Neue Aufenthaltstitel versprechen mehr Flexibilität beim konzerninternen Transfer von Mitarbeitern.
Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt wurden zum 1. August 2017 zwei neue Aufenthaltstitel geschaffen, die aus unserer Sicht das Potential zum Liebling der Personalabteilungen haben: Die ICT-Karte und die Mobile ICT-Karte. ICT steht dabei für „intra-corporate transfer″ oder „intra-corporate transferee″.
Beide Karten bieten Unternehmen gegenüber den bestehenden Aufenthaltstiteln mehr Flexibilität beim Einsatz von Personal aus dem europäischen Ausland und sind dabei vergleichsweise unkompliziert in der Beantragung. Die entsprechenden Regelungen sind in §§ 19b bis 19d des Aufenthaltsgesetzes normiert und umfassen neben dem Transfer von Führungskräften und Spezialisten derselben Unternehmensgruppe auch den Einsatz von Trainees in Deutschland.
Vorteile der ICT-Karte gegenüber bisher bestehenden Aufenthaltstiteln
Bislang war beim konzerninternen grenzüberschreitenden Einsatz von Arbeitnehmern in Deutschland in der Praxis oft ein Aufenthaltstitel auf Grundlage des sog. Internationalen Personalaustauschs das Mittel der Wahl. Dieser erfordert jedoch, dass der deutsche Arbeitgeber für jeden Arbeitnehmer, der vom deutschen Unternehmen aufgenommen wird, einen Arbeitnehmer aus Deutschland in das europäische Ausland entsendet.
Ein solcher Austausch war in der Praxis bis vor kurzem unkompliziert, weil die zuständige Behörde es für die Vorabzustimmung in den ersten beantragten Fällen genügen ließ, wenn Entsendungen aus Deutschland zunächst nur geplant waren. Im Laufe des vergangenen Jahres zeigte sich jedoch, dass diese Praxis nicht fortgesetzt wird und ein echter Austausch in beide Richtungen konkret nachgewiesen werden muss.
Ist ein echter Austausch im Einzelfall nicht möglich, wird die ICT-Karte gegenüber dem Internationalen Personalaustausch zur attraktiven Alternative. Sofern es sich bei dem Arbeitnehmer um einen Spezialisten oder eine Führungskraft handelt, kann er auf Basis einer Entsendungsvereinbarung mit dem ausländischen Vertragsarbeitgeber in Deutschland eingesetzt werden. Dabei ist grundsätzlich nicht einmal ein Hochschulabschluss Voraussetzung.
Kurzfristige Mobilität innerhalb der gesamten EU
Die neue Regelung erlaubt außerdem sogar den kurzfristigen Einsatz von entsandten Arbeitnehmern in Deutschland, die einen ICT-Aufenthaltstitel eines anderen europäischen Mitgliedsstaats besitzen: Sie können in einem Zeitraum von 180 Tagen für eine Dauer von bis zu 90 Tagen innerhalb der Unternehmensgruppe nach Deutschland transferiert werden.
Sollen sie länger als 90 Tage in Deutschland tätig werden, so ist dies mit der Mobilen ICT-Karte als Aufenthaltstitel möglich.
ICT-Karte: Erteilungsvoraussetzungen
Für die Erteilung der ICT-Karte ist die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit („BA″) erforderlich. Diese kann der deutsche Arbeitgeber bereits vorab einholen, um das Verfahren zu beschleunigen. Die BA prüft, ob der Arbeitnehmer zu dem umfassten Personenkreis (Führungskraft, Spezialist oder Trainee) gehört und bereits sechs Monate im Konzern beschäftigt ist. Weiter muss sichergestellt sein, dass er nach dem Einsatz in Deutschland bei seinem ausländischen Arbeitgeber weiterbeschäftigt wird.
Der Knackpunkt liegt in der Praxis jedoch meist bei der Prüfung der Arbeitsbedingungen und dabei insbesondere des Arbeitsentgelts während des Einsatzes in Deutschland. Dieses muss dem eines vergleichbaren Arbeitnehmers entsprechen. Für Unternehmen ist die Gehaltsbestimmung zuweilen schwierig, weil es – anders als etwa im Fall der Blauen Karte EU – keine festen Untergrenzen gibt. Stattdessen muss individuell bestimmt werden, welches Gehalt für die jeweilige Stelle angemessen ist. In der Praxis kann hier der regionale Arbeitgeber-Service helfen und auf Basis der Stellenbeschreibung und der Qualifikation des Mitarbeiters konkrete Zahlen nennen; über die Betriebsnummer bezieht der Service dabei auch die Größe des Arbeitgebers ein. Die BA folgt dann der Einschätzung des Arbeitgeber-Service, den sie ansonsten bei Zweifeln selbst im internen Verfahren beteiligen würde.
Liegen alle Voraussetzungen vor, erteilt die BA die Vorabgenehmigung für Zeiträume von 90 Tagen bis zu drei Jahren. Wird der Aufenthaltstitel für einen Trainee beantragt, gilt stattdessen eine Höchstdauer von einem Jahr.
Bisher seltene Inanspruchnahme der ICT-Karte
Trotz der zahlreichen Vorteile wird die neue ICT-Karte von den Unternehmen bisher selten in Anspruch genommen. Dies könnte an der etwas sperrigen Formulierung des Gesetzestextes liegen und daran, dass die Regelung vergleichsweise neu ist.
Aus unserer Sicht handelt es sich jedoch um eine attraktive Alternative, wenn es um den Aufenthalt von Konzernmitarbeitern in Deutschland geht. Dies gilt umso mehr, wenn die Arbeitnehmer flexibel bei Konzerngesellschaften in der gesamten EU eingesetzt werden sollen. Wir erwarten daher, dass die ICT-Karte und die Mobile ICT-Karte sich mit zunehmendem Bekanntheitsgrad zu praktisch äußerst relevanten Aufenthaltstiteln entwickeln werden.