24. Februar 2023
Einwilligung E-Mail-Werbung
TMC – Technology, Media & Communications

Unerlaubte E-Mail-Werbung trotz Einwilligung?!

Eine Einwilligung für E-Mail-Werbung muss hohen gesetzlichen Anforderungen genügen. In zwei Urteilen wurden diese Anforderungen jetzt konkretisiert.

E-Mail-Werbung ohne ausdrückliche Einwilligung der empfangenden Verbraucher:innen gilt nach § 7 Abs. 1, 2 Nr. 2 UWG als unzumutbare Belästigung und ist daher wettbewerbswidrig. Das bedeutet, dass bei jeder Form des E-Mail-Marketings, sei es in Form von allgemeinen Newslettern oder personalisierten Werbemails, grds. vor der Versendung eine Einwilligung eingeholt werden muss (zur Ausnahme bei Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen siehe unten). Ansonsten drohen insbesondere Abmahnungen und Unterlassungsansprüche von Verbraucherschutzverbänden und Wettbewerbern.

Die von den Verbraucher:innen abzugebende Einwilligungserklärung muss strenge rechtliche Vorgaben erfüllen, die insbesondere von der Rechtsprechung entwickelt werden. Ausgangspunkt ist die Definition von „Einwilligung“ in Art. 4 Nr. 11 DSGVO

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck „Einwilligung“ der betroffenen Person jede freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist.

In zwei Entscheidungen aus dem November 2022 beschäftigen sich das OLG Hamm (Urteil v. 3. November 2022 – I-4 U 201/21) und das KG Berlin (Urteil v. 22. November 2022 – 5 U 1043/20) mit der Wirksamkeit von Einwilligungen zu E-Mail-Werbung.

OLG Hamm: Unternehmen müssen bei Einwilligungserklärung zwischen personalisierter und nicht-personalisierter Werbung differenzieren

Im Fall des OLG Hamm bot die Beklagte ihre Waren als Einzelhändlerin sowohl online über einen Webshop als auch im stationären Handel an. In einem Antrag für Kund:innen zur Anmeldung für ein Bonusprogramm verwendete die Beklagte folgende Klausel:

Einwilligung in das Kundenkartenbonusprogramm

Ich bin damit einverstanden, dass die von mir angegebenen persönlichen Daten (…E‑Mail Adresse…) sowie meine Kaufrabattdaten (Kaufdaten und Kaufpreis) zum Zwecke des Kundenkartenprogramms und für Werbezwecke (… per E-Mail) von der A GmbH & Co. KG gespeichert, verarbeitet und genutzt werden.

Nach erfolgter Einwilligung erhielten Kund:innen von der Beklagten sowohl allgemein werbende Newsletter als auch personalisierte E-Mails auf Basis der Anmeldung zum Bonusprogramm. 

Das OLG Hamm hielt die Einwilligungserklärung für zu unbestimmt. Nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen komme es für die Bewertung der hinreichenden Bestimmtheit der Erklärung darauf an,

ob aus der Sicht des Erklärenden bei verständiger Würdigung eine Einwilligung des Werbenden für die betreffende Kontaktaufnahme zu Werbezwecken anzunehmen ist. Er darf dabei von einem normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher ausgehen. Maßgebend ist der Durchschnitt der jeweils angesprochenen Verbrauchergruppe. Hat der Werbende – wie zumeist – die Erklärung vorformuliert kommt es darauf an, ob der Durchschnittsverbraucher ihr eine Einwilligung entnehmen kann (…).

Auf dieser Grundlage werde im vorliegenden Fall nicht hinreichend klar, dass die Einwilligung sowohl die Übersendung personalisierter Werbung als auch allgemeiner Newsletter umfasse:

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Erklärung dagegen nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass sich die Einwilligung einerseits auf den Erhalt von (personalisierten) Newslettern im Rahmen des Kundenkartenprogramms, andererseits – und davon abgegrenzt – auf den Erhalt von allgemeinen „Newslettern“bezieht. Für ein derartiges Verständnis wäre es vielmehr Voraussetzung, dass die Beklagte diese Unterscheidung und Aufspaltung der Einwilligung für den durchschnittlichen Kunden verständlich erläutert hätte. 

Aus dem Text ergebe sich für Verbraucher:innen insbesondere nicht, dass sie der Übersendung von personalisierter Werbung zustimmen:

Den von der Beklagten vorformulierten Text versteht der Durchschnittsverbraucher ohne diese Erläuterung so, dass er damit eine Einwilligung erteilt hat, die E-Mail-Adresse für die Teilnahme an dem Kundenkartenprogramm (z.B. durch Übermittlung von Gutscheinen, Abfragen der Aktualität der hinterlegten Daten o.ä.) und auch für allgemeine Werbezwecke – nämlich sämtliche sonstige Werbemaßnahmen per E-Mail einheitlich – zu nutzen.

