23. August 2023
Zukunftsfinanzierungsgesetz Mitarbeiterbeteiligungen
Zukunftsfinanzierungsgesetz

Steuerliche Erleichterungen für Mitarbeiterbeteiligungen durch das ZuFinG – Update #1

Die beabsichtige Anpassung von § 19a EStG durch das ZuFinG soll den Zugang zu Mitarbeiterkapitalbeteiligungen steuerlich attraktiver machen und vereinfachen.

Die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für Mitarbeiterbeteiligungen in Deutschland sind schon seit geraumer Zeit Gegenstand wiederkehrender Diskussionen. Insbesondere im internationalen Vergleich sehen sich in Deutschland ansässige Mitarbeiter* sowohl deutscher als auch ausländischer Unternehmen oft benachteiligt bzw. haben mit substanziellen steuerlichen Belastungen oder Risiken aus der Ausgabe von Mitarbeiterbeteiligungen zu kämpfen. Dabei stellen Mitarbeiterbeteiligungen für viele, vor allem junge Unternehmen einen wichtigen Baustein zur Gewinnung und Incentivierung von hochqualifizierten Fachkräften, Talenten und Knowhow-Trägern dar.

Nach der Konsultation von Fachkreises und Verbände sowie der Anhörung von Experten zum Referentenentwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes ist der Regierungsentwurf (RegE) veröffentlicht worden. Mit den in den enthaltenen Regelungen soll die Förderung innovativer Beteiligungsformen und eine stärkere Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Produktivkapital der Volkswirtschaft steuerlich flankiert werden. 

Erweiterung des Anwendungsbereiches des § 19a EStG

Der RegE des ZuFinG sieht zunächst vor, dass der Anwendungsbereich von § 19a EStG erheblich ausgeweitet wird. Gesetzlich geklärt werden soll dabei insbesondere die Streitfrage, ob Beteiligungen an verbundenen Unternehmen des eigentlichen zivilrechtlichen Arbeitgebers ebenfalls von der Norm erfasst sind. Die Finanzverwaltung hatte dies bislang mit Verweis auf den Gesetzeswortlaut abgelehnt, obgleich der Gesetzgeber über den ausdrücklichen Verweis in § 19a Abs. 1 Satz 1 EStG auf § 2 Abs. 2 des 5. VermBG zumindest auch die Auslegung dahingehend ermöglicht hatte, dass Anteile an der Muttergesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen den Anteilen an der Arbeitgebergesellschaft gleichzustellen sind. 

Die Neufassung soll nunmehr klarstellen, dass auch Anteile an verbundenen Unternehmen i.S.v. § 18 AktG unter die Regelung des § 19a EStG fallen. Für die Praxis, in der häufig Anteile an einer Konzernobergesellschaft gewährt werden, wäre dies von erheblicher Bedeutung. Nicht geregelt ist weiterhin, ob die Bezugnahme in § 19a Abs. 1 Satz 1 EStG auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. h des 5. VermBG bei Konzernunternehmen in der Rechtsform einer GmbH oder vergleichbarer ausländischer Rechtsform eine doppelte Inlandsansässigkeit (Sitz und Ort der Geschäftsleitung) haben muss. Noch im Referentenentwurf nicht ausdrücklich geregelt war, ob der Arbeitergeber und/oder das anteilgewährende Konzernunternehmen die Anforderungen an Größenklassen und Altersgrenze erfüllen müssen. Dies stellt der RegE nun dahingehend klar, dass es allein auf den Arbeitgeber ankommt.

