16. November 2022
Verbraucherverband Klagebefugnis DSGVO
Datenschutzrecht

Klagebefugnis von Verbraucherverbänden bei DSGVO-Verstößen – Zweite Runde beim EuGH

BGH legt dem EuGH erneut eine Frage zur Klagebefugnis von Verbraucherverbänden bei DSGVO-Verstößen vor. Es geht um die Voraussetzung „infolge einer Verarbeitung“.

In der mit Spannung erwarteten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Klagebefugnis von Verbraucherschutzverbänden, die für den 10. November 2022 angekündigt war, gibt es weiterhin keine Entscheidung in der Sache. Statt ein Urteil zu fällen, stellte der BGH fest, dass nach seiner Ansicht noch eine Frage offen sei, und hat somit diese Frage dem EuGH vorgelegt (Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs).

Anlass für die Klage der Verbraucherverbände: Übermittlung von Nutzerdaten ohne ausreichende Rechtsgrundlage in der DSGVO

Die dem Verfahren zugrundeliegende Rechtsfrage ist, ob Verbraucherverbände objektivrechtlich, d.h. ohne den konkreten Auftrag einer Verbraucherin / eines Verbrauchers, DSGVO-Verstöße gerichtlich durchsetzen dürfen.

Anlass für die Klage der Verbraucherschutzverbände waren Verstöße im „App-Zentrum“ der Betreiberin eines sozialen Netzwerks gewesen, in dem kostenlose Spiele von Drittanbieterinnen und Drittanbietern erworben werden konnten. Durch Anklicken der Spiele wurde automatisch der Übermittlung diverser (auch personenbezogener) Daten (u.a. Statusmeldungen und Fotos) zugestimmt. Die Verbraucherschützer mahnten an, dass diese Übermittlung und Verarbeitung der personenbezogenen Daten weder transparent noch auf eine ausreichende Rechtsgrundlage gestützt sei. Es fehle aber vor allem an der notwendigen Information gemäß Art. 13 und 14 DSGVO.

EuGH räumte Verbraucherschutzverbänden auch ohne Auftrag einer Verbraucherin / eines Verbrauchers grundsätzliche Klagebefugnis ein 

Der BGH entschied am 28. Mai 2020, dem EuGH die Frage vorzulegen, ob Art. 80 DSGVO (insbesondere Abs. 2) einer deutschen Regelung des UWG entgegenstehe, wonach Verbraucherschutzverbände bei Rechtsbrüchen ebenfalls klagebefugt seien. Der BGH sah es als möglich an, dass die DSGVO mit Blick auf die Klagebefugnis abschließende Regelungen treffe und eine Durchsetzung von Rechten ohne konkreten Klageauftrag damit nicht möglich sei.

Der EuGH entschied diese Frage am 28. April 2022 (Az. C-319/20) dahingehend, dass die DSGVO in diesem Fall keine abschließende Regelung treffe und die DSGVO den nationalen Regelungen aus dem UWG daher nicht entgegenstehe. Eine Klage der Verbraucherschutzverbände sei auch dann zulässig, wenn kein konkreter Auftrag einer Verbraucherin / eines Verbrauchers vorliege. Die nationalen Regelungen müssen allerdings bestimmte Anforderungen an den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich stellen. 

Die neue Frage des BGH betrifft Art. 80 Abs. 2 DSGVO

Die Entscheidungen der Gerichte drehen sich um die Auslegung von Art. 80 Abs. 2 DSGVO, der wie folgt lautet:

Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass jede der in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Einrichtungen, Organisationen oder Vereinigungen unabhängig von einem Auftrag der betroffenen Person in diesem Mitgliedstaat das Recht hat, bei der gemäß Artikel 77 zuständigen Aufsichtsbehörde eine Beschwerde einzulegen und die in den Artikeln 78 und 79 aufgeführten Rechte in Anspruch zu nehmen, wenn ihres Erachtens die Rechte einer betroffenen Person gemäß dieser Verordnung infolge einer Verarbeitung verletzt worden sind.

Der BGH stellt sich nun noch die Frage, ob die hier gerügte Verletzung der DSGVO „infolge einer Verarbeitung“ erfolgt sei. Gerügt wird nämlich vor allem die Verletzung bzw. das Unterbleiben einer ausreichend transparenten Information der Nutzerinnen und Nutzer der Plattform. 

Weiterhin keine Klarheit mit Blick auf Klagebefugnis für Verbraucherschutzverbände 

Es ist damit zu rechnen, dass die Beantwortung dieser Frage durch den EuGH einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Legt man die Dauer des letzten Vorlageverfahrens des BGH in dieser Sache zu Grunde, ist mit zwei Jahren zu rechnen. Mit einer Antwort wäre sodann erst gegen Ende des Jahres 2024 oder sogar erst Anfang 2025 zu rechnen. 

Dies ist vor allem für diejenigen Klägerinnen und Kläger bedauerlich, deren Verfahren in den unteren Instanzen bereits von Verbraucherverbänden anhängig gemacht wurden und die sich mit der für heute angekündigten Entscheidung endlich Klarheit über die Klagebefugnis erhofft hatten. 

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