Die schenkungsteuerliche Behandlung von disquotalen Einlagen in Personengesellschaften nach dem MoPeG ist noch ungewiss.
Personengesellschaften erfreuen sich als Instrument der privaten Vermögensnachfolge großer Beliebtheit. Sie ermöglichen eine zeitlich gestreckte Übertragung von Vermögenswerten auf die nächste Generation unter bestmöglicher und zielgerichteter Ausschöpfung der Freibeträge. Bringt der Schenker nach der Gründung (weitere) Vermögenswerte in die Familiengesellschaft ein, ergeben sich schenkungsteuerliche Fragen im Verhältnis des Schenkers zu den Mitgesellschaftern. Dabei spricht man von disquotalen Einlagen.
Disquotale Einlagen in Personengesellschaften werfen eine Reihe komplexer steuerrechtlicher Fragen auf. Zentral für den Schenker ist, ob die Einbringung in die Gesellschaft Schenkungsteuer auslöst und wo das Zuwendungsverhältnis liegt: Im Verhältnis des Schenkers zu den Mitgesellschaften oder im Verhältnis zur Gesellschaft. Denn davon hängt ab, ob und in welcher Höhe der Bedachte von Freibeträgen und sachlichen Steuerbefreiungen profitieren kann. Insbesondere nach Abschaffung des Gesamthandsprinzips durch die Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) ergeben sich hier Unsicherheiten.
Der BFH stellt für die schenkungsteuerliche Beurteilung der Zuwendung auf das Verhältnis der Mitgesellschafter zum einbringenden Gesellschafter ab. Wegen der Abschaffung des Gesamthandsprinzips durch das MoPeG steht die Fortgeltung dieser Rechtsprechung aktuell infrage. Auch ist unklar, wie die Einbringung von – an sich – steuerbegünstigtem Vermögen zu behandeln sein wird.
Steuerliche Entwicklungen und Unsicherheiten um disquotale Einlagen in Personengesellschaften
Der aktuelle Stand der Entwicklungen lässt sich in drei Kernaussagen zusammenfassen:
- Disquotale Einlagen in Personengesellschaften stellen nach bisheriger Rechtslage eine freigiebige Zuwendung des einbringenden Gesellschafters an die Mitgesellschafter dar. Das ist vor allem für Familiengesellschaften von Bedeutung, denn vom Verhältnis des Zuwendenden zu den Zuwendungsempfängern hängen Steuerklasse, Freibeträge und Steuersatz ab.
- Es besteht Unsicherheit, ob bei der Einbringung begünstigter Vermögenswerte in die Personengesellschaft – z.B. des Familienheims oder von begünstigtem Betriebsvermögen wie GmbH-Geschäftsanteile – sachliche Steuerbefreiungen greifen.
- Mit der Abschaffung des Gesamthandsprinzips durch das MoPeG steht die Fortgeltung der BFH-Rechtsprechung zum Zuwendungsverhältnis bei disquotalen Einlagen in Personengesellschaften infrage.
Freigiebige Zuwendung an die Mitgesellschafter und deren Bereicherung
Eine disquotale Einlage in eine Personengesellschaft kann nach dem Urteil des BFH vom 05.02.2020 – II R 9/17 zu einer freigebigen Zuwendung des Gesellschafters im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG an den bzw. die Mitgesellschafter führen. Dem Rechtsstreit lag die überquotale Einlage eines Kommanditisten in das gesellschaftsbezogene – nicht: gesellschafterbezogene – Rücklagenkonto einer GmbH & Co. KG zugrunde. Der BFH sieht die Bereicherung eines Mitgesellschafters als gegeben an, wenn sich die über das Gesellschaftsvermögen gehaltene Beteiligung dieses Mitgesellschafters am Gesamthandsvermögen erhöht und der einbringende Gesellschafter keine dem Wert seiner Einlage entsprechende Gegenleistung erhält.
Der Bedachte wird mittels eigenständiger schenkungsteuerlicher Prüfung bestimmt
Der BFH nimmt – in Abkehr zu früheren Entscheidungen, wonach der Bedachte einer Schenkung ausschließlich nach dem Zivilrecht zu bestimmen war – nunmehr eine gesonderte steuerrechtliche Betrachtung vor. Wer schenkungsteuerlich als Erwerber durch den Vermögensübergang bereichert ist, richtet sich also nicht (allein) danach, wer als Beschenkter bzw. Bedachter am zivilrechtlichen Schenkungsvorgang beteiligt ist, sondern es erfolgt eine eigenständige schenkungsteuerliche Prüfung, die zu einem Auseinanderfallen von schenkungsteuerlich Begünstigtem und zivilrechtlichem Empfänger der Leistung führen kann. Nicht die Gesamthandsgemeinschaft, sondern die Gesamthänder sind durch die freigebige Zuwendung schenkungsteuerlich als bereichert anzusehen.
