Unter bestimmten Voraussetzungen steht Journalisten ein Zeugnisverweigerungsrecht zu. Das OVG Lüneburg zeigt Grenzen im Verwaltungsverfahren auf.
Das Zeugnisverweigerungsrecht im Strafrecht aus § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, S. 2 und 3 StPO erlaubt Journalisten insbesondere, ihre Informanten geheim zu halten. Es besteht also Quellenschutz. Kann dieses strafprozessuale Zeugnisverweigerungsrecht auch in verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine Rolle spielen?
Journalist sollte Aussage bestätigen – er beruft sich auf das Zeugnisverweigerungsrecht
Ein Pressevertreter hatte an einer Versammlung teilgenommen. Diese Versammlung wurde zu einem späteren Zeitpunkt Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Dabei spielte u.a. die Frage eine Rolle, ob bestimmte Redebeiträge auf der Versammlung von den Zuhörern akustisch wahrgenommen werden konnten. Der Pressevertreter hatte hierzu in einem journalistischen Beitrag in einer Zeitung folgendes ausgeführt:
Die Reden […] gingen unter.
Der Pressevertreter sollte in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren diese Aussage aus seinem Zeitungsbeitrag als Zeuge bestätigen oder inhaltlich widerrufen. Der Pressevertreter wollte jedoch insoweit ein Zeugnisverweigerungsrecht für sich in Anspruch nehmen. Das Verwaltungsgericht teilte diese Auffassung aber nicht, so dass das OVG Lüneburg in dieser Frage entscheiden musste (Beschluss vom 21.07.2014, Az. 10 OB 49/14).
Kein Zeugnisverweigerungsrecht eines Journalisten für eigene berufsbezogene Wahrnehmungen
Nach Auffassung des OVG Lüneburg ergibt sich für den Journalisten kein Zeugnisverweigerungsrecht aus § 98 VwGO iVm § 383 Abs. 1 Nr. 5 ZPO. Hieraus könne sich allenfalls ein Zeugnisverweigerungsrecht zu Gunsten eines Journalisten im Hinblick auf seine Tätigkeit gemachten Mitteilungen Dritter ergeben. Eigene – auch berufsbezogene – Wahrnehmungen eines Journalisten würden jedoch von diesem Zeugnisverweigerungsrecht nicht umfasst.
Auch aus anderen Regelungen zum Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten ergebe sich nichts anderes: Zwar seien die Regelungen aus § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, S. 2 und 3 StPO im Hinblick auf ein mögliches Zeugnisverweigerungsrecht weiter. Allerdings fehle die erforderliche planwidrige Regelungslücke, um diese weitergehenden strafprozessualen Zeugnisverweigerungsrechte auch in verwaltungsgerichtlichen Verfahren analog anzuwenden.
Zeugnisverweigerungsrecht des Journalisten aus Pressefreiheit ableitbar?
Schließlich sei es in der vorliegenden Konstellation auch nicht geboten, das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestehende Zeugnisverweigerungsrecht im Einzelfall zur Wahrung der Pressefreiheit zu erweitern. Der Pressevertreter solle vorliegend lediglich zu der Frage aussagen, ob er bestimmte Redebeiträge auf der von ihm besuchten Versammlung akustisch wahrnehmen konnte.
Zu diesem Thema habe sich der Pressevertreter bereits in seinem Zeitungsbeitrag geäußert. Somit sei eine Verletzung der Pressefreiheit ohne weitergehendes Zeugnisverweigerungsrecht zu Gunsten des Journalisten nicht zu erkennen. Denn dies würde letztlich bedeuten, dass ein Zeugnisverweigerungsrecht über die Richtigkeit eines in der Presse bereits veröffentlichten Zitats zugunsten eines Journalisten gewährt würde.
Auch nach der Entscheidung des OVG Lüneburg bleibt es also dabei, dass Journalisten in verwaltungsgerichtlichen Verfahren grundsätzlich kein Zeugnisverweigerungsrecht hinsichtlich berufsbezogene eigener Wahrnehmungen zusteht. Im Einzelfall denkbar bleibt aber die Ableitung eines Zeugnisverweigerungsrechts aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG, wenn eine Befragung von Journalisten zu eigenen berufsbezogenen Wahrnehmungen die Pressefreiheit berühren würde.