Am Freitag gab es Halbjahreszeugnisse in den Schulen, jedenfalls in Köln. Aber nicht nur Schüler erhalten Zeugnisse, auch der Bundesrechnungshof meldet sich immer wieder zu Wort und bewertet die Vergabepraxis des Bundes. Schlechte Noten gab es jetzt für die im Zuge des Konjunkturpakets II verabschiedeten Vergabeerleichterungen, die auch in den Ländern flächendeckend eingeführt worden waren:
Mit Datum vom 09.02.2012 hat der Bundesrechnungshof seinen Bericht über die Auswirkungen der Vergabeerleichterungen des Konjunkturpakets II auf die Beschaffung von Bauleistungen und freiberuflichen Leistungen bei den Bauvorhaben des Bundes vorgelegt. Der Bundesrechnungshof kommt zu dem Ergebnis, dass die mit den Vergabeerleichterungen verfolgten Beschaffungsziele nicht erreicht worden seien und hält es daher für sachgerecht, dass der Bund die Geltungsdauer der Vergabeerleichterungen nicht verlängert hat. Er sieht sich in seinem Prüfergebnis durch die Einschätzung des Bundesbauministeriums bestätigt.
Im Einzelnen äußert sich der Bundesrechnungshof zu den mit den Vergabeerleichterungen verfolgten Zielen wie folgt:
Beschleunigung investiver Maßnahmen (Ziel A): „Nach den Auswertungen des Bundesrechnungshofes hat die Ausweitung nicht öffentlicher Vergaben die Dauer der Vergabeverfahren nicht deutlich verkürzt und damit auch investive Maßnahmen nicht beschleunigt. Auch konnte nicht belegt werden, dass nicht öffentliche Vergabeverfahren und der Vorrang präqualifizierter Unternehmen zu Einsparungen beim Verwaltungsaufwand führten. Es bleibt daher zumindest zweifelhaft, ob verkürzte Vergabeverfahren überhaupt geeignet sind, investive Vorhaben nennenswert zu beschleunigen und den Verwaltungsaufwand zu mindern.“
Erhaltung von Transparenz und Wettbewerb (Ziel B): „Die vorgenannten Untersuchungen des Bundesrechnungshofes haben aufgrund des erweiterten Umfangs der nicht öffentlichen Vergabeverfahren erhöhte Korruptions- und Manipulationsrisiken aufgezeigt. Es ist nicht erkennbar, ob Gegenmaßnahmen diesen erhöhten Risiken hinreichend entgegengewirkt haben.“
Beschaffung zu wirtschaftlichen Preisen (Ziel C): „Die überschlägigen Kostenermittlungen zeigen die wirtschaftlichen Nachteile der Vergabeerleichterungen. Die Ausweitung nicht öffentlicher Vergabeverfahren zulasten der Öffentlichen Ausschreibung führte zu nicht unerheblichen Mehrausgaben. Das Ziel des Bundes, auch bei Anwendung der Vergabeerleichterung Leistungen weiterhin zu wirtschaftlichen Preisen einzukaufen (Ziel C), wurde insoweit nicht erreicht.“
Das durch den Bundesrechnungshof ausgestellte Zeugnis steht in krassem Gegensatz zur der Einschätzung und Vorgehensweise in den Ländern, die die Vergabeerleichterungen verlängert hatten, worüber wir hier berichtet haben. Auch sonst wächst der politische Druck. Transparency International hatte im Vorgriff auf die Veröffentlichung des Berichts des Bundesrechnungshofs bereits von den Bundesländern die Rückkehr zu den alten Wertgrenzen bei der Vergabe von Aufträgen gefordert. Aber die Verlockung in Kommunen und Ländern bleibt groß.