Innerhalb der Grenzen zulässiger Gestaltung können Arbeitgeber spezifische Benefits für Mitarbeiter im Homeoffice vorsehen.
Arbeitgeber in Deutschland sehen sich zunehmend veranlasst, Mitarbeitern im Homeoffice spezifische Benefits zukommen zu lassen. Umgekehrt wünschen sich auch immer mehr Mitarbeiter in der betrieblichen Arbeitsstätte maßgeschneiderte Sonderleistungen. Welche Gestaltungsspielräume und Grenzen bestehen insoweit für Arbeitgeber bei der unterschiedlichen Behandlung ihrer Mitarbeiter?
Arbeitgeber entwerfen spezielle Programme mit Benefits für Mitarbeiter im Homeoffice
Eine Tätigkeit aus dem Homeoffice (einschließlich mobiler Arbeit oder jeder anderen Art von Remote Work) ist zwischenzeitlich in vielen Unternehmen zu einer Selbstverständlichkeit geworden, wenngleich die Beweggründe für Arbeitgeber unterschiedlich sind. Für die einen ist Arbeit aus dem Homeoffice ein wichtiges Recruiting-Tool, für andere ein Retention-Tool, für wieder andere stehen Kosteneinsparungen im Vordergrund.
Allerdings ist eine unternehmensweite Homeoffice-Tätigkeit aller Mitarbeiter regelmäßig bereits deswegen nicht möglich, weil ein Teil der Mitarbeiter ortsgebundene Tätigkeiten in der betrieblichen Arbeitsstätte ausübt (z.B. in der Produktion oder im Facility Management).
Vor diesem Hintergrund besteht in vielen Unternehmen eine „Zweiklassengesellschaft“ aus Mitarbeitern, die ihre Arbeitsleistung ganz oder teilweise aus dem Homeoffice erbringen, und Mitarbeitern, die ausschließlich in der betrieblichen Arbeitsstätte tätig werden. Eindeutig privilegiert wird bei objektiver Betrachtung freilich keine der beiden Mitarbeitergruppen: Während die Mitarbeiter im Homeoffice Zeit und Geld für die Fahrt zur betrieblichen Arbeitsstätte sparen, profitieren die Kollegen vor Ort von vergünstigten Preisen in der Kantine, einem Betriebskindergarten oder den nicht aufgewendeten heimischen Energiekosten. „Erkauft“ werden die jeweiligen Privilegien durch einen Verzicht auf jene Vorteile, die mit einer Tätigkeit am jeweils anderen Arbeitsort einhergehen.
Nachdem zunächst, insbesondere während der Corona-Pandemie, Arbeitgeber eher zurückhaltend waren, Nachteile oder spezifische Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter im Homeoffice zu kompensieren, rückt dies nun zunehmend in den Fokus. Zum Teil entwerfen Arbeitgeber sogar spezielle Programme mit Benefits für ihre Mitarbeiter im Homeoffice. So werden z.B. Budgets für Reisekosten eingeführt, um die Kosten der Arbeitnehmer für Fahrten zwischen dem Homeoffice und der betrieblichen Arbeitsstätte zu minimieren und die Arbeitnehmer zur zumindest teilweisen Rückkehr ins Büro zu motivieren. Zudem investieren Arbeitgeber zunehmend in die Gesundheit ihrer Homeoffice-Arbeitnehmer, indem sie diesen etwa Zuschüsse für eine ergonomische häusliche Büroausstattung bezahlen, oder Ernährungsberatungen und Essenslieferungen anbieten.
Allerdings führt dies dazu, dass sich nunmehr die Mitarbeiter in der betrieblichen Arbeitsstätte benachteiligt fühlen und entsprechende Anstrengungen für die Tätigkeit vor Ort erwarten. Zu Recht fragen sich daher viele Arbeitgeber, inwieweit sie angesichts des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes Mitarbeiter im Homeoffice sowie Mitarbeiter in der betrieblichen Arbeitsstätte unterschiedlich behandeln dürfen.
Differenzierung bei der Gewährung von Homeoffice grundsätzlich möglich
Arbeitgeber sollten zunächst wissen, dass sie nicht allen Mitarbeitern eine Homeoffice-Tätigkeit ermöglichen müssen, eine unterschiedliche Behandlung jedoch an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist. Zulässig ist es zunächst, lediglich einzelnen Mitarbeitern im Rahmen individueller Vereinbarungen aufgrund besonderer persönlicher Umstände eine Homeoffice-Tätigkeit zu ermöglichen. Gleiches gilt, wenn eine ausnahmsweise bestehende gesetzliche Verpflichtung zur Gewährung von Homeoffice erfüllt werden soll (z.B. – je nach Einzelfall – bei schwerbehinderten Mitarbeitern zur Schaffung eines behinderungsgerechten Arbeitsplatzes). In derartigen Fällen findet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz keine Anwendung.
