26. Januar 2023
Liquid Steuer
Steuerrecht

Besteuerung von Liquids – aktuelle Entwicklungen 2023

Mit dem Tabaksteuermodernisierungsgesetz müssen besonders Nutzer von E‑Zigaretten tiefer in die Tasche greifen

Seit dem 1. Juli 2022 unterliegen auch sog. „Substitute für Tabakwaren“ der Tabaksteuer. Gemeint sind damit Liquids für E‑Zigaretten. Diese Neuregelung wird in diesem Jahr aus zwei Gründen interessant: 

  1. Zum einen endet am 12. Februar 2023 die Abverkaufsfrist für Liquids, die noch vor dem 1. Juli 2022 und damit ohne Tabaksteuer an den Handel geliefert wurden, sodass demnächst nur noch Liquids erhältlich sind, die mit Tabaksteuer belastet sind. 
  2. Zum anderen ist die Besteuerung von Liquids aktuell Gegenstand von zwei bemerkenswerten Gerichtsverfahren.

Was genau sind Liquids?

Als Liquids werden die Flüssigkeiten bezeichnet, die in eine E‑Zigarette gefüllt, darin erhitzt und verdampft werden. Liquids bestehen aus einer Base, die wiederum aus Propylenglykol, Glycerin und destilliertem Wasser besteht, sowie aus Zusatzstoffen wie Aromen und ggf. Nikotin. 

Die Änderungen des Tabaksteuergesetzes und das Ende der Abverkaufsfrist 

Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Tabaksteuerrechts vom 10. August 2021 sind sog. „Substitute für Tabakwaren“ erstmals als Tabaksteuergegenstand eingeführt worden. Der neue § 1 Abs. 2c Tabaksteuergesetz (TabStG) definiert Substitute für Tabakwaren als

Erzeugnisse […], die zum Konsum eines mittels eines Geräts erzeugten Aerosols oder Dampfes geeignet sind.

Dies betrifft insbesondere die fertig gemischten Liquids, die direkt in die E‑Zigarette gefüllt und verdampft werden. 

Noch bis einschließlich 12. Februar 2023 dürfen Liquids, die vor dem 1. Juli letzten Jahres an den Handel geliefert wurden, tabaksteuerfrei verkauft werden. Nach Ablauf der Frist greift auch für diese Waren die Tabaksteuerpflicht.

Gem. § 2 Abs. 1 Nr. 7 TabStG wird die Tabaksteuer auf Substitute für Tabakwaren volumenbasiert pro ml berechnet. Die Tabaksteuer auf Liquids beträgt zunächst EUR/ml 0,16 und soll jedes Jahr schrittweise erhöht werden. Ab 2026 wird die Steuer bei EUR 0,32/ml liegen. Da die Umsatzsteuer nach dem Nettopreis zzgl. der Tabaksteuer berechnet wird, erhöht sich der Endpreis für Verbraucher* um etwa EUR 0,19 /ml (bzw. um EUR 0,38/ml ab 2026). Ein handelsübliches 10-ml-Fläschchen Liquid, das etwa 40 bis 60 klassischen Zigaretten entspricht und bisher etwa EUR 4,00 kostete, kostet nunmehr ca. EUR 5,90. Ab 2026 wird der Verkaufspreis für ein solches Fläschchen bei ca. EUR 7,80 liegen.

Die Entrichtung der Tabaksteuer erfolgt auch bei Substituten für Tabakwaren durch die Verwendung von Steuerzeichen gem. § 17 TabStG, die sog. Steuerbanderole. Hersteller, Einführer oder Personen, die Substitute aus einem anderen Mitgliedstaat gewerblich beziehen, haben die Steuerzeichen zu bestellen und dabei die Steuer selbst zu berechnen und zu entrichten. 

