20. März 2023
eForms Vergabeverfahren
Vergaberecht

Die eForms kommen – Bekanntmachungen im Vergabeverfahren werden digital!

Vergabeverfahren werden digitaler. EU-Bekanntmachungen müssen ab diesem Jahr über elektronische Standardformulare erfolgen.

Mit einem ersten Gesetzentwurf ebnet die Bundesregierung den Weg für eine neue Form der Bekanntmachungen im Vergaberecht. Papierbasierte Muster werden gegen elektronische Standardformulare (eForms) ausgetauscht.

Weg von den bisherigen Mustern, hin zu eForms

Schon heute werfen Bieter keinen Blick mehr in die gedruckten lokalen Veröffentlichungsblätter der öffentlichen Auftraggeber. Öffentliche Aufträge werden in den entsprechenden elektronisch geführten Amts- und Veröffentlichungsblättern oder auf entsprechenden Plattformen bekannt gemacht. Bei Ausschreibungen oberhalb der Schwellenwerte des § 106 GWB ist die Veröffentlichung der Bekanntmachung beim Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union zwingend vorgeschrieben. Für Bieter ist daher der Tenders Electronic Daily (TED) eine Pflichtlektüre, um sich europaweit über Ausschreibungen der öffentlichen Hand zu informieren. Die dort verwendeten Bekanntmachungsformulare sind jedoch kein digitales Format im eigentlichen Sinne. Es handelt sich vielmehr um die Digitalisierung eines papierbasierten Verfahrens. Genau hier setzen die eForms an.

Europarecht gibt vor, wie Veröffentlichungen ab dem 24. Oktober 2023 zu erfolgen haben

Die Veröffentlichung von Aufträgen richtet sich im Oberschwellenbereich bislang nach den Vorgaben der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1986. So muss die Auftragsbekanntmachung dem Muster der Durchführungsverordnung entsprechen. Auf europäischer Ebene ist zwischenzeitlich eine Anpassung durch die Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780 vom 23. September 2019, zuletzt geändert durch die Durchführungsverordnung (EU) 2022/2303 vom 4. November 2022, erfolgt.

Die Durchführungsverordnungen sind zum 14. November 2022 in Kraft getreten. Für eine Übergangszeit bis zum 24. Oktober 2023 können öffentliche Auftraggeber jedoch noch auf die alten Formulare der Durchführungsverordnung von 2015 zurückgreifen. Kern der neuen Durchführungsverordnungen ist der Wechsel vom System der abgeschlossenen Formulare auf elektronische Standardformulare, die eForms. Das bedeutet, dass Veröffentlichungen künftig aus Datenfeldern bestehen, die unterschiedlich kombiniert werden können. Welche Datenfelder wann auszufüllen sind, regelt eine umfangreiche Tabelle in der Durchführungsverordnung. Einzelne Datenfelder sind demnach verpflichtend und andere lediglich optional. Mitgliedstaaten können entscheiden, ob sie optionale Datenfelder als Pflichtfelder einführen. Die konkrete Umsetzung der eForms hängt damit maßgeblich von den nationalen Umsetzungen ab.

Anpassung des Rechtsrahmens in Deutschland steht bevor

Die weitere Umsetzung der Durchführungsverordnungen soll in Deutschland durch die

Verordnung zur Anpassung des Vergaberechts an die Einführung neuer elektronischer Standardformulare („eForms“) für EU-Bekanntmachungen und an weitere europarechtliche Anforderungen

erfolgen. Ein erster Referentenentwurf der Bundesregierung lässt den neuen Rahmen für Veröffentlichungen in Deutschland bereits klar erkennen. Dreh- und Angelpunkt der Neugestaltung wird der neue § 10a VgV sein. Er enthält die Grundregeln, wie Bekanntmachungen künftig zu erstellen und zu übermitteln sind. In den anderen Bereichen wie der KonzVgV oder der SektVO wird auf § 10a VgV verwiesen. Im Übrigen werden in den jeweiligen Verordnungen die Verweise auf die Durchführungsverordnung redaktionell angepasst. 

Technischer Standard wird im Entwurf des § 10a VgV nur skizziert

Was die Festlegung eines Datenaustauschstandards betrifft, verankert der Entwurf des § 10a VgV lediglich, dass der Datenaustauschstandard eForms eingeführt wird. Die genauen technischen Umsetzungsvorgaben werden vom Bundesministerium des Innern im Bundesanzeiger bekannt gemacht.

Diese Regelungsform ist zu begrüßen, da sie eine flexible Handhabung gewährleistet. Anpassungen des eForms-Standards, die sich z.B. aus Vorgaben auf EU-Ebene ergeben, können so ohne großen Verfahrensaufwand schnell umgesetzt werden.

Angaben zu strategischen Aspekten der Beschaffung sind verpflichtend

Inhaltlich sieht der Entwurf vor, dass die Auftraggeber entscheiden können, welche Angaben sie in der Bekanntmachung machen, wenn diese in der Durchführungsverordnung als optional gekennzeichnet sind. Allerdings sieht der Entwurf in § 10a VgV abweichend von der Durchführungsverordnung vor, dass Angaben zu strategischen Aspekten der Beschaffung verpflichtend sind. Dazu gehören etwa soziale und umweltbezogene Aspekte, wesentliche Aspekte der Zuschlagskriterien oder die Teilnahmemöglichkeiten von KMU und Start-ups.

