25. Oktober 2024
Steuergesetze 2024
Steuerrecht

Updates im vierten Quartal 2024 – Ausgewählte (Steuer-)Gesetzgebung im Kurzüberblick

Gesetzgeberisch zeigt sich der Herbst 2024 einigermaßen stürmisch. Updates zum Stand ausgewählter (Steuer-)Gesetzgebungsvorhaben im Kurzüberblick.

Nach einem (steuer-)gesetzgeberisch aktiven Jahr 2023 erhebt das Jahr 2024 starken Anspruch zum nächsten „Reformjahr“ zu werden. Insbesondere der Steuergesetzgeber hat 2024 gewichtige Verfahren und Maßnahmen in die Pipeline gebracht, die Großteils noch bis zum Jahresende abgeschlossen werden sollen. Der folgende Kurzüberblick fasst eine Auswahl wesentlicher Gesetzgebungsvorhaben und ihre Verfahrensstände im vierten Quartal 2024 (Stand 18. Oktober 2024) zusammen:

Viertes Bürokratieentlastungsgesetz (Bundesrat erteilt Zustimmung)

Am 26. September 2024 hat der Bundestag  das „Vierte Gesetz zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie“ verabschiedet. Am 18. Oktober 2024 hat der Bundesrat dem Gesetz zugestimmt. Das Gesetz muss nun ausgefertigt und verkündet werden. Es tritt zu einem großen Teil am ersten Tag des auf die Verkündung folgenden Quartals in Kraft.

Ziel des Gesetzes ist laut der Gesetzesbegründung, Abläufe und Regeln zu vereinfachen und der Wirtschaft, insbesondere Selbständigen, Unternehmerinnen und Unternehmern mehr Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben zu verschaffen. Die Bundesregierung, auf die das Gesetz zurückgeht, erwartet finanzielle Entlastungen in Höhe von 944 Millionen Euro pro Jahr.

Zu den beschlossenen Maßnahmen des BEG IV gehören u.a.:

  • kürzere Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege – diese müssen nur noch acht statt bisher zehn Jahre aufbewahrt werden,
  • eine zentrale Vollmachtsdatenbank für Steuerberater, so dass Arbeitgeber ihren Steuerberatern nicht mehr schriftliche Vollmachten für die jeweiligen Sozialversicherungsträger ausstellen müssen,
  • keine Hotelmeldepflicht mehr für deutsche Staatsangehörige,
  • mehr digitale Rechtsgeschäfte per E-Mail, SMS oder Messenger-Nachricht ohne das Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift,
  • digitale Arbeitsverträge, so dass Arbeitgeber auch per E-Mail über die wesentlichen Vertragsbedingungen informieren können – dies hatte der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 26. April 2024 zum ursprünglichen Regierungsentwurf gefordert,
  • Erleichterungen bei Hauptversammlungen börsennotierter Unternehmen, indem zukünftig die Unterlagen online zur Verfügung gestellt werden können sowie
  • digitale Steuerbescheide.

Jahressteuergesetz 2024 (nach 2./3. Lesung im Bundestag verabschiedet)

Am 17. Mai 2024 wurde vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) der Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2024 (JStG 2024) veröffentlicht. Das JStG 2024 betrifft insbesondere Anpassungen an das EU-Recht und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sowie Reaktionen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs.

Am 5. Juni 2024 wurde der Regierungsentwurf vom Bundeskabinett beschlossen. Nach einer umfassenden Stellungnahme des Bundesrates vom 27. September 2024 mit über 80 Änderungsanträgen und Prüfbitten zum Gesetzesentwurf sowie der Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme (DrS 20/13157) hat schließlich der Finanzausschuss eine Beschlussempfehlung (20/13419) zum JStG 2024 vorgelegt. Auf Basis dieser Beschlussempfehlung hat der Bundestag das stark überarbeitete JStG 2024 am 18. Oktober 2024 angenommen.

Die Zustimmung des Bundesrates zum JStG 2024 wird am 22. November 2024 erwartet. Vorbehaltlich der zahlreichen Sonderregelungen/Ausnahmen soll das Gesetz weitgehend am Tag nach der Verkündung in Kraft treten (vgl. Artikel 56, DrS 20/13419).

Zu den zahlreichen Änderungen des Finanzausschusses am JStG 2024 (gegenüber dem Regierungsentwurf) gehören u.a.:

  • die Streichung des im Regierungsentwurf vorgesehenen Mobilitätsbudgets, 
  • Aufhebung der Verlustverrechnungsbeschränkungen bei Termingeschäften, Verluste sollen hier künftig uneingeschränkt mit allen Einkünften aus Kapitalvermögen verrechenbar sein,
  • neue, verschärfende Regelung der Körperschaftsklauseln gemäß § 6 Abs. 5 Satz 5, 6 EStG und § 16 Abs. 3 Satz 4 EStG (Realteilung): Künftig führt die Übertragung von Wirtschaftsgütern zu einem Sperrfristverstoß und zur Realisierung stiller Reserven, soweit durch die Übertragung (oder im Fall des § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG in den folgenden sieben Jahren) der Anteil einer anderen Körperschaft an dem übertragenen Gut begründet wird oder sich erhöht,
  • Anpassung der einfachen gewerbesteuerlichen Grundbesitzkürzung (§ 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG), die gewerbesteuerliche Kürzung soll künftig an die tatsächlich im Erhebungszeitraum als Betriebsausgabe erfasste Grundsteuer geknüpft werden,
  • bei der Grundsteuer sollen Steuerpflichtige einen niedrigeren Wert für ihr Grundstück ansetzen können, wenn sie mit einem Gutachten nachweisen, dass dieser mindestens 40 Prozent unter dem vom Finanzamt festgesetzten Grundsteuerwert liegt,
  • Streichung der im Regierungsentwurf noch vorgesehenen Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten,
  • Anpassungen an die FASTER-Richtlinie der EU beim Meldestandard zu Dividendenerträgen und gleichgestellten Kapitalerträgen nach Maßgabe des Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetzes.

