31. August 2020
Junges Verwaltungsvermögen
Steuerrecht

BFH bestätigt restriktive Auffassung der Finanzverwaltung zum jungen Verwaltungsvermögen beim Aktivtausch bei der Erbschaftsteuer

Bei Wertpapieren im Betriebsvermögen ist bei einer Schenkung Vorsicht geboten. Im Worst Case können die Wertpapiere ohne Begünstigung der Schenkungsteuer unterliegen.

Zum Verwaltungsvermögen rechnen u.a. Wertpapiere oder an Dritte vermietete Grundstücke.

War das Verwaltungsvermögen dem Betrieb im Besteuerungszeitpunkt (Schenkung oder Erbfall) weniger als 2 Jahre zuzurechnen, handelt es sich um sog. „junges Verwaltungsvermögen“ (§ 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F.; § 13b Abs. 7 Satz 2 ErbStG). Für junges Verwaltungsvermögen werden die Steuerbefreiungen für Betriebsvermögen nicht gewährt. Das junge Verwaltungsvermögen ist vielmehr zu besteuern wie Privatvermögen.

Bisher strittige Rechtslage zum jungen Verwaltungsvermögen beim Aktivtausch

Bisher war strittig, ob junges Verwaltungsvermögen auch dann vorliegen kann, wenn das Verwaltungsvermögen durch Umschichtung von bereits vorhandenem Verwaltungsvermögen (z.B. Umschichtung innerhalb eines Wertpapierdepots) oder aus anderen liquiden Mitteln des Betriebs innerhalb von 2 Jahren vor dem Zeitpunkt der Schenkung oder des Erbfalls angeschafft wurde.

In den streitigen fünf Urteilsfällen befanden sich im übertragenen Betriebsvermögen (Anteile an Kapital- oder Personengesellschaften) u.a. Wertpapiere, die innerhalb von 2 Jahren vor dem Zeitpunkt der Schenkung erworben wurden. Der Erwerb der Wertpapiere fand sowohl aus der Umschichtung innerhalb des Wertpapierdepots als auch durch Neuanlage von liquiden Mitteln des Betriebs statt. Die Kläger beantragten jeweils die Wertpapiere nicht als junges Verwaltungsvermögen zu behandeln, da keine missbräuchliche Gestaltung vorlag und das Verwaltungsvermögen insbesondere nicht von außen durch Einlagen zugeführt wurde.

BFH bestätigt restriktive Auffassung der Finanzverwaltung sowie der Finanzgerichte

Der BFH lehnte dies ab und behandelte die Wertpapiere als junges Verwaltungsvermögen (Urteile vom 22. Januar 2020, veröffentlicht am 13. August 2020, Az. II R 8/18, II R 13/18, II R 18/18, II R 21/18, II R 41/18). Damit schließt sich der BFH der ablehnenden Auffassung der Vorinstanzen an, die einheitlich eine entsprechende Auffassung verraten.

Nach Auffassung des BFH ist die 2-jährige Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen für jedes einzelne Wirtschaftsgut (und damit auch jedes einzelne Wertpapier) und nicht für die oder eine Gattung des Verwaltungsvermögen zu prüfen. Damit führt auch die Umschichtung innerhalb eines Depots zu jungem Verwaltungsvermögen, soweit das einzelne Wertpapier neu angeschafft wurde.

Weder die Herkunft des Vermögensgegenstandes noch der zu seiner Finanzierung verwendeten Mittel sei relevant. Die Vorschrift sei nicht auf Fälle der Einlage von Verwaltungsvermögen aus dem Privatvermögen beschränkt. Eine Missbrauchsprüfung bezogen auf das einzelne Wirtschaftsgut des Verwaltungsvermögens ist nach Auffassung des BFH nicht vorzunehmen. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Vorschrift.

Gültigkeit auch unter der aktuellen Gesetzeslage

Auch wenn die Entscheidungen zum Erbschaftsteuergesetz vor der Erbschaftsteuerreform ergangen sind, jedoch sollten sie auch unter der aktuell gültigen Gesetzesregelung relevant sein. Denn die gesetzliche Definition des jungen Verwaltungsvermögens wurde nicht geändert (§ 13b Abs. 7 Satz 2 ErbStG). Zudem hat auch die Finanzverwaltung ihre frühere Auffassung in die Erbschaftsteuerrichtlinien 2019 übernommen (A 13b.27 Satz 2 ErbStR 2019).