Eine Differenzierung bei der Gewährung von Homeoffice kann zudem zulässig sein, wenn Arbeitgeber Homeoffice-Tätigkeiten nicht nur vereinzelt einführen, sondern auf der Grundlage einer abstrakt-generellen Regelung, also z.B. für alle ihre Vertriebsmitarbeiter über eine entsprechende Betriebsvereinbarung oder Gesamtzusage. In einem solchen Fall müssen Mitarbeiter nur dann gleichbehandelt werden, wenn sich diese in einer vergleichbaren Lage befinden und kein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung existiert.
In vergleichbarer Lage befinden sich Mitarbeiter, wenn sie gleichartige Tätigkeiten ausüben. Dabei erfolgt eine sehr enge Betrachtung, d.h. vergleichbar sind nur solche Mitarbeiter, die tätigkeitsbezogen wechselseitig ausgetauscht werden können (z.B. Assistenzen aus verschiedenen Geschäftsbereichen). Sie dürfen ohne sachlichen Grund nicht unterschiedlich behandelt werden, weil an sie identische Anforderungen gestellt werden. Ein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung setzt insbesondere voraus, dass die zugrunde liegende Regelung nicht willkürlich ist. Denkbar wäre es z.B., eine Homeoffice-Tätigkeit ausschließlich Mitarbeitern anzubieten, die über einen Wohnsitz in einer bestimmten Mindestentfernung von der betrieblichen Arbeitsstätte verfügen, eine Tätigkeit ohne erhöhte Datenschutzrisiken ausüben und/oder sich bereit erklären, eine Homeoffice-Vereinbarung zu unterzeichnen. Wer hingegen Mitarbeiter mit unterschiedlichen Tätigkeiten unterschiedlich behandelt, verletzt von vornherein nicht den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
Übertragbarkeit der Grundsätze auf Differenzierungen bei Mitarbeiter-Benefits
Auf Differenzierungen zwischen Benefits für Mitarbeiter im Homeoffice und Benefits für Mitarbeiter in der betrieblichen Arbeitsstätte sind diese Grundsätze zu übertragen, wobei aus unserer Sicht zu berücksichtigen ist, ob Mitarbeitern hinsichtlich des Arbeitsortes eine Wahlmöglichkeit eröffnet wird oder nicht. Des Weiteren ist anhand der Tätigkeit der Mitarbeiter und des Zwecks des jeweiligen Benefits zu ermitteln, ob eine sachliche Rechtfertigung für eine unterschiedliche Behandlung besteht.
Bei Mitarbeitern, die nicht zwischen einer Tätigkeit aus dem Homeoffice und einer solchen in der betrieblichen Arbeitsstätte wählen können, sondern ihren Arbeitsort entweder zu Hause oder im Unternehmen haben, dürfen die Benefits für die beiden Gruppen von Mitarbeitern voneinander abweichen, wenn diese unterschiedliche Tätigkeiten ausüben. Beispielsweise wäre es widersinnig, Arbeitgeber dazu zu verpflichten, nicht nur den Sachbearbeitern im Homeoffice, sondern auch den Fließbandmitarbeitern in der Produktion einen höhenverstellbaren Schreibtisch zur Verfügung zu stellen. Denkbar sind aber auch sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung von vergleichbaren Mitarbeitern im Homeoffice und in der betrieblichen Arbeitsstätte. So dürfte sich z.B. unmittelbar erschließen, dass ein Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse verfolgt, wenn dieser Jobfahrräder zur Erleichterung des Arbeitsweges allein jenen Mitarbeitern anbietet, die in der betrieblichen Arbeitsstätte tätig werden. Umgekehrt dürften Essenslieferungen für die Mitarbeiter ohne Arbeitsplatz und Verpflegungsmöglichkeit in der betrieblichen Arbeitsstätte keine unzulässige Benachteiligung der Mitarbeiter in dieser darstellen. Ähnliches dürfte bei Energiekostenzuschüssen gelten. Hingegen ist beim Sponsoring von Mitgliedschaften in Fitnessstudios oder dergleichen Vorsicht geboten, denn der damit einhergehende Zweck des Gesundheitsschutzes lässt eine Differenzierung nach dem Ort der Tätigkeit jedenfalls bei gleichermaßen in der betrieblichen Arbeitsstätte wie auch im Homeoffice sitzend tätigen Mitarbeitern nicht zu. Gleiches dürfte bei Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie gelten, deren Zweck darin besteht, gestiegene Verbraucherkosten abzufedern, welche die Mitarbeiter unabhängig vom Arbeitsort in der betrieblichen Arbeitsstätte oder im Homeoffice gleichermaßen treffen. Andererseits ist es möglich, an andere Differenzierungsmerkmale als den Arbeitsort anzuknüpfen und z.B. einzelnen Mitarbeitern im Homeoffice und in der betrieblichen Arbeitsstätte Bleibeprämien zu gewähren, wenn sie Leistungsträger sind und sich mit Abwanderungsgedanken tragen. Reine Kosten- oder Budgetgründe sind jedoch unter keinen rechtlichen Umständen ein sachlicher Differenzierungsgrund.
