeversorgung zu erhalten. Hauseigentümer benötigen diese, um zu entscheiden, wie sie ihr Gebäude in Zukunft heizen können. Dafür müssen sie wissen, ob das Gebiet, in dem sich das Haus befindet, an ein kommunales Wärmenetz angeschlossen werden wird oder ob für sie nur der Einbau einer neuen GEG-konformen Heizung oder Wärmepumpe in Frage kommt. 

Mieter haben ebenfalls ein großes Interesse daran zu erfahren, wie die Wärme in der Wohnung generiert wird, um den Energieverbrauch und die damit zusammenhängende Miethöhe der Wohnung bzw. des Hauses einschätzen zu können. Um dies zu ermöglichen, wurden die Fristen im GEG für den Heizungseinbau an die Fristen der Erstellung von Wärmeplänen im WPG-E angepasst. Dabei müssen Kommunen auch Handlungsstrategien in Bezug auf die Wärmeplanung im Blick haben, um die Vorgaben für neue Heizungen aus dem GEG überhaupt zu ermöglichen. 

Der WPG-E nimmt primär Kommunen in die Pflicht

Konkret verpflichtet der WPG-E alle Länder, Wärmepläne zu erstellen, in denen sie strategische und langfristige Entscheidungen über die Organisation der Wärmeversorgung treffen, um die treibhausgasneutrale Wärmeversorgung voranzutreiben. Dabei soll die Versorgung durch Wärme- und Wasserstoffnetze sichergestellt werden. 

Diese Verantwortung werden die Länder in der Regel auf die Kommunen übertragen. Der Referentenentwurf sieht einen durchaus anspruchsvollen Zeitplan vor. Großstädte mit mehr als 100.000 Einwohnern müssen bis Mitte 2026 einen Wärmeplan erstellen, während Städte mit weniger als 100.000 Einwohnern bis Mitte 2028 Zeit dafür haben. Für Kommunen mit weniger als 10.000 Einwohnern gilt zwar ebenfalls die Frist von Mitte 2028, jedoch ist für sie ein vereinfachtes Verfahren zur Erstellung des Wärmeplans vorgesehen. 

Wärmeplanung in sechs Phasen

Für den Ablauf der Wärmeplanung sieht der WPG-E im Wesentlichen sechs Phasen vor. Zunächst erfolgt eine Eignungsprüfung des beplanten Gebiets hinsichtlich der Geeignetheit für die Versorgung durch ein Wärme- oder Wasserstoffnetz. Im zweiten Schritt analysiert die Kommune den Bestand, also sowohl den Wärmebedarf als auch die vorhandenen Infrastrukturanlagen. Dabei greift sie zurück auf bereits vorhandene Daten, die den Behörden, Energieversorgern und Schornsteinfegern bereits vorliegen, um neue Datenerhebungen zu vermeiden. Dann werden die Potenziale des Gebiets für die Erzeugung von Wärme aus erneuerbaren Energien und Energieeinsparung ermittelt, woraus die Kommunen ein Zielszenario für die langfristige Entwicklung der Wärmeversorgung entwickeln. Sodann erfolgt die Darstellung der Wärmeversorgungsarten für das Jahr 2045 anhand verschiedener Eignungsstufen und schließlich die Erstellung einer Umsetzungsstrategie, mit denen das Versorgungsziel erreicht werden kann. 

Sollte eine Kommune für ein Gebiet bereits einen Wärmeplan erstellt haben, bleibt dieser auch nach Inkrafttreten des WPG wirksam. Die Informationen zu den Wärmeplänen sollen nach dem WPG-E zentral für jeden im Internet zugänglich sein.

Neue Verpflichtungen auch für Betreiber von Wärmenetzen

Auch die Betreiber von Wärmenetzen werden nach dem WPG-E in die Pflicht genommen. Nach dem WPG-E muss ab dem 1. Januar 2030 mindestens 30 % der Wärme aus erneuerbaren Energien gespeist werden, ab dem 1. Januar 2040 sogar 80 %. 

