20. Januar 2015
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Arbeitsrecht

CGZP: Neue Erwägung zur Verjährung der Nachforderungen der DRV

Nachforderungen der DRV sollen zumindest verjährt sein. Aufmerksamkeit im Zusammenhang mit der Tarifunfähigkeit der CGZP verdient das SG Braunschweig.

Gegen die in Zusammenhang mit der Tarifunfähigkeit der CGZP von der DRV geltend gemachten Nachforderungen wird von den Personaldienstleistern insbesondere das Argument vorgebracht, dass diese zumindest bis Ende 2006 oder gar 2007 verjährt seien. Allerdings sind zahlreiche Fragen dazu höchstrichterlich (noch) ungeklärt; die Sozialgerichte vertreten eine uneinheitliche Linie und entscheiden mal für, mal gegen den in Anspruch genommenen Personaldienstleister.

Aufmerksamkeit verdient eine aktuelle Entscheidung des SG Braunschweig (Urteil vom 13.10.2014 – S 64 KR 568/13). Die Diskussion um die Verjährung der Nachforderungen der DRV für den Zeitraum vor dem 01. Januar 2008 wird durch diese um eine neue Erwägung angereichert:

Arbeitnehmer haben equal pay-Lohnansprüche nicht geltend gemacht

Nach § 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Ein Verjährung von vorsätzlich vorenthaltenen Beiträgen tritt allerdings erst nach dreißig Jahren ein. Ein solcher Fall liege – so das SG Braunschweig – hier aber nicht vor. Der Vorsatz müsse sich konkret auf die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen beziehen und nicht (lediglich) auf das Vorenthalten des equal pay-Lohnes.

Wenn bereits der Vorsatz zum Vorenthalten des Lohns (beziehungsweise konkret der Lohndifferenz) fehle, könne Vorsatz hinsichtlich des Vorenthaltens der Gesamtsozialversicherungsbeitragsdifferenz nur in seltenen Fällen angenommen werden. Solche lägen nicht vor. Bei dem Personaldienstleiter habe keiner der Arbeitnehmer equal pay-Lohnansprüche geltend gemacht.

Nach der bis zum 28. April 2011 geltenden Regelung in § 10 Abs. 4 AÜG sei der Anspruch aber von einem solchen Antrag abhängig. Zumindest für den Zeitraum bis zum 28. April 2011 habe das Zeitarbeitsunternehmen somit dessen Zeitarbeitnehmern den equal pay-Anspruch nicht vorsätzlich vorenthalten. Er sei bereits gar nicht entstanden. Da sich der Personaldienstleister keinem equal pay-Anspruch ausgesetzt gesehen habe, könne ihm auch nicht der Vorwurf gemacht werden, bewusst die zusätzlichen Sozialversicherungsbeiträge vorenthalten zu haben.

SG Braunschweig entwickelt Rechtsprechung konsequent fort

Das SG Braunschweig greift den Gedanken auf, dass Ansprüche gem. § 10 Abs. 4 AÜG in der bis zum Frühjahr 2011 geltenden Fassung nicht „automatisch″ entstehen konnten, sondern an eine ausdrückliche Geltendmachung von equal pay und damit an ein Wahlrecht des Zeitarbeitnehmers anknüpfen (vgl. ausführlich dazu: vgl. Giesen, Arbeits- und beitragsrechtliche Folgen der CGZP – Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes, ZAAR Schriftenreihe, Band 25, München 2011, S. 30 ff.; in diesem Sinne auch: LSG Hamburg v. 15.09.2014 – L 3 R 48/14 B ER). Dies ist konsequent: wenn kein equal pay verlangt worden ist, kann dem Personaldienstleister zumindest nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er vorsätzlich keine Sozialversicherungsbeiträge darauf abgeführt hat.

Der Gedanke, den das SG Braunschweig fruchtbar macht, ist überzeugend. Dennoch bleibt abzuwarten, ob dieser auch von anderen Gerichten aufgenommen wird. Im Wesentlichen wird in den bereits veröffentlichten Entscheidungen apodiktisch auf das Entstehungsprinzip verwiesen, ohne dass eine vertiefte Auseinandersetzung mit § 10 Abs. 4 AÜG a.F. und den im Frühjahr 2011 vorgenommenen Änderungen erfolgt.

Weitere Einzelheiten dazu entnehmen Sie der Januar-Ausgabe des „Infobriefs Zeitarbeit“, mit dem wir jeden Monat über aktuelle Entwicklungen in Zusammenhang mit dem Einsatz von Fremdpersonal informieren. Sollten Sie Interesse haben, diesen zu beziehen, schreiben Sie mir bitte eine kurze E-Mail (alexander.bissels@cms-hs.com).

Tags: CGZP equal pay Personaldienstleister versicherungsbeitragsdifferenz Wahlrecht Zeitarbeit