24. Januar 2022
Corona Test Pflichtverletzung Verweigerung
Arbeitsrecht

Corona: Handlungsmöglichkeiten bei Corona-Test-Verweigerern

Arbeitnehmer, die keinen 2G-Nachweis vorlegen und sich auch nicht testen lassen wollen, können arbeitsrechtlich sanktioniert werden.

Durch die Gesetzesänderung des Infektionsschutzgesetzes gilt seit dem 24. November 2021 die 3G-Regelung am Arbeitsplatz (§ 28b IfSG). Arbeitgeber und Beschäftigte* dürfen seither Arbeitsstätten, in denen physische Kontakte nicht ausgeschlossen werden können, nur noch betreten, wenn sie einen Nachweis mit sich führen, der den Status genesen, geimpft oder getestet belegt (3G-Nachweis).

Vereinzelt kommt es in der Praxis derzeit zu Fällen, in denen Arbeitnehmer jedoch keinen 3G-Nachweis vorlegen können oder wollen und insbesondere auch eine Testung auf das Coronavirus SARS-CoV-2 ablehnen. Hier können Arbeitgeber verschiedene arbeitsrechtliche Konsequenzen in Betracht ziehen:

Verweigerung von Corona-Tests als Pflichtverletzung

Muss der Arbeitgeber mangels 3G-Nachweis den Zutritt zur Arbeitsstätte verweigern, bietet der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht ordnungsgemäß an. In diesem Fall muss dem Arbeitnehmer für die unterlassene Arbeitsleistung kein Entgelt gezahlt werden. Dies ist aus unserer Sicht eindeutig. 

Zugleich verstößt der Arbeitnehmer gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten, sodass der Arbeitgeber dieses Verhalten abmahnen und das Arbeitsverhältnis im einschlägigen Wiederholungsfall sogar kündigen kann. Auch wenn der Ausgangspunkt hier ebenfalls klar ist, spielen bei der Frage der konkreten Handlungsmöglichkeiten die Umstände des Einzelfalles die entscheidende Rolle. Eine erste Hilfestellung für die Praxis bietet auch das Arbeitsgericht Hamburg. So setzte sich das Gericht jüngst (Urteil vom 24. November 2021 – 27 Ca 208/21) mit einer wegen der Verweigerung von Corona-Tests ausgesprochenen ordentlichen Kündigung auseinander. Hintergrund des Streits war, dass ein Arbeitgeber bereits im Juni 2021 (also vor 3G) seine Arbeitnehmer zur regelmäßigen Durchführung von Corona-Schnelltests verpflichtete. Ein Arbeitnehmer verweigerte die Tests an drei aufeinanderfolgenden Tagen, woraufhin ihm der Arbeitgeber kündigte.

Vorherige Abmahnung grundsätzlich erforderlich

Das Arbeitsgericht Hamburg stellte fest, dass der Arbeitnehmer durch die Ablehnung des Corona-Schnelltests schuldhaft gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen hat. Nach Auffassung des Gerichts wäre aber im konkreten Fall vor Ausspruch der Kündigung eine Abmahnung als milderes Mittel geeignet und ausreichend gewesen. Der Arbeitgeber habe nicht ausschließen können, dass der Arbeitnehmer für den Fall der Androhung von Konsequenzen für den Bestand seines Arbeitsverhältnisses seine Verweigerungshaltung überdacht und die bereitgestellten Corona-Schnelltests zukünftig durchgeführt hätte.

Kündigung nach Abmahnung regelmäßig wirksam

Vor Ausspruch einer Kündigung sollte das Verhalten des Arbeitnehmers also auch bei Verstößen gegen die Pflichten im Zusammenhang mit 3G in aller Regel zunächst abgemahnt werden. Eine verhaltensbedingte Kündigung bei wiederholter Testverweigerung bzw. Nichtvorlage eines 3G-Nachweises wird sodann aber regelmäßig wirksam sein, ggf. auch in Gestalt einer außerordentlichen Kündigung.

