4. September 2012
zack!
Presserecht

Eine Richtigstellung ersetzt nicht die Unterlassungserklärung

…findet das Landgericht Köln (Urteil vom 15.08.2012 – 28 O 199/12) – jedenfalls in dem Fall, in dem es auf Antrag der CSU-Politikerin und Präsidentin des Bundes der Vertriebenen eine einstweilige Verfügung wegen einer Presseveröffentlichung erlassen hatte. Darin ging es um eine Äußerung, die die Antragstellerin nicht getätigt hatte.

Diese Äußerung war ihr in dem streitgegenständlichen Artikel „untergeschoben″ worden. Dort hieß es unter anderem mit Blick auf Äußerungen eines Mitglieds der Piratenpartei:

„Sie nimmt kein Ende, sie kommt immer wieder. Sie begleitet uns über Generationen, und längst hat sie auch im Internet ihre Freunde: die Leugnung des Holocaust, die Relativierung deutscher Schuld am Zweiten Weltkrieg, die Beschönigung einer historisch einmaligen Diktatur. Jetzt hat es auch die Piraten erwischt. Ihr Mitglied Z wiederholte mit Blick auf Hitlers Überfall auf Polen 1939, was auch die Politikerin M schon verkündete. Z schrieb: ‚Wenn Polen Deutschland den Krieg erklärt hat (und das hat Polen durch die Generalmobilmachung), dann hatte Deutschland jede Legitimation, Polen anzugreifen.'″

Dass sie dies „auch schon verkündet″ habe, entbehre jeder Tatsachengrundlage, so die Argumentation der Antragstellerin.

Der Verlag hatte daraufhin eine „Richtigstellung″ gedruckt, die wie folgt lautete:

„Frau M hat recht, diese Äußerung hat sie nicht getan. Unser Kommentar bezog sich auf eine Sitzung des CDU/CSU-Fraktionsvorstandes im September 2012, bei der sie unter anderem einen Vertriebenenfunktionär in Schutz nahm, der den Angriff Deutschlands als ‚zweiten Schritt‘ nach Polens Mobilmachung bezeichnet haben soll. Dabei soll M selbst allerdings lediglich auf die Mobilmachung Polens verwiesen haben. Sie verwahrte sich anschließend gegen den Vorwurf der ‚Geschichtsklitterung‘ mit dem Argument, sie habe mit diesem Hinweis die Kriegsschuld Deutschlands nicht relativieren wollen.“

Die Unrichtigkeit des Zitats und der begründete Unterlassungsanspruch standen also zwischen den Parteien nicht in Streit. Vielmehr ging es in dem Verfahren um die Frage, ob eine Richtigstellung die Wiederholungsgefahr für eine rechtswidrige Äußerung ausräumen kann. Das Landgericht verneinte dies:

„Grundsätzlich muss eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben werden, weil, wenn ein rechtswidriger Eingriff bereits stattgefunden hat und damit die Gefahr der Wiederholung naheliegt. Dass ein einmal erhobener rechtswidriger Vorwurf wiederholt wird, ist deswegen grundsätzlich zu vermuten (Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, RN 12.8 m. w. N. aus der Rspr.). Ausnahmsweise kann die Wiederholungsgefahr auch anderweitig ausgeräumt werden, z. B. durch die Veröffentlichung einer Richtigstellung (vgl. Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage, Kap. 12.12). Dies gilt dann, wenn für den Leser umfassend klargestellt wird, dass die Erstmitteilung unzutreffend war (vgl. OLG Köln in AfP 1989, 764) und die Richtigstellung auch zeitnah erfolgt. Die Bewertung, ob eine Richtigstellung ausreichend ist, steht unter der dargestellten Prämisse, dass im Interesse des Rechtsschutzes eines Betroffenen, der bereits einmal das Opfer eines Eingriffs in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht geworden ist, an die Widerlegung der Vermutung der Wiederholungsgefahr hohe Anforderungen gestellt werden müssen.″

Diese Anforderungen seien im konkreten Fall nicht erfüllt:

„[…]Die Richtigstellung stellt keine Erklärung gegenüber dem Verletzer dar, sondern ist in ihrer Wirkung auf die Öffentlichkeit angelegt. Es geht darum, dass sie Fehlvorstellungen beseitigen soll, die in der Öffentlichkeit entstanden sind, so dass sie dementsprechend in geeigneter Weise so verbreitet werden muss, dass möglichst sämtliche Rezipienten erreicht werden (vgl. Gamer, a. a. O., Rn. 13.90). Um dieses Ziel zu erreichen ist sie grundsätzlich an derselben Stelle zu platzieren wie die Erstmitteilung, also etwa im gleichen Teil der Zeitung. Wenn sich die zu berichtigende Erklärung auf der Titelseite oder im Editorial befunden hat, muss auch die Berichtigung dort abgedruckt werden (Gamer a. a. O., Rn. 13.91 m. w. N.). Diese Grundsätze gelten entsprechend auch für Internetveröffentlichungen. Maßgeblich muss sein, dass die Rezipienten der Erstmitteilung durch das veröffentlichende Medium selbst auf die Richtigstellung hingeleitet werden, dies in einer Weise, die dem Auffinden der Erstmitteilung entspricht. Hieraus folgt, dass die Veröffentlichung der Richtigstellung im Printmedium und im Internet nicht in ausreichender Weise erfolgte.

[…] Diese Platzierung der Richtigstellung in einer anderen Rubrik und an einer weniger auffälligen Stelle ist nicht geeignet, denselben Leserkreis zu erreichen wie die Ausgangsmitteilung. Eine Richtigstellung eines Leitartikels wird an dieser Stelle nicht erwartet.″

Tags: Äußerung Persönlichkeitsrecht Rechtsprechung Richtigstellung Unterlassungserklärung Wiederholungsgefahr