Die Unterwerfung von Substituten unter das Tabaksteuergesetz hat neben der Steuerpflicht und der damit verbundenen Pflicht zur Nutzung von Steuerzeichen weitere Konsequenzen. Für Substitute und Zigaretten gelten gleichermaßen u.a. der Verpackungszwang gem. § 16 TabStG (Verpackung in geschlossenen, verkaufsfertigen Kleinverkaufspackungen), das Beipackverbot gem. § 24 TabStG (Kleinverkaufspackungen dürfen keine anderen Gegenstände als die Tabakwaren beigepackt werden) und das Kopplungsverbot gem. § 26 TabStG (die Abgabe von Tabakwaren darf nicht mit dem Verkauf anderer Gegenstände gekoppelt werden).

Die Krux für den Verbraucher: Preis für Komponenten zum Mischen von Liquids kann um 2.000 % steigen

In der Vergangenheit haben viele Nutzer ihre Liquids selbst hergestellt, indem sie die Rohstoffe einzeln gekauft und dann gemischt haben. Dies war deutlich günstiger als der Kauf fertiger Liquids. Die Base aus Propylenglykol und Glycerin wurde bisher üblicherweise in 1.000-ml-Flaschen zum Preis von etwa EUR 10 gehandelt (1 l Liquid entspricht etwa 4.000 bis 6.000 Zigaretten).

Nach dem Verständnis der für die Erhebung der Tabaksteuer zuständigen Zollbehörde erfasst die neue Vorschrift des § 1 Abs. 2c TabStG allerdings auch die Komponenten zum Mischen von Liquids. Damit erhöht sich der Endpreis für eine 1.000-ml-Flasche Base nunmehr schlagartig auf ca. EUR 200 und beträgt ab dem Jahr 2026 sogar ca. EUR 390. Die Steuern machen über 95 % des Endpreises aus.

Das Vorgehen der Zollbehörde beruht auf einem subjektiven Verständnis des Wortes „Erzeugnisse“ in § 1 Abs. 2c TabStG. Erzeugnisse seien demnach nicht nur die fertigen Liquids, sondern auch die Komponenten, die zur Herstellung von Substanzen zur Verwendung in E‑Zigaretten angeboten werden. Es komme auf den Zweck an, zu dem die Komponenten, also insbesondere die aus Propylenglykol und Glycerin bestehende Base, angeboten wird. In den einschlägigen Onlineshops sowie im stationären E‑Zigaretten-Handel erfolgt das Angebot von Basen oder ihren Bestandteilen wohl unzweifelhaft zum Zwecke der Verwendung in E‑Zigaretten.

Propylenglykol und Glycerin werden jedoch auch zur Herstellung von Cremes oder für den Tierbedarf genutzt und daher in Drogeriemärkten und Apotheken angeboten. Da hier nicht die Verwendung in E‑Zigaretten bezweckt wird, ist nach dem Verständnis der Zollbehörde keine Tabaksteuer zu entrichten. 

Verfahren vor dem FG Saarbrücken über Tabaksteuer auf die einzelnen Komponenten 

Vor dem Finanzgericht (FG) Saarbrücken klagen ein Onlinehändler sowie ein Konsument gegen das zuständige Hauptzollamt. Die Kläger beantragen festzustellen, dass die Vorschriften des Tabaksteuergesetzes und seiner Durchführungsbestimmungen und die danach sinngemäß anwendbaren Regelungen für Rohstoffe ungültig seien. Das FG hat damit über die Auslegung des Wortes „Erzeugnis“ in § 1 Abs. 2c TabStG und somit auch über das subjektive Verständnis der Zollbehörde zu entscheiden. Der Verband des eZigarettenhandels e.V. (VdeH) erhofft sich von dem Urteil Rechtssicherheit, ob die einzelnen Komponenten wirklich der Tabaksteuer unterliegen.

