BGH konkretisiert Anforderungen an die Einwilligung in E-Mail-Werbung: Diese ist nur wirksam, wenn sie für den Einwilligenden hinreichend transparent ist.
Der BGH hat entschieden, dass eine vorformulierte Einwilligung in belästigende E-Mail-Werbung nach AGB-Recht intransparent und damit unwirksam ist, wenn die Werbenden und die zu bewerbenden Produkte lediglich mittels eines Links auf sogenannte „Sponsoren″ unzureichend erkennbar sind (BGH, Urteil vom 14.03.2017, Az. VI ZR 721/15).
Neben allgemein zivilrechtlichen Ansprüchen hat die Entscheidung dabei sowohl wettbewerbs- wie auch datenschutzrechtliche Bezüge.
Der Sachverhalt: Zusendung von Werbung ohne Einwilligung?!
Dem Urteil liegt ein Rechtsstreit zwischen einem Handelsvertreter – Kläger – und einem Verlag – Beklagte – zugrunde. Der Kläger erhielt im März 2013 von nicht am Rechtsstreit beteiligten Unternehmen E-Mails mit Werbung für Produkte der Beklagten. Die Beklagte weigerte sich nach Abmahnung durch den Kläger, eine entsprechende Unterlassungserklärung abzugeben. Der Kläger verlangte daraufhin im Klagewege die Unterlassung der Zusendung von Werbung der Beklagten per elektronischer Post durch die Beklagte selbst oder durch Dritte auf die Veranlassung der Beklagten ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung.
Die Beklagte verteidigte sich damit, dass der Kläger eine entsprechende ausdrückliche Einwilligung abgegeben hätte, indem er seine E-Mail-Adresse an eine Freeware-Plattform übermittelte, um dort ein Softwareprogramm herunterladen zu können. Unterhalb des Eingabefeldes für die E-Mail-Adresse sei der Kläger darauf hingewiesen worden, dass die E-Mail-Adresse für den Betreiber der Website und dessen Sponsoren für werbliche Zwecke freigegeben werde und er in unregelmäßigen Abständen Werbung per E-Mail erhalten werde. Zudem habe der Kläger von der Freeware-Plattform eine E-Mail mit einem Downloadlink und dem folgenden Text bekommen:
Sobald der Link bestätigt wird startet der Download und Sie stimmen den unter …de hinterlegten Nutzungsbedingungen zu, die auch ein Einverständnis in werbliche Informationen von uns sowie den F.A. Sponsoren enthalten
Weiterhin hätte in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Freeware-Plattform-Website gestanden:
Mit Abgabe seiner persönlichen Daten erklärt der Nutzer sein Einverständnis, dass er von F.M. Limited und den hier genannten Sponsoren Werbung per E-Mail an die vom Nutzer angegebene E-Mail-Adresse erhält. Der Nutzer kann der werblichen Nutzung seiner Daten durch F.M. Limited jederzeit durch eine E-Mail an Info@… widersprechen
Das Wort „hier″ habe zu einer Sponsorenliste geführt.
BGH: Einwilligung unwirksam – E-Mail-Werbung ist widerrechtlich erfolgt
Der BGH hat die E-Mail-Werbung – selbst bei Vorliegen der von der Beklagten behaupteten Einwilligung – als nicht wirksam bewertet und hierin einen widerrechtlichen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gesehen. Ein direkter Anspruch aus §§ 7, 8 UWG scheide dagegen mangels Wettbewerbereigenschaft des Klägers aus.
Die Entscheidung führt die Rechtsprechung des BGH zu den AGB-rechtlichen Anforderungen an vorformulierte Einwilligungen in belästigende Werbung fort. Bereits in einem Urteil aus dem Jahr 2012 (BGH, Urteil vom 25.10.2012, Az. I ZR 169/10) hatte der BGH festgestellt, dass vorformulierte Einwilligungen in belästigende Werbung, dort Telefonwerbung, der Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB unterworfen sind.