Anwendung von sachlichen Steuerbefreiungen fraglich
Strittig ist, ob sachliche Steuerbefreiungen (inklusive der sog. Regel- und Optionsverschonung) bei disquotalen Einlagen in Personengesellschaften Anwendung finden. Dabei ist entscheidend, worauf für den Bereicherungsgegenstand der Mitgesellschafter abgestellt wird. Bei der Einlage von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die unter bestimmten Voraussetzungen als schenkungsteuerlich begünstigtes Vermögen behandelt werden, kann auf die übertragenen Anteile an der Kapitalgesellschaft selbst als Bereicherungsgegenstand abzustellen sein (Erwerb begünstigtes Vermögen). Ist dagegen auf die Erhöhung des Wertes der Beteiligung am Gesamthandsvermögen abzustellen, liegt kein Erwerb begünstigen Vermögens vor.
Die Verschonungsregelung des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG ist nach dem Urteil des FG Hamburg vom 27.02.2024 – 3 K 117/22 auch dann anwendbar, wenn Anteile an einer Kapitalgesellschaft im Wege einer disquotalen verdeckten Einlage auf eine Personengesellschaft übertragen werden. Während das zuständige Finanzamt keine sachliche Steuerbefreiung nach §§ 13a, 13b ErbStG gewährte und den hiergegen gerichteten Einspruch als unbegründet zurückwies, gab das Gericht der Klage statt. Der Begründung des Finanzamts, die Mitgesellschafter seien bei zivilrechtlicher Betrachtung nicht Inhaber der Anteile geworden, weshalb die Bereicherung der Gesellschafter nicht im Erwerb der Kapitalgesellschaftsanteile, sondern allein in der Erhöhung des Wertes der Beteiligung an der Personengesellschaft bestehe, folgte das Gericht nicht. Die Anteile seien zwar zivilrechtlich der Personengesellschaft zugewendet worden, schenkungsteuerlich sei jedoch von einem Erwerb des Gesamthänders auszugehen, weil die Personengesellschaft im Schenkungsteuerrecht transparent behandelt wird.
Änderungen durch das MoPeG: Abschaffung des Gesamthandsprinzips
Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) hat der Gesetzgeber das Gesamthandsprinzip abgeschafft. Dabei ist fraglich, ob die vorgenannte Entscheidung des BFH in Bezug auf disquotale Einlagen in Personengesellschaften (Zuwendung an die Mitgesellschafter) weiterhin gültig sein wird. Für eine Weitergeltung der bisherigen BFH-Rechtsprechung auch nach der Abschaffung des Gesamthandsprinzips sprechen nach Ansicht der Verfasser gute Gründe. Mehr hierzu im aktuellen Themen-Special „Schenkungsteuerliche Behandlung von disquotalen Einlagen″ vom NWB-Verlag, siehe den Link unten bei Fazit und Ausblick. Die Abschaffung des Gesamthandsprinzips wirkt sich möglicherweise auch auf die Anwendung von sachlichen Steuerbefreiungen aus, soweit eine mögliche Befreiung an das Gesamthandseigentum anknüpft. Das FG München hat mit Urteil vom 21.06.2023, 4 K 1639/21 (Revision beim BFH eingelegt, Az.: II R 18/23) die sachliche Steuerbefreiung für die unentgeltliche Einbringung des Familienheims in eine gemeinsam mit dem Ehepartner neu gegründete GbR gelten lassen. Anders als das FG Hamburg stellte es dabei nicht auf die Transparenzfiktion ab, sondern subsumierte das Gesamthandseigentum unter den Eigentumsbegriff der Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG. Es bleibt abzuwarten, wie der BFH in der Sache entscheidet.
Fazit und Ausblick
Ob die Grundsätze des BFH zu disquotalen Einlagen in Personengesellschaften auch nach Inkrafttreten des MoPeG weitergelten, ist derzeit höchstrichterlich nicht geklärt. Hohe Praxisrelevanz erlangt die Frage bei der künftigen Einbringung von Vermögenswerten in Familiengesellschaften durch die Eltern im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge. Die Person des Zuwendungsempfängers ist ausschlaggebend für die Höhe der Steuerbelastung, denn für die Ermittlung der Steuerklasse, die Höhe der Freibeträge und den konkreten Steuersatz kommt es auf das Verhältnis zwischen Schenker und Bedachten an.
Ähnliches gilt für die sich anschließende und hoch praxisrelevante Frage der sachlichen Steuerbefreiungen. Die transparente Betrachtung nicht nur isoliert bei der Bestimmung der Person des Bedachten, sondern auch bei der Anwendung und Auslegung der Verschonungsregelungen wäre als konsequent und folgerichtig zu begrüßen.
Eine Entscheidung des BFH zur Klärung dieser Fragen bleibt abzuwarten.
Mehr zum Thema disquotale Einlagen in Personengesellschaften im aktuellen Themen-Special NWB Erben und Vermögen „Schenkungsteuerliche Behandlung von disquotalen Einlagen″.