18. November 2012
Gesundheit, Attest
Arbeitsrecht

Attest am ersten Krankheitstag, oder: Ein Blick ins Gesetz…

Wird ein Mitarbeiter krank, kann der Arbeitgeber ein ärztliches Attest schon ab dem ersten Krankheitstag verlangen. Er muss nicht begründen, warum er die Bescheinigung schon zu diesem frühen Zeitpunkt haben möchte. Dies entschieden die Richter des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in der vergangenen Woche unmissverständlich. Es konnte auch nicht anders.

Das Entgeltfortzahlungsgesetz, das solche Fragen regelt, sieht in § 5 vor, dass bei einer Arbeitsunfähigkeit, die länger als drei Kalendertage dauert, eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens am darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen ist. Das Gesetz erlaubt dem Arbeitgeber jedoch, diese Bescheinigung auch früher zu verlangen. Vor diesem Hintergrund erstaunt die Entscheidung des BAG zunächst, da man denkt, die Frage sei gesetzlich geregelt.

Doch da hat man die Rechnung ohne spitzfindige Juristen gemacht. Denn einige haben in der Vergangenheit die Frage aufgeworfen, ob der Arbeitgeber ein frühzeitiges Attest „einfach so“ verlangen kann oder ob er dafür Gründe haben muss. Das BAG hat nun aber klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass der Arbeitgeber keinerlei Gründe für ein solches Verlangen anführen muss. Insbesondere müsse kein begründeter Verdacht gegen den betroffenen Mitarbeiter bestehen, er habe in der Vergangenheit eine Erkrankung nur vorgetäuscht. Die Richter orientieren sich in ihrer aktuellen Entscheidung mithin klar am Wortlaut des Gesetzes, das keinerlei Einschränkungen vorsieht.

Zu entscheiden war der Fall einer Redakteurin des WDR. Sie hatte für den 30. November 2010 einen Dienstreiseantrag gestellt, den ihr Vorgesetzter abgelehnte. Auch eine nochmalige Anfrage der Mitarbeiterin am 29. November 2010 wurde zurückgewiesen. Die Mitarbeiterin meldete sich für den 30. November 2010 krank, erschien am Folgetag jedoch schon wieder zur Arbeit. Der WDR forderte sie daraufhin auf, zukünftig schon ab dem ersten Tag der Erkrankung einen Arzt aufzusuchen und ein entsprechendes Attest vorzulegen. Gegen diese Weisung wehrte die Mitarbeiterin sich vor Gericht. Sie führte an, dass eine solche Weisung eines sachlichen Grundes bedürfe. Außerdem sehe der geltende Tarifvertrag ein derartiges Recht nicht vor.

Der 5. Senat des BAG wies ihre Klage aus den oben genannten Gründen ab. Die Mitarbeiterin unterlag damit auch in der letzten Instanz. (BAG vom 14.11.2012 – 5 AZR 886/11).

Tags: 5 AZR 886/11 Attest begründeter Verdacht Bundesarbeitsgericht Krankheit Rechtsprechung Tarifvertrag