Bei jedem neuen Wärmenetz gelten noch höhere Anforderungen, da schon ab dem 1. Januar 2024 mindestens 65 % der jährlichen Nettowärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien, aus unvermeidbarer Abwärme oder einer Kombination hieraus gespeist werden muss und der Anteil von Biomasse dabei beschränkt ist. Sofern ein Wärmenetz nicht bereits vollständig mit Wärme aus erneuerbaren Energien bzw. unvermeidbarer Abwärme gespeist wird, ist der Betreiber grundsätzlich verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2026 einen Wärmenetzausbau- und ‑dekarbonisierungsfahrplan zu erstellen.

In jedem Fall müssen Wärmenetze bis spätestens Ende 2044 vollständig klimaneutral sein. Betreiber von Wärmenetzen trifft darüber hinaus eine Auskunftspflicht gegenüber der planenden Stelle bezüglich der ihnen bereits bekannten Daten, die für die Erstellung des Wärmeplans erforderlich sind. 

Bedeutung für Gebäudebesitzer und Planer

Neben Gebäudeeigentümern sind auch Planer betroffen: Denn beim Ziel der Bundesregierung, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu bauen und den Wohnungsbestand zu sanieren, muss die Wärmeplanung ebenfalls mit einbezogen werden. Es soll eine enge Abstimmung zwischen Raumplanern und Kommunen entstehen, die einen Wärmeplan vorbereiten, damit Synergien sinnvoll genutzt werden können. Kommunen können deshalb nach dem WPG-E öffentliche oder private Unternehmen der Wohnungswirtschaft im Rahmen der Wärmeplanung unmittelbar beteiligen. Gebäudebesitzer und Planer sowie die gesamte Öffentlichkeit haben darüber hinaus in verschiedenen Phasen der Wärmeplanung die Möglichkeit der Einsicht- und Stellungnahme. Dadurch sollen alle Stakeholder mit ihren spezifischen Interessen und ihrer Expertise bei der Wärmeplanung mit an Bord geholt werden.

Kommunale Wärmeplanung als Teilaspekt klimaneutraler Wärmeinfrastruktur 

Der Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Wärmeplanung ist ein weiterer wichtiger Schritt in die Richtung der flächendeckenden Versorgung Deutschlands mit Fernwärme. Die Hauptlast wird dabei in den Kommunen liegen, aber auch private Akteure wie Grundstückseigentümer und Wohnungsbaugesellschaften sind in den Planungsprozess involviert. Der Gesetzentwurf ist erkennbar vom Ziel getragen, alle Beteiligten frühzeitig einzubeziehen – auch um mögliche spätere Rechtsmittel und damit Verzögerungen im Planungsprozess frühzeitig zu vermeiden. Neben der planungsrechtlichen Komponente fördert die Bundesregierung den Umbau zur treibhausgasneutralen kommunalen Wärmeinfrastruktur auch finanziell durch zahlreiche Förderprogramme. Wärmenetzbetreiber können schon seit Jahren über die Regelungen des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWKG) beim Neu- oder Ausbau von Wärme- und Kältenetzen Zuschläge erhalten; eine Möglichkeit, die bislang weitgehend ein Schattendasein fristete, die aber beim Ausbau einer möglichst flächendeckenden, dekarbonisierten Wärmeversorgung nicht vergessen werden sollte.

Fortsetzung gesetzlicher Ausgestaltung der Wärmewende bleibt abzuwarten 

Der Kabinettsbeschluss stellt erst den Anfang des parlamentarischen Verfahrens dar. Der Gesetzentwurf hat im Vergleich zu dem ersten (Stand Juni) und dem zweiten (Stand Juli) Referentenentwurf wesentliche inhaltliche Änderungen erfahren. Beispielsweise wurden die Wärmeplanung auch für kleinere Gemeinden (unter 10.000 Einwohnern) sowie insbesondere die enge Verzahnung mit dem GEG erst nachträglich aufgenommen. Nach intensiver öffentlicher Debatte im Frühjahr 2023 ist die Novellierung des GEG im Juli vorerst durch das Bundesverfassungsgericht gestoppt worden. Daher gilt es, den Gleichlauf der Gesetze in inhaltlicher Hinsicht sowie im parlamentarischen Verfahren im Blick zu behalten. 

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