BFH-Entscheidungen sind in der Praxis unbedingt zu beachten

Die Entscheidungen sind für die Praxis äußerst relevant und bei jeder Schenkung zu beachten. Denn insbesondere bei Wertpapierdepots, bei denen regelmäßig Umschichtungen stattfinden, kann junges Verwaltungsvermögen gegeben sein.

Im Falle einer Schenkung von Unternehmensvermögen sollte deshalb geprüft werden, welche Wertpapiere innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Schenkung neu erworben wurden. Ohne vorausgehende Strukturierung werden diese Wertpapiere nun auch nach Auffassung des BFH wie Privatvermögen behandelt und unterliegen ohne steuerliche Verschonung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer.

Die nachteilige Besteuerung des jungen Verwaltungsvermögens kann jedoch häufig durch Gestaltung vermieden werden. So können die „jungen″ Wertpapiere durch Veräußerung in sog. Finanzmittel „umstrukturiert″ werden. Liquide Mittel rechnen zwar als Finanzmittel unter bestimmten Voraussetzungen auch zum Verwaltungsvermögen, jedoch sind Finanzmittel nur dann als jung anzusehen, wenn diese durch Einlage von außen zugeführt werden. Nicht „jung″ sind dagegen Finanzmittel, die aus dem Verkauf von jungen Wertpapieren resultieren. Anders als anderes Verwaltungsvermögen werden Finanzmittel durch weitere gesetzliche Regelungen steuerlich begünstigt. Im Rahmen des  sog. Finanzmitteltests (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 Satz 1 ErbStG) kann – anders als für junges Verwaltungsvermögen – eine Verrechnung mit betrieblichen Schulden erfolgen und zudem ein sog. Finanzmittelfreibetrag von 15% des Unternehmenswerts abgezogen werden kann (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 Satz 1 ErbStG). Weiterhin wird ein noch verbleibender Restbetrag der Finanzmittel in Höhe von 10% des begünstigten Vermögens als sog. unschädliches Verwaltungsvermögen behandelt werden (§ 13b Abs. 7 Satz 1 ErbStG). Durch Umstrukturierung kann so der Wert des jungen Verwaltungsvermögens unter Umständen vollständig steuerfrei gestellt werden.

Junges Verwaltungsvermögen kann auch bei Umwandlungsvorgängen „entstehen″

Im Urteil mit dem Aktenzeichen II R 41/18 hat der BFH zudem eine ungünstige Auffassung für den Fall einer (Aufwärts-)Verschmelzung getroffen.

Auch Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens, die im Rahmen der Verschmelzung eines Unternehmens auf einen neuen Rechtsträger (im Urteilsfall erfolgte die Verschmelzung auf die Muttergesellschaft) übergehen, stellen beim aufnehmenden Rechtsträger „junges″ Verwaltungsvermögen dar, auch wenn sie beim übertragenden Unternehmen kein junges Verwaltungsvermögen (mehr) waren. Denn diese Wirtschaftsgüter sind dem neuen Rechtsträger durch die Verschmelzung erstmals zuzurechnen. Die bis zur Verschmelzung abgelaufene Zurechnungszeit ist bei der aufnehmenden Gesellschaft nicht anzurechnen.

Eine Verschmelzung innerhalb von 2 Jahren vor einer Schenkung bzw. einem Erbfall führt damit nach Auffassung des BFH immer zu jungem Verwaltungsvermögen, soweit bei der verschmolzenen Gesellschaft Verwaltungsvermögen vorhanden war. Relevant ist dies beispielsweise für einen bereits seit vielen Jahren gleichbleibenden Wertpapierbestand oder ein vermietetes Grundstück, das bereits seit mehr als 2 Jahren an Dritte vermietet ist.

Zwar ist dies unseres Erachtens vom Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung nicht gedeckt ist, jedoch sollte diese Sicht des BFH bei Schenkungen beachtet. Damit sind Umwandlungsvorgänge im Vorfeld einer Schenkung darauf zu prüfen, ob hierdurch junges Verwaltungsvermögen entstanden ist. Falls eine „Strukturierung″ des jungen Verwaltungsvermögens nicht möglich ist, müsste bis zur Schenkung die 2-Jahresfrist abgewartet werden, soll die nachteilige Besteuerung des jungen Verwaltungsvermögens vermieden werden.

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