Die Kläger bezweifeln die Rechtmäßigkeit des subjektiven Verständnisses des Wortes „Erzeugnis“ durch die Zollbehörde. Daneben verweisen die Kläger auf die Ungleichbehandlung des Verkaufs von Rohstoffen in Rauchershops und in anderen Geschäften wie Drogerien. Diese Ungleichbehandlung benachteilige Rauchershops, weil sie die Komponenten nicht steuerfrei anbieten könnten und daher nicht konkurrenzfähig seien. Die Konsumenten würden geradezu zur Umgehung der Tabaksteuer ermuntert, was letztlich zu einem strukturellen Vollzugsdefizit führe.

Fraglich sind jedoch die Folgen des Urteilsspruchs. Sollte das FG der Klage stattgeben und feststellen, dass die einzelnen Komponenten nicht der Tabaksteuer unterliegen, stellt sich die Frage, worauf sie stattdessen erhoben werden kann. Möglich wäre, dass die Tabaksteuer infolge des heimischen Mischens des Liquids durch die Konsumenten fällig wird, weil mit dem Mischen ein Erzeugnis, das zum Konsum eines mittels eines Geräts erzeugten Aerosols oder Dampfes geeignet ist, entsteht.

Sollte das FG die Klage dagegen abweisen, wäre aber auch denkbar, dass es die Verpflichtung aller Händler, und nicht nur von Rauchershops, zur Erhebung der Tabaksteuer auf Komponenten für Liquids anregt. Dann müssten alle Händler beim Verkauf von potentiellen Komponenten für Liquids erfragen, zu welchem Zweck diese gekauft werden.

Beide Möglichkeiten werfen die Frage nach ihrer praktischen Umsetzbarkeit auf. Es wird sich schwer ermitteln lassen, ob und wann Konsumenten selbst ein Liquid herstellen; auch ist zweifelhaft, ob die Frage nach dem Verwendungszweck von Verbrauchern zutreffend beantwortet werden würde. 

Verfassungsbeschwerde gegen die Unterwerfung von Liquids unter die Tabaksteuer vor dem Bundesverfassungsgericht

Der Händlerverband Bündnis für Tabakfreien Genuss e.V. (BfTG) hat eine Verfassungsbeschwerde gegen die Unterwerfung von Liquids unter die Tabaksteuer eingereicht. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Gleichsetzung von klassischen Zigaretten und E‑Zigaretten. Dabei verweist sie auf die Nichtvollziehbarkeit des Tabaksteuergesetzes im Hinblick auf das Selbstmischen von Liquids und auf eine geringere gesundheitliche Belastung durch E‑Zigaretten im Vergleich zu klassischen Zigaretten. Die Unterwerfung von Liquids unter die Tabaksteuer führe dazu, dass mehr Raucher bei schädlicheren Tabakzigaretten blieben und nicht auf E‑Zigaretten umstiegen.

Ob dieser Punkt angesichts der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers und der bisher nicht eindeutigen wissenschaftlichen Lage zu den Gesundheitsrisiken von E‑Zigaretten verfängt, bleibt abzuwarten.

Weitere Veränderungen sind nur eine Frage der Zeit

Mit Spannung werden die Entscheidungen in den aktuell laufenden Verfahren zur Besteuerung von Liquids vor dem Bundesverfassungsgericht und dem Finanzgericht Saarbrücken erwartet. Angesichts der Rechtsfragen, die ganz grundsätzlicher Natur sind, wären sehr zeitnahe Urteile wünschenswert, die zur Rechtsklarheit für Unternehmen und Verbraucher gleichermaßen beitragen.

Auch die Europäische Union könnte sich des Themas E‑Zigaretten in Zukunft annehmen. Die Besteuerung von Tabak ist zwar durch die Richtlinie 2011/64/EU über die Struktur und die Sätze der Verbrauchsteuern auf Tabakwaren harmonisiert. Diese Richtlinie trifft bislang jedoch keine Aussage zur Besteuerung von Liquids. Dahererhebt nur ein Teil der Mitgliedstaaten selbst eine Tabaksteuer auf Liquids.

Der Beitrag wurde in Zusammenarbeit mit Lukas Kraft erstellt.

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: Gewerblicher Rechtsschutz Liquid Steuer Steuerrecht Tabaksteuer