Als weitere Ergänzung soll künftig auch die Einräumung der Vermögensbeteiligung durch die Gesellschafter des Arbeitgebers begünstigt werden, da dies in der Praxis oftmals durch (Gründungs-)Gesellschafter oder durch VC- bzw. Private-Equity-Investoren i.R.v. Mitarbeiterbeteiligungsmodellen erfolgt. Ob dies auch mittelbare Gesellschafter umfassen soll, bleibt unklar. Allerdings wäre dies sinnvoll und würde im Hinblick auf eine Öffnung der Vorschrift nach unten und oben schlüssig sein. Ebenfalls eine Erweiterung soll die Änderung von Absatz 3 des § 19a EStG herbeiführen, der bisher vorsah, dass nur dann ein Besteuerungsaufschub für den geldwerten Vorteil aus der Gewährung von Mitarbeiterbeteiligungen möglich war, wenn der Arbeitgeber als KMU i.S.d. Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36) qualifizierte. Diese Schwellenwerte sollen nun betreffend den Jahresumsatz und die Jahresbilanzsumme verdoppelt und hinsichtlich der beschäftigten Personen gar vervierfacht werden und erlauben die Begünstigung, wenn sie aktuell oder in einem der sechs vorangegangenen Kalenderjahre nicht überschritten worden sind. Die Unternehmen müssen danach aktuell weniger als 1.000 Mitarbeiter beschäftigen und dürfen einen Jahresumsatz von höchstens EUR 100 Mio. oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens EUR 86 Mio. erzielen. Die Gründung des Unternehmens darf nunmehr zudem bis zu 20 (bisher zwölf) Jahre zurückliegen.

Long-Stop Besteuerung und „Dry Income“ bei Arbeitgeberwechsel

Eine der Hauptproblematiken der bisherigen Fassung von § 19a EStG liegt zudem in den die nachgelagerte Besteuerung auslösenden Fällen des § 19a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und Nr. EStG, wonach der geldwerte Vorteil aus der Gewährung der Mitarbeiterbeteiligung zu versteuern ist, wenn

  • seit der Übertragung der Vermögensbeteiligung zwölf Jahre vergangen sind (Nr. 2) oder
  • das Dienstverhältnis zu dem bisherigen Arbeitgeber beendet wird (Nr. 3).

Viele Mitarbeiter sahen insbesondere den zweiten Fall (Nr. 3) als wenig kontrollierbares Damoklesschwert und ggf. Druckmittel des Arbeitgebers an. Erfreulicherweise möchte der Gesetzgeber nunmehr aber regeln, dass im Falle von sog. Leaver-Events (d. h. Rückerwerb der Anteile bei Verlassen des Unternehmens) nur die tatsächlich an den Arbeitnehmer gezahlte Vergütung maßgeblich sein soll und nicht ein etwaig höherer Verkehrswert; dies ist zur Entschärfung der „Dry Income″ Problematik eine geeignete Maßnahme.

Nunmehr soll das Long-Stop Date für die Besteuerung im Zuge der Gesetzesänderung auf 20 Jahre verschoben werden. Die Verschiebung des Besteuerungszeitpunkts gilt auch für bereits eingeräumte Vermögensbeteiligungen. Die Neuregelungen sollen im Übrigen jedoch keine zeitliche Rückwirkung für vor 2024 eingeräumte Vermögensbeteiligungen entfalten.

Zusätzlich soll die Besteuerung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses und bei Ablauf der 20 Jahre entfallen, wenn der Arbeitgeber spätestens mit der dem betreffenden Ereignis folgenden Lohnsteuer-Anmeldung unwiderruflich erklärt, im Verkaufsfalle für die anfallende Lohnsteuer zu haften, ohne sich der Haftung durch eine Anzeige nach § 38 Absatz 4 Satz 2 EStG in Verbindung mit § 42d Absatz 2 EStG entziehen zu können. Ein derartige Verpflichtung kann durchaus von Unternehmen im Falle der Gewährung der Beteiligung erwogen werden, um die Attraktivität des Incentives zu fördern. Fraglich ist allerdings, ob und inwieweit ein Unternehmen bereit ist, eine solche Haftungsinanspruchnahme (insbesondere für einen ausgeschiedenen oder kurzfristig ausscheidenden Mitarbeiter) einzugehen. Der Fall des Arbeitgeberwechsels bleibt daher ein kritischer Punkt im Zusammenhang mit der Gewährung von Mitarbeiterbeteiligungen.