Dies könnte nur dann anders zu bewerten sein, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung vollständig aus dem Homeoffice heraus erbringen kann. Wie auch bereits im Frühjahr 2021 gilt derzeit, dass der Arbeitgeber Homeoffice ermöglichen muss, solange keine zwingenden betrieblichen Gründe entgegenstehen (§ 28b Abs. 4 IfSG). So bspw., wenn die Betriebsabläufe sonst erheblich eingeschränkt würden oder gar nicht aufrechterhalten werden könnten. Die Gesetzesbegründung nennt hierfür Tätigkeitsbeispiele wie Hausmeisterdienste, Postservice, IT-Services oder erforderliche Kunden- und Mitarbeiterkontakte. Sofern eine betriebliche Anwesenheit aber zumindest an vereinzelten Tagen zwingend erforderlich ist und der Arbeitnehmer für diese Tage keinen 3G-Nachweis vorlegt, liegt eine entsprechende Pflichtverletzung vor. Beachtlich kann weiterhin die Befristung der 3G-Regel am Arbeitsplatz bis derzeit zum 19. März 2022 sein. Je näher der Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs an dieses Datum heranrückt, desto stärker werden Arbeitsgerichte im Rahmen der Interessenabwägung die Befristung der 3G-Regel berücksichtigen und ggf. damit argumentieren, dass dem Arbeitgeber eine unbezahlte Freistellung vorübergehend zugemutet werden kann.     

„Flucht“ in die Krankmeldung und Erschütterung des Beweiswerts einer AU-Bescheinigung

In der Praxis ist zudem zu beobachten, dass sich „Testverweigerer“, die nicht ausschließlich im Homeoffice tätig sein können, für die Tage, an denen die Arbeitsleistung im Betrieb erbracht werden muss, krankschreiben lassen. Sie setzen darauf, dass sie an diesen „Betriebstagen“ Entgeltfortzahlung wegen (angeblicher) Krankheit durch den Arbeitgeber erhalten (§ 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG). 

Der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kann jedoch durch den Arbeitgeber erschüttert werden, wenn er tatsächliche Umstände darlegen und beweisen kann, die Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit geben, mit der Folge, dass der ärztlichen Bescheinigung kein Beweiswert mehr zukommt. Zuletzt hat das Bundesarbeitsgericht eine solche hinreichende Erschütterung des Beweiswerts in einem Fall angenommen, in dem die Dauer der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit sowie deren Beginn und Ende mit der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitnehmers übereinstimmten (BAG, Urteil v. 8. September 2021 – 5 AZR 149/21). 

Diese Grundsätze sind auf den Fall der zeitlichen Koinzidenz zwischen bescheinigter Arbeitsunfähigkeit und vorgesehenen Arbeitstagen im Betrieb übertragbar. Wird also eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nur für die jeweiligen „Betriebstage“ ausgestellt, kann der Arbeitgeber den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttern. Es obliegt dann dem Arbeitnehmer, konkrete Tatsachen darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, die den Schluss auf eine bestehende Erkrankung und den Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zulassen. Hierzu ist ebenfalls ein substantiierter Vortrag erforderlich. Gelingt dem Arbeitnehmer dies nicht, hat er keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung und verletzt durch das Vortäuschen der Arbeitsunfähigkeit in schwerwiegender Weise seine arbeitsvertraglichen Pflichten.

Arbeitgeber sollten insbesondere Gründe für betriebliches Anwesenheitserfordernis dokumentieren

Weigern sich Arbeitnehmer, die 3G-Pflicht am Arbeitsplatz zu beachten, sollten Arbeitgeber die verschiedenen Handlungsoptionen kennen und arbeitsrechtliche Konsequenzen gut vorbereiten. Arbeitgebern ist insbesondere zu raten, die zwingenden betrieblichen Gründe, die gegen eine Tätigkeit im Homeoffice sprechen, zu dokumentieren. Hierbei sollte ggf. für jeden „Betriebstag“ einzeln dokumentiert werden, weshalb eine Anwesenheit des Arbeitnehmers im Betrieb zwingend erforderlich war. Dies ist nämlich Voraussetzung für die Wirksamkeit der weiteren arbeitsrechtlichen Maßnahmen, unabhängig davon, ob der Arbeitgeber eine Abmahnung oder Kündigung ausspricht oder es bei einer Kürzung des Vergütungsanspruchs belässt.

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Lediglich der leichteren Lesbarkeit halber wird künftig bei allen Bezeichnungen nur noch die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: 3G Arbeitsrecht AU-Bescheinigung Corona-Test Coronavirus Pflichtverletzung Verweigerung