Schwierig bis unmöglich wird es, bei der Gewährung von Sonderleistungen nach dem Arbeitsort zu differenzieren, wenn die Mitarbeiter die Möglichkeit haben, wahlweise aus dem Homeoffice oder der betrieblichen Arbeitsstätte tätig zu werden. Diesen Mitarbeitern an ihren Arbeitstagen in der betrieblichen Arbeitsstätte den Zugang zur Kantine zu verwehren, weil sie sich das Essen auch nach Hause hätten liefern lassen können, ergibt nicht nur personalpolitisch wenig Sinn, sondern ließe sich auch rechtlich nicht begründen, denn der Verpflegungsaufwand entsteht an solchen Arbeitstagen nun einmal nicht zu Hause. Letztlich sollte in diesen Konstellationen ein Benefits-Konzept gefunden werden, das den wechselnden Arbeitsort mit einbezieht und nicht nach dem Arbeitsort differenziert.
Neben dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz dürfen bei der Ausgestaltung von Benefits auch spezifische Diskriminierungsverbote wie z.B. § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) oder § 4 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) nicht aus dem Blick geraten. Zwar ist der Arbeitsort kein per se unzulässiges Differenzierungsmerkmal; jedoch kann in besonderen Fällen eine unzulässige mittelbare Diskriminierung vorliegen, wenn durch die Ausgestaltung eines Benefits z.B. überwiegend Frauen im Homeoffice benachteiligt werden.
Gestaltungsspielräume für Arbeitgeber und deren Grenzen bei der Gewährung von Benefits im Homeoffice
Wie auch bei der Vergütung im engeren Sinne haben Arbeitgeber damit beträchtliche Spielräume, bei der Ausgestaltung von Mitarbeiter-Benefits zwischen Mitarbeitern mit einem Arbeitsplatz in der betrieblichen Arbeitsstätte und solchen im Homeoffice zu differenzieren. Allerdings empfiehlt es sich, bei der Wahrnehmung dieser Spielräume die Grenzen des rechtlich Zulässigen im Blick zu behalten und insbesondere Verstöße gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz sowie das AGG zu vermeiden, um nicht von Ansprüchen benachteiligter Mitarbeiter überrascht zu werden. Das Risiko einer unzulässigen Differenzierung besteht nämlich letztlich darin, die entsprechende Sonderleistung auch jenen Mitarbeitern gewähren zu müssen, die nicht bedacht wurden und daher auch kostenseitig nicht eingeplant waren.
Unternehmen mit Betriebsräten sollten außerdem – je nach Art der Sonderleistung – potentielle Beteiligungsrechte gemäß insbesondere § 87 Abs. 1 Nr. 7 (Gesundheitsschutz), Nr. 8 (Sozialeinrichtungen) und Nr. 10 (Lohngestaltung) Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) nicht übersehen. Bei Bestehen eines Betriebsrates sind entsprechende Benefits in der Regel in Betriebsvereinbarungen geregelt. Im Übrigen bietet sich eine Umsetzung durch individualvertragliche Änderungsvereinbarungen oder eine Gesamtzusage (mit Freiwilligkeits- bzw. Änderungsvorbehalt!) an.
Im Ergebnis können Arbeitgeber damit die Nachteile und spezifischen Bedürfnisse von Mitarbeitern im Homeoffice berücksichtigen und für diese Mitarbeitergruppe Benefits vorsehen, die von Leistungen an Mitarbeiter in der betrieblichen Arbeitsstätte abweichen. Sie sollten dabei aber die Grenzen der Gestaltung kennen, um nicht von ungeplanten Mehrkosten überrascht zu werden. Bei Bedarf unterstützen wir Sie bei der Ausgestaltung Ihrer Konzepte, überprüfen diese mit Blick auf den gegebenen rechtlichen Rahmen und begleiten Sie bei etwaigen Gesprächen mit dem Betriebsrat – sprechen Sie uns gerne jederzeit an!
*Gemeint sind Mitarbeiter jeder Geschlechtsidentität. Lediglich der leichteren Lesbarkeit halber wird künftig bei allen Bezeichnungen nur noch die grammatikalisch männliche Form verwendet.