LAG Berlin-Brandenburg lehnt die Auskunftsbegehr einer ZDF-Reporterin ab. Für freie Mitarbeiter gelte das Entgelttransparenzgesetz nicht.
Das erst 2017 vom Bundestag verabschiedete Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) hat die Durchsetzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zwischen Männern und Frauen hinsichtlich des Entgelts bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit zum Ziel. Dazu sieht es in § 10 einen individuellen Auskunftsanspruch vor, der dem einzelnen Arbeitnehmer* Informationen zur Entlohnung von mit seiner Tätigkeit vergleichbaren Tätigkeiten verschaffen soll.
Der einzelne Arbeitnehmer soll die Entgeltstruktur des Arbeitgebers überprüfen können, wodurch wiederum im Falle eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz eine Klage nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ermöglicht werden soll. Dem Wortlaut des § 10 EntgTranspG zufolge steht dieser Auskunftsanspruch „Beschäftigten“ im Sinne des EntgTranspG zu.
Auskunftsanspruch nach Entgelttransparenzgesetz nicht für freie Mitarbeiter?
Ob unter den Begriff der Beschäftigten auch freie Mitarbeiter zu fassen sind, hatte nun das LAG Berlin-Brandenburg zu entscheiden. In seinem Urteil vom 5. Februar 2019 (Az. 6 Sa 983/18) verneinte das Gericht die Anwendbarkeit des § 10 EntgTranspG auf freie Mitarbeiter, ließ jedoch die Revision zum BAG zu.
Der Entscheidung zugrunde liegt die konsequente Anwendung von § 5 Abs. 2 EntgTranspG, welcher Beschäftigte im Sinne des EntgTranspG definiert. Demnach sind vom Beschäftigungsbegriff „Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“ (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 EntgTranspG) umfasst, nicht jedoch die Gruppe der arbeitnehmerähnlichen Personen, in die freie Mitarbeiter je nach Ausgestaltung des der freien Mitarbeit zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses fallen können.
Insbesondere in der Literatur ist allerdings die Auffassung verbreitet, auch arbeitnehmerähnliche Personen seien in europarechtskonformer Auslegung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 EntgTranspG vom Arbeitnehmerbegriff umfasst.
Der persönliche Anwendungsbereich des EntgTranspG stehe im Widerspruch zu dem des AGG, dessen Durchsetzung das EntgTranspG schließlich dienen solle. Zudem stelle das EntgTranspG die nationale Umsetzung der europäischen Richtlinie zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (RL 2006/54/EG) dar, sodass auch der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff Beachtung finden müsste. Dieser könne je nach Ausgestaltung des Einzelfalls aber auch arbeitnehmerähnliche Personen umfassen. Dem laufe somit jedenfalls der grundsätzliche Ausschluss arbeitnehmerähnlicher Personen vom Anwendungsbereich des EntgTranspG zuwider.
EntgTranspG als eigenständiges Gesetz mit eigenem Arbeitnehmerbegriff
Das LAG Berlin-Brandenburg teilt die in der Literatur vertretene Ansicht nicht und setzt somit eine richtige und wichtige Tendenz für das Verständnis des Arbeitnehmerbegriffs im Sinne des EntgTranspG. Als selbstständig neben dem AGG stehendes Gesetz kann vom Gesetzgeber für das EntgTranspG ein eigenständiger Arbeitnehmerbegriff vorgesehen werden, der sich auch eindeutig aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 2 EntgTranspG ergibt.
Eine unionsrechtskonforme Auslegung im Sinne einer effektiven Durchsetzung des europarechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes von Männern und Frauen kann – soweit erforderlich – durch eine Anwendung des unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs im jeweiligen Einzelfall erreicht werden, ohne dass die in § 5 Abs. 2 EntgTranspG zum Ausdruck kommende Wertung des nationalen Gesetzgebers grundsätzlich in Frage gestellt werden muss. Angesichts der Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg, die Revision zuzulassen, bleibt jedoch abzuwarten, wie sich das BAG zu dieser Problematik äußert.
*Gemeint sind Beschäftigte jeder Geschlechtsidentität. Lediglich der leichteren Lesbarkeit halber wird künftig bei allen Bezeichnungen nur noch die grammatikalisch männliche Form verwendet.