Entscheidend für die AGB-Prüfung sei, ob die Voraussetzungen aus Art. 2 Satz 2 Buchst. f der Richtlinie 2002/58/EG in Verbindung mit Art. 2 Buchst. h der Richtlinie 95/46/EG eingehalten würden. Danach müsse die Einwilligung ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgen. In der Entscheidung aus 2012 sah der BGH die Anforderung nicht erfüllt an. Die Einwilligung sei nicht „für den konkreten Fall″ abgegeben worden, da für die Verbraucher anhand der Einwilligung nicht ersichtlich war, wer zu dem Kreis der möglichen Werbeanrufer gehörte. Dies stelle eine Verletzung des Transparenzgebots dar.
Verletzung des Transparenzgebots bei unzureichender Aufklärung des Einwilligenden
In der nunmehr neuen Entscheidung war es daran anknüpfend ebenfalls entscheidend, ob der Link zu der Sponsorenliste die Anforderung an eine Einwilligung für den „konkreten Fall″ erfüllt. Eine Einwilligung wird nach Ansicht des BGH für den konkreten Fall erteilt, wenn klar ist, welche Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmen konkret erfasst sind.
Der BGH sieht in der Einwilligung in Verbindung mit der Sponsorenliste lediglich eine (verdeckte) Generaleinwilligung. Kritisch sei bereits, dass die Liste durch die Verlinkung nicht abschließend sei und somit weitere Sponsoren hinzugefügt werden könnten. In jedem Fall bliebe aber offen, auch unter Hinzuziehung der Sponsorenliste, für welche Produkte und Dienstleistungen die Sponsoren werben. Aus den Firmen der Unternehmen könne dies nicht geschlossen werden, sondern bliebe für den Empfänger unüberschaubar. Es sei nicht nur die abschließende Angabe der Sponsoren, sondern darüber hinaus auch die Angabe für welche Produkte und Dienstleistungen geworben werden darf, erforderlich.
Unterlassungsanspruch nicht nur auf eine E-Mail-Adresse bezogen
Der BGH widersprach auch der Ansicht des Berufungsgerichts, wonach der Unterlassungsanspruch an § 242 BGB scheitere. Zwar hatte der Kläger der Speicherung seiner E-Mail-Adresse in einer „Blacklist″ widersprochen. Durch diese sollte eine weitere Versendung von Werbung verhindert werden. Nach Ansicht des BGH sei jedoch zum einen die Nutzung einer solchen Liste zur Verhinderung weiterer Zusendungen nicht erforderlich, zum anderen ist der Unterlassungsanspruch nicht nur auf die benannte E-Mail-Adresse bezogen, sondern weiterreichend.
Der Unterlassungsanspruch schließt zudem die Pflicht zur Vornahme zumutbarer Handlungen mit ein, um die Störungsquelle zu beseitigen. Dies umfasst erforderlichenfalls auch die rechtliche oder tatsächliche Einwirkung auf Dritte. Der damit verbundene wirtschaftliche Aufwand ist laut BGH unter dem Rechtsgedanken des § 275 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht unverhältnismäßig.
Eine abschließende Entscheidung hinsichtlich der Zumutbarkeitsgrenze für Beseitigungshandlungen im konkreten Fall trifft der BGH mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen nicht.
Umfassende und abschließende Information für Einwilligenden bereitstellen
Die Entscheidung bedeutet für Werbetreibende erhöhte Sorgfaltsanforderungen beim Versand von Werbe-E-Mails. Es ist stets darauf zu achten, dass der einwilligende Verbraucher umfassend über die Werbenden und deren jeweilige Produkte und Dienstleistungen informiert wird. Dies gilt auch, sofern sich der Werbetreibende Dritter Unternehmen zur Versendung der Werbung bedient.
Sofern Unterlassungsverpflichtungen bestehen, ist zu beachten, dass bei der Einschaltung Dritter zur Versendung von Werbe-E-Mails auch eine Pflicht bestehen kann, auf diese einzuwirken.