22. Juni 2015
AGG-Hopping
Arbeitsrecht

„AGG-Hopping″: EuGH soll über Entschädigungsanspruch bei Scheinbewerbung entscheiden

AGG-Hoppern geht es nicht um eine tatsächliche Anstellung, sondern um Geld. Der EuGH soll nun klären, ob AGG-Hoppern Entschädigungsansprüche zustehen.

Immer wieder beschäftigen sog. „AGG-Hopper″ die Arbeitsgerichte. Anlass sind missbräuchliche Entschädigungsklagen, die darauf gestützt werden, dass der Bewerber angeblich vom Arbeitgeber diskriminiert wurde.

Hintergrund des „AGG-Hoppings″ sind Vorschriften im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), die diskriminierten Bewerbern einen Anspruch auf Entschädigung zusichern (§ 15 AGG). Die Entschädigungshöhe richtet sich dabei nach dem aufgrund der Ablehnung der Bewerbung „verpassten″ Monatsgehalt.

Entschädigungsanspruch kann rechtsmissbräuchlich sein

Wer sich aber nur deshalb auf eine Stellenausschreibung hin bewirbt, um eine Absage zu erhalten und den Arbeitgeber dann auf Entschädigung verklagen zu können, bewirbt sich nicht mit dem tatsächlichen Willen, die Stelle anzutreten und wird daher nicht diskriminiert. In diesem Fall von „AGG-Hopping“ kann nach Ansicht des Achten Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAG) eine rechtsmissbräuchliche Entschädigungsforderung vorliegen.

Frage soll EuGH anhand von Unionsrecht beantworten

Der Achte Senat des BAG hat dieser Fragestellung dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zur Vorabentscheidung vorgelegt. Konkret soll geklärt werden, ob das Unionsrecht „AGG-Hopping“ missbilligt, indem es dahingehend auszulegen ist, dass

auch derjenige ‚Zugang zur Beschäftigung oder zur abhängigen Erwerbstätigkeit’ sucht, aus dessen Bewerbung hervorgeht, dass nicht eine Einstellung und Beschäftigung, sondern nur der Status als Bewerber erreicht werden soll, um Entschädigungsansprüche geltend machen zu können.

Das AGG geht auf europarechtliche Richtlinien zurück und kann daher hinsichtlich der konkreten Auslegung durch den EuGH überprüft werden.

Kläger hatte sich für Trainee-Programm bei Versicherung beworben

Dem Vorabentscheidungsersuchen des BAG liegt der folgende „typische AGG-Hopping″- Fall zugrunde: Der zum Bewerbungszeitpunkt bereits seit vielen Jahren als Rechtsanwalt zugelassene Kläger bewarb sich für ein Trainee-Programm bei der Beklagten. Diese hatte als Anforderung u.a. einen nicht länger als ein Jahr zurückliegenden oder demnächst erfolgenden sehr guten Hochschulabschluss erwünscht. Nach der Ablehnung seiner Bewerbung verlangte der Kläger eine Entschädigung gem. § 15 AGG i.H.v. 14.000,00 Euro. Er war der Ansicht, aufgrund seines Alters diskriminiert worden zu sein.

BAG geht von Scheinbewerbung aus

Aufgrund der Bewerbungsformulierung und des weiteren Verhaltens ging das BAG davon aus, dass sich der Kläger nicht mit dem Ziel einer Einstellung beworben hat sondern tatsächlich nur die Entschädigung abkassieren wollte. Damit sei der Kläger nach nicht „Bewerber“ und „Beschäftigter“ i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG.

Das Europarecht nennt jedoch in den einschlägigen Richtlinien nicht den „Bewerber“, sondern schützt den „Zugang zur Beschäftigung oder zu abhängiger und selbständiger Erwerbstätigkeit“. Nicht geklärt ist, ob dies ebenfalls voraussetzt, dass wirklich und ernsthaft der Zugang zur Beschäftigung gesucht wird und eine erfolgreiche Einstellung bei dem Arbeitgeber tatsächlich gewollt ist. Ob für das Eingreifen des europarechtlichen Schutzes das Vorliegen einer rein formalen Bewerbung (und damit auch einer Scheinbewerbung) genügt, muss nun der EuGH entscheiden.

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