18. April 2023
Zukunftsfinanzierungsgesetz Mitarbeiterbeteiligungen
Steuerrecht

Steuerliche Erleichterungen für Mitarbeiterbeteiligungen durch das ZuFinG

Die beabsichtigte Anpassung von § 19a EStG durch das ZuFinG soll den Zugang zu Mitarbeiterkapitalbeteiligungen steuerlich attraktiver machen und vereinfachen.

Die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für Mitarbeiterbeteiligungen in Deutschland sind schon seit geraumer Zeit Gegenstand wiederkehrender Diskussionen. Insbesondere im internationalen Vergleich sehen sich in Deutschland ansässige Mitarbeiter* sowohl deutscher als auch ausländischer Unternehmen oft benachteiligt bzw. haben mit substanziellen steuerlichen Belastungen oder Risiken bei der Ausgabe von Mitarbeiterbeteiligungen zu kämpfen. Dabei stellen Mitarbeiterbeteiligungen für viele, vor allem junge Unternehmen einen wichtigen Baustein zur Gewinnung und Incentivierung von hochqualifizierten Fachkräften, Talenten und Knowhow-Trägern dar.

Mit den in dem Referentenentwurf zum Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) enthaltenen Regelungen sollen daher nunmehr die Förderung innovativer Beteiligungsformen und eine stärkere Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivkapital der Volkswirtschaft steuerlich flankiert werden. 

Erweiterung des Anwendungsbereiches des § 19a EStG

Der Referentenentwurf des ZuFinG sieht zunächst vor, dass der Anwendungsbereich von § 19a EStG erheblich ausgeweitet wird. Gesetzlich geklärt werden soll dabei insbesondere die Streitfrage, ob Beteiligungen an verbundenen Unternehmen des eigentlichen zivilrechtlichen Arbeitgebers ebenfalls von der Norm erfasst sind. Die Finanzverwaltung hatte dies bislang mit Verweis auf den Gesetzeswortlaut abgelehnt, obgleich der Gesetzgeber über den ausdrücklichen Verweis in § 19a Abs. 1 S. 1 EStG auf § 2 Abs. 2 des 5. VermBG die Auslegung zumindest auch dahingehend ermöglicht hatte, dass Anteile an der Muttergesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen den Anteilen an der Arbeitgebergesellschaft gleichzustellen sind. 

Die Neufassung soll nunmehr klarstellen, dass auch Anteile an verbundenen Unternehmen i.S.v. § 18 AktG unter die Regelung des § 19a EStG fallen. Für die Praxis, in der häufig Anteile an einer Konzernobergesellschaft gewährt werden, wäre dies von erheblicher Bedeutung. Nicht geregelt ist weiterhin, ob die Bezugnahme in § 19a Abs. 1 S. 1 EStG auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. h des 5. VermBG bei Konzernunternehmen in der Rechtsform einer GmbH oder vergleichbarer ausländischer Rechtsform eine doppelte Inlandsansässigkeit (Sitz und Ort der Geschäftsleitung) haben muss. Ebenfalls nicht ausdrücklich geregelt ist, ob der Arbeitergeber und/oder das anteilgewährende Konzernunternehmen die Anforderungen an Größenklassen und Altersgrenzen erfüllen müssen.

Als weitere Ergänzung soll künftig auch die Einräumung der Vermögensbeteiligung durch die Gesellschafter des Arbeitgebers begünstigt werden, da dies in der Praxis oftmals durch (Gründungs-)Gesellschafter oder durch VC- bzw. Private-Equity-Investoren i.R.v. Mitarbeiterbeteiligungsmodellen erfolgt. Ebenfalls eine Erweiterung soll die Änderung von Abs. 3 des § 19a EStG herbeiführen, der bisher vorsah, dass nur dann ein Besteuerungsaufschub für den geldwerten Vorteil aus der Gewährung von Mitarbeiterbeteiligungen möglich war, wenn der Arbeitgeber als KMU i.S.d. Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. L 124 vom 20. Mai 2003, S. 36) qualifiziert war. Die Schwellenwerte sollen nun verdoppelt werden und erlauben die Begünstigung, wenn sie aktuell oder in einem der sechs vorangegangenen Kalenderjahre nicht überschritten worden sind. Die Unternehmen müssen danach aktuell weniger als 500 Mitarbeiter beschäftigen und dürfen einen Jahresumsatz von höchstens EUR 100 Mio. oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens EUR 86 Mio. erzielen. Die Gründung des Unternehmens darf nunmehr zudem bis zu 20 (bisher 12) Jahre zurückliegen.

Long-Stop-Besteuerung und „Dry Income“ bei Arbeitgeberwechsel

Eine der Hauptproblematiken der bisherigen Fassung von § 19a EStG liegt zudem in den die nachgelagerte Besteuerung auslösenden Fällen des § 19a Abs. 4 S. 1 Nr. 2 und Nr. 3 EStG, wonach der geldwerte Vorteil aus der Gewährung der Mitarbeiterbeteiligung zu versteuern ist, wenn

  • seit der Übertragung der Vermögensbeteiligung zwölf Jahre vergangen sind (Nr. 2) oder
  • das Dienstverhältnis zu dem bisherigen Arbeitgeber beendet wird (Nr. 3).

