24. November 2015
PSD II, E-Commerce
E-Commerce Recht

PSD II: Auswirkungen auf die Handelsvertreterausnahme

PSD II: Möchte eine E-Commerce-Plattform die Handelsvertreterausnahme beanspruchen, muss sie dem Lager einer der beteiligten Parteien zuzuordnen sein.

Die EU-Kommission hatte am 24. Juli 2013 einen Vorschlag für eine geänderte Zahlungsdiensterichtlinie im Binnenmarkt veröffentlicht (Payment Services Directive 2 = PSD II).

Am 05. Mai 2015 wurde der Inhalt der PSD II final in den sogenannten „Trilog-Verhandlungen″ zwischen Europäischem Rat, Kommission und Parlament abgestimmt. Mit einer formellen Verabschiedung der PSD II ist im Herbst dieses Jahres zu rechnen. Ab Inkrafttreten der PSD II verbleiben den Mitgliedsstaaten zwei Jahre für deren Umsetzung in nationales Recht.

Die bisherige Handelsvertreterausnahme

In Deutschland wurde der aufsichtsrechtliche Teil der PSD 1 im Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) umgesetzt. Das ZAG sieht in § 1 Abs. 10 Nr. 2 vor, dass Handelsagenten, die befugt sind, im Namen des Zahlers oder des Zahlungsempfängers Verträge über Waren oder Dienstleistungen zu verhandeln oder abzuschließen, für die Zahlungsabwicklung keine Erlaubnis benötigen.

Es war naheliegend, dass sich diverse E-Commerce-Plattformen auf diese Handelsvertreterausnahme berufen haben, um die Zahlungen von Käufern an Anbieter der Plattform zunächst selbst einzuziehen und dann weiterzuleiten. Diese Möglichkeit ist für E-Commerce-Plattformen mit vielen Vorteilen verbunden, insbesondere der Möglichkeit, die Provision direkt einzubehalten. Ebenso ist eine zentrale Zahlungsabwicklung auch für die Käuferseite sehr viel bequemer als sich mit jedem Anbieter selbst über Zahlungen zu verständigen.

Bisherige Verwaltungspraxis der BaFin

In Deutschland hat die zuständige Aufsichtsbehörde, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), diese Ausnahme jedoch von vornherein eher restriktiv ausgelegt.

Spätestens nach dem viel diskutierten Urteil „Pizza.de gegen Lieferheld″ des Landgerichts Köln vom Herbst 2011 (Az. 81 O 91/11) war bekannt, dass die sogenannte „Handelsvertreterausnahme″ für E-Commerce-Plattformen grundsätzlich nicht anzuwenden ist. Die BaFin orientierte sich von Anfang an streng am Wortlaut der Regelung und verlangte daher eine tatsächliche Befugnis zum Aushandeln oder Abschließen eines Kauf- oder Dienstleistungsvertrages.

Dieses Merkmal ist bei E-Commerce-Plattformen regelmäßig nicht gegeben, da die Parteien selbst entscheiden, ob der Vertrag geschlossen wird und üblicherweise auch kein tatsächliches Aushandeln des Vertrages stattfindet. Sofern ein Geschäftsmodell im Bereich des Plattform-Geschäfts die von der BaFin angelegten Maßstäbe tatsächlich erfüllt, ist die Anwendung der Handelsvertreterausnahme dennoch möglich.

Die neue Handelsvertreterausnahme nach der PSD II

In Erwägungsgrund 11 des PSD II-Vorschlages in der Trilog-Fassung vom 05. Mail 2012 wird von der Europäischen Kommission klargestellt, dass die Handelsvertreterausnahme in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich angewendet wurde. In manchen Mitgliedstaaten war es insbesondere möglich, dass E-Commerce-Plattformen als Vermittler beider Parteien gehandelt haben – auch ohne eine tatsächliche Verhandlungsbefugnis.

Es wird nunmehr klargestellt, dass dies nicht dem Zweck der Ausnahme entsprach. Die neue Handelsvertreterausnahme sieht nun vor, dass der Agent entweder vom Zahler (Käufer) oder vom Zahlungsempfänger (Anbieter) aufgrund einer ausdrücklich geschlossenen Vereinbarung einen Vertrag verhandeln oder abschließen und im Auftrag und im Interesse einer dieser Parteien tätig werden muss.

Damit wird entsprechend der bisherigen Verwaltungspraxis der BaFin nun in der PSD II ausdrücklich geregelt, dass eine E-Commerce-Plattform, die die Handelsvertreterausnahme beanspruchen möchte, eindeutig dem Lager einer der beteiligten Parteien zuzuordnen sein muss. Neu ist ferner, dass dies aufgrund einer Vereinbarung geschehen muss. Ob für eine solche Vereinbarung übliche AGB ausreichend sind, ist fraglich. Es bleibt abzuwarten, wie die BaFin dieses neue Tatbestandsmerkmal auslegt.

Fazit: Änderungen zur Handelsvertreterausnahme in der PSD II ohne große Auswirkungen

In Deutschland dürfte sich durch die Anpassung der Handelsvertreterausnahme in der PSD II relativ wenig ändern, da die BaFin diese auf E-Commerce-Plattformen schon bisher sehr restriktiv angewendet hat.

Ob im Einzelfall auch im Bereich der E-Commerce-Plattformen tatsächlich die Voraussetzungen der Handelsvertreterausnahme erfüllt sind, bedarf dennoch einer sorgfältigen Prüfung und einer guten Begründung. Sofern sich ein Geschäftsmodell tatsächlich von der üblichen E-Commerce-Plattform, die Waren oder Gebrauchsgegenstände vermittelt, abhebt, bleibt die Anwendung der Handelsvertreterausnahme eine Option, insbesondere wenn der Plattformbetreiber tatsächlich einen engen Kontakt mit der von ihm vertretenen Partei pflegt und tatsächlich auf die Preisgestaltung Einfluss nimmt.

Darüber hinaus bleibt es für Betreiber von E-Commerce-Plattformen schwierig, denn es stehen keine weiteren gesetzlichen Ausnahmebestimmungen zur Verfügung. Hinzu kommt, dass das bisher gängige Factoring-Modell, bei dem sich der Plattformbetreiber die Forderungen des Verkäufers abtreten ließ, von der BaFin zunehmend als problematisch angesehen wird. Sofern eine E-Commerce-Plattform weiterhin die Zahlungsabwicklung durchführen möchte, bleiben das sog. Streckengeschäft oder die Kooperation mit einer Bank oder einem Zahlungsinstitut.

Tags: e-commerce PSD II