Steuerfortentwicklungsgesetz (ursprünglich geplantes JStG 2024 II, Regierungsentwurf)

Am 24. Juli 2024 hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf eines Steuerfortentwicklungsgesetzes (SteFeG) beschlossen. Mit dem SteFeG bekam das bis dato zunächst geplante „JStG II“ einen neuen Namen und wurde um Maßnahmen der Wachstumsinitiative angereichert. Das SteFeG beinhaltet u.a. Anpassungen des Einkommensteuertarifs, die Umsetzung (weiterer) Aufträge aus dem Koalitionsvertrag wie u.a. die Einführung der Mitteilungspflicht über innerstaatliche Steuergestaltungen, die unverändert aus dem Entwurf eines JStG II in das SteFeG übernommen wurde. Die Stellungnahme des Bundesrates zum Steuerfortentwicklungsgesetz erfolgte in der Plenarsitzung vom 27. September 2024. Am 2. Oktober 2024 erfolgte die Gegenäußerung der Bundesregierung.

Wann und wie es mit dem SteFeG weiter geht, ist derzeit offen, eigentlich hätte das Gesetz ebenfalls am 18. Oktober im Bundestag verabschiedet werden sollen, wurde aber aufgrund der laufenden Diskussionen zu den gesetzlichen Regelungen zunächst wieder von der Tagesordnung genommen. Das weitere Gesetzgebungsverfahren bleibt zu beobachten.

Zweites Zukunftsfinanzierungsgesetz (Referentenentwurf)

Nachdem im letzten Jahr das Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) in Kraft getreten ist (BGBl. 2023 I Nr. 354 vom 14. Dezember 2023) hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) am 27. August 2024 den Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen (ZuFinG II) veröffentlicht. 

Das konkrete Gesetzgebungsverfahren zum ZuFinG II bleibt jetzt abzuwarten. Als nächstes dürfte ein Regierungsentwurf des Gesetzes folgen, der noch (wesentliche) Anpassungen und Änderungen mit sich bringen dürfte. Mit einem Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens soll dem Vernehmen nach erst ab dem zweiten Quartal 2025 gerechnet werden können. Damit die Gesetzesänderungen „(…)ihre Wirkung sobald wie möglich entfalten können“, soll das Gesetz grundsätzlich nach seiner Verkündung in Kraft treten. 

Mit dem ZuFinG II sollen insbesondere Maßnahmen zur Erleichterung des Kapitalmarktzugangs für Unternehmen, zur Förderung des Fondsmarkts und damit auch des Venture-Capital-Ökosystems sowie zur Verschlankung aufsichtlicher Vorgaben getroffen werden. Zudem sollen verschiedene kapitalmarktrechtliche EU-Rechtsakte implementiert werden, die zu einer Vertiefung der europäischen Kapitalmarktunion beitragen.

Dazu gehören insbesondere folgende Maßnahmen und Regelungen:

  • Vorschläge der Wachstumsinitiative, die das Bundeskabinett am 17. Juli 2024 beschlossen hat, um der Wirtschaft zusätzliche Wachstumsimpulse zu geben und den Wirtschaftsstandort Deutschland wettbewerbs- und zukunftsfähig aufzustellen. Hieraus sollen folgende Maßnahmen aufgegriffen werden:
    • Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen von Investments in Venture Capital, insbesondere durch (i) Anpassungen bei der Besteuerung von Investitionen in gewerbliche Personengesellschaften durch Fonds, die unter das Investmentsteuergesetz fallen, und (ii) Anpassungen bei der Besteuerung von Gewinnen aus Veräußerungen von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, wenn diese re-investiert werden („Roll-Over“); 
    • Möglichkeit englischsprachiger Prospekte nebst Zusammenfassung, dadurch Erleichterung des EU-weiten Vertriebs von Wertpapieren.
  • Förderung von Investitionen von Fonds in erneuerbare Energien und Infrastruktur (Einbeziehung eines bereits vorliegenden Diskussionsentwurfs),
  • Verschlankung aufsichtlicher Prozesse bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin),
  • standortfreundliche Implementierung von kapitalmarktrechtlichen EU-Rechtsakten (insbesondere Listing Act, ESAP, MIFIR Review) sowie weitere Maßnahmen zur Standortförderung.

Weitere Entwicklungen sind im Blick zu halten 

Für Unternehmen wie Privatpersonen bringen die umfangreichen Gesetzesvorhaben, maßgeblich ab 2025, komplexe Neuregelungen mit sich, die teils erhebliche Auswirkung auf die (bisherige) steuerliche Gestaltungspraxis haben. Die aktuell laufenden Gesetzgebungsverfahren sollten im Blick gehalten und die Inhalte rechtzeitig in der individuellen Beraterpraxis angesprochen und bewertet werden. Neben vielen begrüßenswerten Anpassungen und Maßnahmen mit Entlastungspotential u.a. im JStG 2024, droht insbesondere der gewünschte Bürokratieabbau des Gesetzgebers nur bedingt zu gelingen. Unverständlich bleibt hier insoweit, warum der Gesetzgeber die bisher gescheiterte Einführung der Mitteilungspflichten für innerstaatliche Steuergestaltungen – entgegen aller Kritik – mit dem SteFeG unbedingt noch durchbringen möchte und welchen faktischen Mehrwert er sich hiervon verspricht. Auch hier sollten insbesondere Intermediäre und (Familien-)Unternehmen wachsam bleiben und sich rechtzeitig für mögliche weitere Mitteilungspflichten wappnen.  

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