Möglichkeit der Pauschalbesteuerung durch den Arbeitgeber gestrichen

Noch im Referentenentwurf vorgesehen war, dass Unternehmen ihren Mitarbeitern einen zusätzlichen Vorteil dadurch gewähren können, dass sie die Lohnsteuer mit dem Pauschsteuersatz von 25% ggf. zzgl. Solidaritätszuschlag erheben. Diese Option, bei der das Unternehmen Schuldner der Lohnsteuer geworden wäre, diese jedoch bei entsprechender vertraglicher Vereinbarung ggf. gleichwohl auf den Mitarbeiter hätte überwälzen können, um die eigenen Kosten aus der Ausgabe der Beteiligungen zu reduzieren, ist im RegE nunmehr vollständig entfallen. Damit wird eine Versteuerung zu einem potentiell günstigeren Steuersatz an dieser Stelle nicht ermöglicht.

Zu berücksichtigen ist dessen ungeachtet, dass die gesamte Vorschrift des § 19a EStG lediglich für die Lohnsteuer, nicht jedoch für die Sozialversicherung Anwendung findet. D.h. es bleibt für Sozialversicherungszwecke bei einer Dry-Income Besteuerung.

Anhebung des Freibetrages in § 3 Nr. 39 EStG

Neben den vorstehend skizzierten Änderungen von § 19a EStG soll ergänzend auch der Freibetrag in § 3 Nr. 39 EStG von derzeit EUR 1.440 auf EUR 5.000 pro Kalenderjahr. Jedenfalls für Aktienoptionsprogramme größerer Unternehmen, die häufig erst bei relevanter Seniorität diese Schwelle übersteigen, aber auch für Beteiligungsprogramme von Start-ups auf kleinerem Level, wird damit unter Umständen eine vollständige Steuerfreistellung erreicht. 

Die Anhebung wird allerdings von einer wesentlichen Begleitregelung zur Vermeidung von unerwünschtem Einsatz des Freibetrags flankiert: So soll die steuerliche Begünstigung künftig auf Fälle beschränkt werden, in denen – sofern der gewährte Vorteil EUR 2.000 pro Kalenderjahr übersteigt – die Vermögensbeteiligungen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Fälle der Entgeltumwandlung wären hiervon mithin nicht erfasst. 

Gleichzeitig soll mit § 20 Abs. 4b EStG n.F. eine Haltefrist eingeführt werden, um Mitnahmeeffekte durch sofortige Veräußerungen zu vermeiden. Die Neuregelung sieht vor, dass die steuerfreien geldwerten Vorteile nicht zu den Anschaffungskosten bei der Ermittlung eines Veräußerungsgewinns aus der Beteiligung gehören, wenn die Veräußerung innerhalb von drei Jahren erfolgt. Dadurch erhöht sich mithin der etwaige Veräußerungsgewinn um den bisher steuerfrei belassenen Lohnanteil. Für Fälle einer wesentlichen Beteiligung i.S.v. § 17 EStG (mind. 1 %) soll dies ebenfalls gelten.

Deutlich gesteigerte Praxistauglichkeit von § 19a EStG, doch der Beratungsbedarf bei der Gestaltung von Mitarbeiterbeteiligungen verbleibt

Die durch den RegE zu ZuFinG vorgeschlagenen Änderungen der steuerlichen Rahmenbedingungen für Mitarbeiterbeteiligungen haben das Potential, den bisher in der Praxis eher stiefmütterlich genutzten § 19a EStG deutlich aufzuwerten und dessen Anwendung praxistauglicher zu machen. So werden notwendige Korrekturmaßnahmen, wie die Einbeziehung von Konzernunternehmen in den Anwendungsbereich, beabsichtigt und Schwellenwerte erheblich ausgeweitet, was sich positiv auswirken sollte. Wenig erfreulich aus Sicht von Mitarbeitern und Unternehmen ist allerdings, dass die Möglichkeit zu Pauschalversteuerung entfallen ist.

Im Hinblick auf die Vielzahl der möglichen Gestaltungen von Mitarbeiterbeteiligungen (u.a. auch durch virtuelle Programme, Growth oder Hurdle Shares etc.) werden Unternehmen gleichwohl nicht umher kommen, sich im Falle der Ausgabe von Anteilen an ihr Personal, eingehend steuerlich beraten zu lassen.

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: Mitarbeiterbeteiligungen Steuerrecht Zukunftsfinanzierungsgesetz