Der Gesetzgeber macht diese Angaben zur Pflicht, um Daten über die Ausschreibungs- und Vergabepraxis gewinnen zu können. Inwieweit diese Erweiterung der Pflichtangaben in einem ausgewogenen Verhältnis zum Mehraufwand für den Auftraggeber steht, wird die praktische Umsetzung zeigen müssen. 

Datenservice Öffentlicher Einkauf ersetzt nicht die etablierten Vergabeportale

Der Referentenentwurf sieht vor, dass der beim Bundesministerium des Innern eingerichtete Datenservice Öffentlicher Einkauf als Vermittlungsdienst und sog. nationaler eSender zur Übermittlung an das Amtsblatt der EU und damit in TED verwendet wird. Eingerichtet und betrieben wird der Datenservice Öffentlicher Einkauf vom Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Inneren.

Der Datenservice stellt somit ein Bindeglied zum TED dar. Aus dieser Funktion ergibt sich auch die für Beschaffer wichtige Information, dass er die etablierten Vergabeplattformen nicht ersetzt. Diese können weiterhin von den Vergabestellen genutzt werden. Eine Umorientierung ist nicht erforderlich. 

Bekanntmachungsservice als zentrale Informations- und Datenplattform in Deutschland

Zum Datenservice Öffentlicher Einkauf gehört zudem ein Bekanntmachungsservice. Zukünftig werden alle Bekanntmachungen, die über die Schnittstelle des Datenservice Öffentlicher Einkauf laufen, über den Bekanntmachungsservice veröffentlicht und frei zugänglich gemacht. Damit steht den Bietern eine zentrale Plattform für laufende Vergabeverfahren zur Verfügung, die bereits heute in Betrieb ist. Erhofft wird sich hiervon, dass insbesondere Start-ups und KMU der Zugang zu öffentlichen Aufträgen erleichtert wird. Die im Bekanntmachungsservice vorhandenen Daten sind zudem Open Data und stehen damit jedem zur Verfügung.

Das heißt, auch Vergabeportale privater Anbieter können die Daten nutzen. Der Bekanntmachungsservice stellt jedoch nur die grundlegenden Informationen zur Verfügung. Er schafft hingegen keine Vereinheitlichung für die Bereitstellung der Vergabeunterlagen. Hier müssen sich Bieter auch weiterhin mit den verschiedenen Vergabeplattformen auseinandersetzen, was einem einfachen Zugang nicht gerade zuträglich ist. Ob der Bekanntmachungsservice auch dem Ziel einer vereinfachten und stark individualisierbaren Ausschreibungssuche gerecht wird, muss jeder Nutzer für sich selbst beurteilen.

eForms und Einheitliche Europäische Eigenerklärung 

Die Verwendung der Einheitlichen Europäischen Eigenerklärung (EEE) bleibt von den eForms unberührt. Weiterhin gilt, dass über die EEE der vorläufige Eignungsnachweis erbracht werden kann. Durch den Einsatz von eForms soll es möglich sein, die Bekanntmachungen mit den Eingabefeldern der EEE zu verknüpfen. Dadurch soll die EEE einfacher und schneller vom Bieter ausgefüllt werden können. Darüber hinaus plant die EU-Kommission, die Suche nach Aufträgen zu erleichtern, indem die Angaben in der EEE hierfür verwendet werden. Einem Bieter würden dann etwa nur noch Aufträge angezeigt, die nicht oberhalb seines Umsatzes liegen. Inwieweit dies allein die Attraktivität der EEE in Deutschland erhöht, muss die Praxis zeigen.

Was gilt für den Unterschwellenbereich?

Die Regelungen der Durchführungsverordnung gelten nicht für den Unterschwellenbereich. Perspektivisch sieht der Gesetzgeber aber vor, auch hier auf das neue Bekanntmachungsverfahren zurückzugreifen. Es ist geplant, die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) in Abstimmung mit den Ländern anzupassen. Zudem sollen sich alle unterschwelligen Vergaben auf der Plattform des Bekanntmachungsservice wiederfinden und soll so ein zentraler Anlauf- und Informationspunkt für Bieter entsteht. 

Wird der Bekanntmachungsservice zu einer solchen Datendrehscheibe ausgebaut, wäre dies für einen Informationszugang sehr zu begrüßen. Für Bieter wäre dies eine nicht zu unterschätzende Erleichterung bei der Informationsbeschaffung. Gleichzeitig wäre auch die öffentliche Hand in der Lage, die Vergabepraxis lückenlos komplett zu monitoren. Ein Gewinn für alle Beteiligten.

Neben der Einführung der eForms gibt es weitere Veränderungen für das Vergabeverfahren. Die Einführung des § 10a VgV ergeht im Zuge der Verordnung zur Einführung neuer elektronischer Standardformulare („eForms“) für EU-Bekanntmachungen s.o. Durch diese Verordnung erfolgt auch die Aufhebung des § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV und damit der Entfall des Privilegs der getrennten Auftragswertberechnung. Lesen Sie mehr dazu unter: Änderung der Vergabeordnungen: Auftragswerte addieren! (cmshs-bloggt.de).

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