Warum das ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung von Greenwashing ist und welche Besonderheiten beim Europäischen Green Bond Standard zu beachten sind.
Am 5. Oktober 2023 hat das EU-Parlament den Europäischen Green Bond Standard (EuGB) angenommen. Die formelle Zustimmung durch den EU-Rat, der sich aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten zusammensetzt, steht noch aus, gilt aber als Formalie. Der EuGB steht Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung, sofern sie die Mittel für ihre grünen Investitionen über den Kapitalmarkt beschaffen und die strengen Anforderungen des EuGB erfüllen möchten und können. Der EuGB ist ein Baustein des 2018 angestoßenen EU Sustainable Finance Gesetzespakets mit dem mehr Kapital für die Transformation der Realwirtschaft mobilisiert werden soll.
Green Bonds sind international weit verbreitete und bei Investoren besonders gefragte Anleihen, deren Kapital zur Finanzierung oder Refinanzierung von ökologisch nachhaltigen Projekten verwendet wird. Häufig werden grüne Anleihen daher für die Beschaffung von Finanzmitteln im Bereich erneuerbarer Energien, Elektromobilität, energieeffizienten Wohnens oder der Infrastruktur für CO2-armen Transport und Verkehr eingesetzt. Zwar wächst der Markt für grüne Anleihen rasant, er betrug jedoch im Jahr 2020 nach Angaben der EU nur 3,5 Prozent aller Anleihen. Das heißt, es gibt noch erhebliches Potential für ein Wachstum des Marktes; dieses muss, um die im Green Deal verankerten Klimaschutzziele zu erreichen, allerdings auch zwingend ausgeschöpft werden.
Derzeit ist die Nachfrage von Investoren nach Investitionsmöglichkeiten in grüne Anleihen stellenweise größer als das Angebot. Damit steigt auch die Gefahr von Greenwashing. Hier knüpft die EU mit dem EuGB an: Ziel ist es, einen Goldstandard im Sinne eines besonderen Gütesiegels zu schaffen, dem Investoren vertrauen, u.a. weil besonders anspruchsvolle Transparenzkriterien gelten.
Investition in Taxonomie konforme Wirtschaftstätigkeiten
Die Erlöse aus grünen Anleihen, die mit dem Siegel EuGB emittiert werden, müssen in Taxonomie konforme wirtschaftliche Tätigkeiten investiert werden.
Aktuell sind jedoch nur für einen geringen Anteil von Wirtschaftstätigkeiten technische Bewertungskriterien gemäß der Taxonomie Verordnung definiert. Daher gibt es im EuGB einen Flexibilitätsrahmen von 15% der Erlöse, die auch in andere Wirtschaftstätigkeiten fließen können, für die (noch) keine technischen Bewertungskriterien unter der Taxonomie-Verordnung gelten. Im Übrigen müssen deren Anforderungen jedoch erfüllt werden. Das heißt, die Wirtschaftstätigkeiten, in die die Erlöse fließen, müssen einen wesentlichen Beitrag zu mindestens einem Umweltziel unter der Taxonomie-Verordnung erbringen und neben der Einhaltung der arbeits- und menschenrechtlichen Mindeststandards, muss auch das do no significant harm principle eingehalten werden.
Transparenz hinsichtlich der Verwendung der Erlöse und externe Bewertung
Vor der Emission einer grünen Anleihe unter dem EuGB müssen in einem Factsheet Berichtspflichten über die Verwendung der Erlöse erfüllt werden. Das Factsheet muss von einem externen, bei der ESMA registrierten und von ihr beaufsichtigten Bewerter geprüft werden. Der hierfür notwendige Registrierungs- und Aufsichtsrahmen muss noch eingerichtet werden.
Darüber hinaus müssen die Emittenten weitere Transparenzpflichten erfüllen, insbesondere einen jährlichen Allokationsbericht über die Verwendung der Erlöse erstellen.
Nur Anleihen, für die der Emittent einen Wertpapierprospekt veröffentlicht hat, dürfen als EuGB emittiert werden. Aus dem Wertpapierprospekt sollte hervorgehen, dass die europäische grüne Anleihe gemäß den Voraussetzungen des EuGB emittiert wird.
Per Veröffentlichung vom 11. Juli 2023 hat die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) die Anforderungen an die Aufnahme nachhaltigkeitsbezogener Angaben in den Prospekt, insbesondere solcher Angaben, die im Rahmen der aktuellen nicht finanzielle Berichterstattung unter der NFRD und der zukünftigen Nachhaltigkeitsberichterstattung unter der CSRD veröffentlicht werden müssen, konkretisiert. Hierdurch will die ESMA aktuell bestehende Unsicherheiten (bis zum Inkrafttreten des EU-Listing Act und des EuGB) adressieren.
EU setzt auf Freiwilligkeit
Ob der EuGB freiwillig oder verpflichtend ausgestaltet wird, darüber sind zwischen den europäischen Institutionen einige Verhandlungen vorausgegangen. Die EZB hatte empfohlen, den Standard für neu emittierte grüne Anleihen innerhalb eines angemessenen Zeitraums verbindlich zu machen, um Sicherheit für Märkte zu schaffen. Dieser Ansatz hat sich jedoch nicht durchgesetzt.
Der EuGB ist freiwillig, das heißt Emittenten können auch weiter andere Marktstandards, z.B. die Green Bond Principles der ICMA für grüne Anleihen verwenden. Wenn sich Emittenten für den EuGB entscheiden, müssen jedoch alle in der Verordnung geregelten Voraussetzungen eingehalten werden.
Aktuell ist ICMA der führende Green Bond Standard, über den fast alle Emissionen erfolgen. Abzuwarten bleibt, wie der Markt auf den EuGB reagiert. Ein positives Signal wäre sicherlich, wenn EU-Mitgliedsstaaten für ihre eigenen Green Bond Emissionen auf den Standard zurückgreifen.
Die Verordnung tritt 20 Tage nach Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft und gilt 12 Monate nach Inkrafttreten (voraussichtlich Ende 2024).