KG Berlin: Werbung trotz Einwilligung unzulässig, wenn Newsletter mit höherer Frequenz verschickt wird

Das Kammergericht Berlin hatte einen Fall zu entscheiden, bei dem die Verbraucher:innen eine Einwilligung für einen wöchentlichen Newsletter-Versand abgegeben hatten. Tatsächlich wurden die Werbe-E-Mails aber in einer höheren Frequenz versendet, mitunter mehrmals pro Woche. Das Gericht entschied, dass sich die Einwilligung nur auf die angegebene wöchentliche Frequenz erstreckt und bei einer höheren Frequenz mangels wirksamer Einwilligung eine unzumutbare Belästigung nach § 7 Abs. 1 UWG vorliegt:

Das Charakteristische der Verletzungshandlung besteht vorliegend darin, dass E-Mails mit werblichem Inhalt nicht im Wochenabstand, sondern in kürzerer Frequenz versandt werden, obwohl eine Einwilligung nur hinsichtlich eines wöchentlichen Versandes erteilt worden ist. Dabei ist es ohne Belang, ob noch nie eine Einwilligung zum täglichen Versand vorlag (sondern immer nur eine Einwilligung zum wöchentlichen Versand) oder ob eine frühere weitergehende Einwilligung später auf den wöchentlichen Versand eingeschränkt worden ist. In beiden Fällen ist der Versand in höherer Frequenz nicht von der Einwilligung gedeckt und damit wettbewerbswidrig.

Der Versand von Werbe-E-Mails mit einer höheren Frequenz wäre durchaus möglich gewesen. Aber eben nur, wenn dies auch von der Einwilligungserklärung gedeckt ist und insofern keine Begrenzung besteht. 

Einwilligung nur bei Direktwerbung für ähnliche Produkte entbehrlich

Ausnahmsweise kann bei Direktwerbung via E-Mail auf die vorherige Einwilligung verzichtet werden. Allerdings nur bei bereits bestehenden Kunden und wenn die folgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind (§ 7 Abs. 3 UWG):

  • Das Unternehmen hat die E-Mail-Adresse der Kund:innen im Zusammenhang mit dem Kauf einer Ware oder Dienstleistung erhalten
  • Die Adresse wird zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet
  • Die Kund:innen haben der Verwendung nicht widersprochen
  • Die Kund:innen werden bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen, dass sie der Verwendung jederzeit widersprechen können, ohne dass dafür zusätzliche Kosten entstehen.

Hohe rechtliche Anforderungen für den Text der Einwilligungserklärung

Die Urteile aus Hamm und Berlin bestätigen, dass insbesondere an die Bestimmtheit von Einwilligungserklärungen hohe rechtliche Anforderungen zu stellen sind. Sollen Verbraucher:innen auch personalisierte Werbung erhalten, ist der allgemeine Hinweis auf die Übersendung von E-Mails „zu Werbezwecken“ unzureichend. Vielmehr müssen sowohl die Art als auch der Inhalt der geplanten Werbung für die Verbraucher:innen klar erkennbar sein. Wird in der Einwilligungserklärung eine Frequenz angegeben, muss diese auch eingehalten werden. Eine Ausnahme vom Einwilligungserfordernis gilt nach der sog. „Bestandskundenregelung“ nur unter den strengen Vorgaben von § 7 Abs. 3 UWG.

Aufgrund der strengen Anforderungen kann die wirksame Formulierung einer Einwilligungserklärung schwierig sein. Dies gilt insbesondere, wenn verschiedene Werbemaßnahmen abgedeckt werden sollen. Länge und Komplexität können dabei zu Lasten der User Experience gehen. Trotzdem sollten die Anforderungen der Rechtsprechung umgesetzt werden. Das Thema ist „heiß“, da unwirksame Einwilligungen regelmäßig Gegenstand von Rechtsstreiten sind. Zudem droht neben dem UWG-Verstoß auch ein bußgeldbewehrter DSGVO-Verstoß, da ohne wirksame Einwilligung auch keine datenschutzrechtliche Rechtsgrundlage für die Verarbeitung der personenbezogenen Daten vorliegt.

Tags: E-Mail-Werbung Einwilligung
Avatar-Foto

Alexandra Zimmermann