Viele Mitarbeiter sahen insbesondere den zweiten Fall (Nr. 3) als wenig kontrollierbares Damoklesschwert und ggf. als Druckmittel des Arbeitgebers an.

Nunmehr soll das Long-Stop-Date für die Besteuerung im Zuge der Gesetzesänderung auf 20 Jahre ausgeweitet werden. Die Verschiebung des Besteuerungszeitpunkts gilt auch für bereits eingeräumte Vermögensbeteiligungen. Die Neuregelungen sollen im Übrigen jedoch keine zeitliche Rückwirkung für vor 2024 eingeräumte Vermögensbeteiligungen entfalten.

Zusätzlich soll die Besteuerung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses und bei Ablauf der 20 Jahre entfallen, wenn der Arbeitgeber spätestens mit der dem betreffenden Ereignis folgenden Lohnsteuer-Anmeldung unwiderruflich erklärt, im Verkaufsfalle für die anfallende Lohnsteuer zu haften, ohne sich der Haftung durch eine Anzeige nach § 38 Abs. 4 S. 2 EStG i.V.m. § 42d Abs. 2 EStG entziehen zu können. Ein derartige Verpflichtung kann durchaus von Unternehmen im Falle der Gewährung der Beteiligung erwogen werden, um die Attraktivität des Incentives zu fördern. Fraglich ist allerdings, ob und inwieweit ein Unternehmen bereit ist, eine solche Haftungsinanspruchnahme (insbesondere für einen ausgeschiedenen oder kurzfristig ausscheidenden Mitarbeiter) einzugehen. Der Fall des Arbeitgeberwechsels bleibt daher ein kritischer Punkt im Zusammenhang mit der Gewährung von Mitarbeiterbeteiligungen.

Möglichkeit der Pauschalbesteuerung durch den Arbeitgeber

Einen zusätzlichen Vorteil können Unternehmen bei entsprechender Umsetzung des Referentenentwurfs ihren Mitarbeitern dadurch gewähren, dass sie die Lohnsteuer mit dem Pauschsteuersatz von 25 %, ggf. zzgl. Solidaritätszuschlag, erheben (Abs. 4a n.F.), der i.d.R. erheblich unter dem tatsächlich effektiv anwendbaren Steuersatz für den Mitarbeiter liegen sollte. In diesem Falle wird das Unternehmen Schuldner der Lohnsteuer, wodurch der Vorteil den Mitarbeiter steuerfrei erreicht. Ist dies nicht gewollt, kann das Unternehmen die Lohnsteuer trotz der Pauschalierung aber bei entsprechender vertraglicher Vereinbarung ggf. gleichwohl auf den Mitarbeiter überwälzen, um die eigenen Kosten aus der Ausgabe der Beteiligungen zu reduzieren. 

Zu berücksichtigen ist ferner, dass sowohl die Pauschalbesteuerung wie auch die gesamte Vorschrift des § 19a EStG lediglich auf die Lohnsteuer, nicht jedoch auf die Sozialversicherung Anwendung findet. Das heißt, es bleibt für Sozialversicherungszwecke bei einer Dry-Income-Besteuerung.

Anhebung des Freibetrages in § 3 Nr. 39 EStG

Neben den vorstehend skizzierten Änderungen von § 19a EStG soll ergänzend auch der Freibetrag in § 3 Nr. 39 EStG von derzeit EUR 1.440 auf EUR 5.000 pro Kalenderjahr angehoben werden. Jedenfalls für Aktienoptionsprogramme größerer Unternehmen, die häufig erst bei relevanter Seniorität diese Schwelle übersteigen, aber auch für Beteiligungsprogramme von Start-ups auf kleinerem Level, wird damit u.U. eine vollständige Steuerfreistellung erreicht. 

Deutlich gesteigerte Praxistauglichkeit von § 19a EStG, doch der Beratungsbedarf bei der Gestaltung von Mitarbeiterbeteiligungen bleibt bestehen

Die durch den Referentenentwurf zum ZuFinG vorgeschlagenen Änderungen der steuerlichen Rahmenbedingungen für Mitarbeiterbeteiligungen haben das Potential, den bisher in der Praxis eher stiefmütterlich genutzten § 19a EStG deutlich aufzuwerten und dessen Anwendung praxistauglicher zu machen. Insbesondere die Möglichkeit zur Pauschalversteuerung kann eine relevante Steigerung der Attraktivität von Mitarbeiterbeteiligungen zur Folge haben. Gleichzeitig werden notwendige Korrekturmaßnahmen, wie die Einbeziehung von Konzernunternehmen in den Anwendungsbereich, beabsichtigt, was sich ebenfalls positiv auswirken sollte. Für das weitere Gesetzgebungsverfahren sind jedoch noch einzelne Klarstellungen, insbesondere hinsichtlich der Voraussetzungen für Konzernunternehmen, wünschenswert.

Im Hinblick auf die Vielzahl der möglichen Gestaltungen von Mitarbeiterbeteiligungen (u.a. auch durch virtuelle Programme, Growth oder Hurdle Shares etc.) werden Unternehmen gleichwohl nicht umhinkommen, sich im Falle der Ausgabe von Anteilen an ihr Personal eingehend steuerlich beraten zu lassen.

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: Mitarbeiterbeteiligungen Steuerrecht Zukunftsfinanzierungsgesetz


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