Entwurf des Jahressteuergesetzes: Bewertung von Immobilien für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke sollen geändert werden. Höhere Immobilienwerte drohen.
Für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Wohnungs- oder Teileigentum sind geeignete Vergleichspreise oder Vergleichsfaktoren für die Wertermittlung maßgeblich.
Hiernach dürfte sich auch nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf nichts ändern. Hinsichtlich der Vergleichsfaktoren wird auf den Grundsatz der sog. Modellkonformität verwiesen. Damit soll sichergestellt werden, dass bei Anwendung der von den Gutachterausschüssen ermittelten sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten dieselben Modelle und Modellansätze verwendet werden, die der Ermittlung dieser Daten zugrunde lagen. Mit anderen Worten müssen die für die Datenerhebung verwendeten Verfahren des Gutachterausschusses nach den Modellen der Immobilienwertermittlungsverordnung erfolgen.
Insbesondere in den größeren Ballungszentren werden immer mehr Daten durch die Gutachterausschüsse ausgewertet und immer öfter Vergleichspreise bzw. Vergleichsfaktoren ermittelt, die auch von den Finanzbehörden herangezogen werden.
Änderungen im Sachwertverfahren
Oftmals liegen aber (noch) keine geeigneten Vergleichspreise oder Vergleichsfaktoren vor. In diesen Fällen wird die Bewertung der o.g. Grundstücksarten im sog. Sachwertverfahren durchgeführt.
Die geplanten Änderungen im Jahressteuergesetz sehen eine ganze Reihe von Aktualisierungen für dieses Verfahren vor (teilweise wurden die Datengrundlagen seit über zehn Jahren nicht mehr geändert).
Insbesondere die Einführung eines sog. Regionalfaktors und die Anpassung der sog. Wertzahlen können zu höheren Sachwerten führen, sollten keine abweichenden (und geeigneten) Wertzahlen – und künftig auch Regionalfaktoren – durch den Gutachterausschuss ermittelt worden sein. Daneben wird sich auch die Erhöhung der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer für die o.g. Grundstücksarten um 10 Jahre auf 80 Jahre werterhöhend auswirken.
Die wichtigsten Änderungen für Mietwohngrundstücke
Mietwohngrundstücke, d.h. Objekte, die überwiegend zu Wohnzwecken dienen und weder Ein- oder Zweifamilienhäuser noch Wohnungseigentum darstellen, sowie im Übrigen auch Geschäftsgrundstücke, werden im sog. Ertragswertverfahren bewertet.
Die wichtigsten Änderungen betreffen:
- Liegenschaftszinssätze: Diese sollen nach dem Gesetzesentwurf vermindert werden. Eine Verminderung des Liegenschaftszinssatzes wird zu einem höheren Vervielfältiger führen, mit dem die modifizierte Jahresmiete multipliziert wird. Besonders drastisch ist die Verminderung für Mietwohngrundstücke; bei diesen wird der Zinssatz um 1,5%-Punkte vermindert.
- Restnutzungsdauer: Die Verlängerung der wirtschaftlichen Nutzungsdauer um 10 Jahre auf 80 Jahre wird zu einem höheren Vervielfältiger und im Ergebnis wie im Sachwertverfahren zu einem höheren Ertragswert führen.
- Bewirtschaftungskosten: Die sog. Bewirtschaftungskosten werden nur noch teilweise als prozentualer Abschlag von den Mieteinkünften abgezogen und bestimmen sich künftig auch nach der absoluten Anzahl der Wohneinheiten in einer Immobilie. Durch diese Änderung können sich ebenfalls höhere Ertragswerte ergeben.
Vom Gutachterausschuss ermittelte Liegenschaftszinssätze beachten
In diesem Zusammenhang ist aber zu beachten, dass in den großen Ballungszentren i.d.R. von den Gutachterausschüssen Liegenschaftszinssätze veröffentlicht werden. Die gesetzlichen (und voraussichtlich durch das Jahressteuergesetz künftig höheren) Liegenschaftszinssätze kommen in diesen Fällen damit nicht zur Anwendung. Auswirkungen können sich dennoch aufgrund der verlängerten Restnutzungsdauer und der Anpassung der Bewirtschaftungskosten ergeben.
In den besonders guten Lagen der Ballungszentren lässt sich das Phänomen beobachten, dass sich der Immobilienwert eines Ertragswertobjekts oftmals nahezu ausschließlich nach dem reinen Grund- und Bodenwert bemisst und der Gebäudeertragswert bei der Wertermittlung unberücksichtigt bleibt. Bei diesen Objekten ist bereits der vom Gutachterausschuss festgestellte Bodenrichtwert so hoch, dass der Gebäudeertrag nicht mehr für die Bewertung relevant ist.
Auswirkungen der Neuregelungen zu bedenken
Tendenziell kann bei der steuerlichen Bewertung von Immobilien, bei denen aufgrund fehlender Daten des Gutachterausschusses auf die gesetzlichen Wertermittlungsdaten zurückgegriffen werden muss, mit höheren Grundstückswerten aufgrund der geplanten Änderungen gerechnet werden. Demgegenüber sollten sich eher geringere Auswirkungen ergeben, wenn ohnehin bereits jetzt schon geeignete Daten des Gutachterausschusses vorliegen. Letztlich bleibt dies aber wie so oft eine Einzelfallenscheidung, die von der Art der Immobilie, deren Lage und der örtlichen Datenlage abhängt.
Empfehlung: Bewertungsverfahren und Datenlage prüfen!
Da die geplanten Änderungen sich insbesondere auf die Bewertung von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie von Wohnungs- oder Teileigentum im Sachwertverfahren auswirken werden, sollte zunächst geprüft werden, ob dieses Bewertungsverfahren für das angedachte Objekt überhaupt zur Anwendung kommt. Hierfür bietet sich eine Abstimmung mit dem Gutachterausschuss und der Bewertungsstelle des Finanzamts an. Auch für Mietwohngrundstücke sollte zunächst die Datenlage überprüft werden; insbesondere ob ein Liegenschaftszinssatz des Gutachterausschusses vorliegt, denn dieser dürfte regelmäßig den größten Einfluss auf eine Bewertung im Ertragswertverfahren haben. Jedoch sollten auch die Neuerungen bzgl. der Bewirtschaftungskosten beachtet werden.
Keinesfalls sollte voreilig eine Immobilie – quasi „im letzten Moment“ – übertragen werden. Denn eine Übertragung sollte wohl überlegt sein und nicht ausschließlich steuerliche Aspekte berücksichtigen.
Weiterführender Hinweis: Die Bewertung von Erbbaurechtsgrundstücken soll mit dem vorliegenden Jahressteuergesetz gänzlich neu geregelt werden. Bei diesen Grundstücken müsste wohl eine Vergleichsberechnung angestellt werden, um die Auswirkungen abschätzen zu können.