Keine Fiktion eines Arbeitsverhältnisses bei "Scheinwerkverträgen". Fallschirmlösung hält, bis Gesetzgeber ihr voraussichtlich 2017 einen Riegel vorschiebt.
Nach verbreiteter Ansicht schützt eine vorsorglich eingeholte Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis vor den unerwünschten Folgen eines verdeckten Werkvertrages. Die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem de facto als Zeitarbeitnehmer eingesetzten Mitarbeiter und dem Kundenunternehmen wird durch die Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis verhindert (vgl. LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 07.05.2015 – 6 Sa 78/14).
Diese Auffassung hat nun auch der 9. Senat des BAG ausdrücklich bestätigt (Urt. v. 12.07.2016 – 9 AZR 352/15).
Kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen
In einer heute veröffentlichten Pressemitteilung heißt es wörtlich:
Besitzt ein Arbeitgeber die nach § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG erforderliche Erlaubnis, als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zu überlassen, kommt zwischen einem Leiharbeitnehmer und einem Entleiher nach geltendem Recht auch dann kein Arbeitsverhältnis zustande, wenn der Einsatz des Leiharbeitnehmers nicht als Arbeitnehmerüberlassung, sondern als Werkvertrag bezeichnet worden ist (verdeckte Arbeitnehmerüberlassung).
Nach Ansicht des BAG ist damit ein Arbeitsverhältnis ausgeschlossen, selbst wenn die Arbeitsüberlassung auf der Grundlage eines Scheinwerkvertrags durchgeführt wurde; der 9. Senat begründet dies folgendermaßen:
Maßgeblich ist, dass die Vertragsarbeitgeberin der Klägerin die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung hatte. § 10 Abs. 1 S. 1 AÜG fingiert i.V.m. § 9 Nr. 1 AÜG das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses ausschließlich bei fehlender Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis des Verleihers. Für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift bei verdeckter Arbeitnehmerüberlassung fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat für eine solche nicht offene Arbeitnehmerüberlassung bewusst nicht die Rechtsfolge der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher angeordnet.
Der Fallschirm trägt – voraussichtlich noch bis 2017
Die Entscheidung ist im Ergebnis richtig. Allerdings wird der Gesetzgeber der Fallschirmlösung voraussichtlich mit Wirkung zum 1. Januar 2017 einen Riegel vorschieben.
Aus den bislang bekannt gewordenen Gesetzesentwürfen geht hervor, dass sich zukünftig auf die legitimierende Wirkung einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis nur derjenige berufen können soll, der den zugrunde liegenden Vertrag auch ausdrücklich als „Arbeitnehmerüberlassung″ bezeichnet (vgl. § 1 Abs. 1 S. 5 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1a AÜG-E). Dies würde gleichzeitig das Ende der Fallschirmlösung bedeuten.
Über die weiteren Einzelheiten der Entscheidung werden wir in einer der nächsten Ausgaben des „Infobriefs Zeitarbeit“ ergänzend berichten, in dem wir jeden Monat über aktuelle Entwicklungen in Zusammenhang mit dem Einsatz von Fremdpersonal informieren.
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