15. Juni 2011
Kündigung
Arbeitsrecht

Ehemann ist „reif genug″ für die Kündigung

Kaum ein Arbeitgeber kennt es nicht: Das leidige Thema der Zustellung einer Kündigung. Der Kündigende trägt das Risiko der Übermittlung und des Zugangs der Kündigungserklärung. Das ist nicht immer leicht.

Die Übergabe an den zu Kündigenden im Betrieb gegen Quittung oder unter Zeugen – die sicherste Variante – ist nicht immer möglich. Häufig ist der betreffende Arbeitnehmer nicht mehr vor Ort oder hat einen „gelben Schein″ eingereicht und ist damit für den Arbeitgeber nicht „greifbar″. Da aber fast immer Fristen laufen, muss die Kündigung „in time″ zugehen und dieser Zugang beweisbar sein. Mindestens ein Zeuge sollte damit stets vor Ort sein. Aber wie und wo übergibt man die Kündigung beispielsweise in einem Haus, in dem drei „Meyer″ wohnen, der Briefkasten keinen Namen trägt oder es einen solchen gar nicht gibt? Auch eine verschlossene Tür oder der freundliche Hinweis durch die Telefonanlage, man sei nicht erreichbar, machen die Zustellung einer Kündigung zu einer nicht immer ganz einfachen Aufgabe.

Ein einfacher Brief? Einwurfeinschreiben? Oder Einschreiben mit Rückschein? – das alles sind nicht immer effektiven Lösungswege. Denn wer weiß schon, wie lange die Post wirklich braucht? Zudem gilt: Auch wenn der Beweiswert eines Einschreibens grundsätzlich höher ist als der eines einfachen Briefes, so tritt der Zugang hier erst in dem Moment des Abholens bei der Post ein – eine entsprechende Verpflichtung besteht aber gerade nicht. Wird der Brief nie abgeholt, so ist die Kündigung nicht zugegangen und damit unwirksam. Gerade bei langen Kündigungsfristen kann dies verheerende Folgen haben. Was ist also zu tun?

Ein Arbeitgeber aus dem Bereich Köln wusste sich zu helfen: Er ließ das Kündigungsschreiben per Boten dem Ehemann der Arbeitnehmerin an dessen Arbeitsstelle in einem Baumarkt überbringen – Eine wirksame und fristgerechte Zustellung, urteilten jetzt die Richter des BAG (Urteil v. 09.06.2011 – 6 AZR 687/09, BAG PM Nr. 48/11).

Denn eine Kündigung geht dem Arbeitnehmer grundsätzlich auch dann zu, wenn der Arbeitgeber das Kündigungsschreiben dessen Ehepartner übergibt. Der Ehepartner ist regelmäßig – wie andere Personen, die mit dem zu Kündigenden in einem Haushalt leben und aufgrund ihrer Reife und Fähigkeiten geeignet erscheinen, das Schreiben an den Arbeitnehmer weiterzuleiten – als Empfangsbote des Arbeitnehmers anzusehen. Das gilt auch, wenn dem Ehepartner das Schreiben außerhalb der gemeinsamen Wohnung übergeben wird. Entscheidend für den Zugang ist nur, ob und wann unter normalen Umständen mit einer Weiterleitung des Schreibens an den Arbeitnehmer zu rechnen ist.

Dies war vorliegend noch am selben Tag, dem 31.01.2008 der Fall. Denn nach Auffassung der Richter war unter normalen Umständen nach der Rückkehr des Ehemannes in die gemeinsame Wohnung mit einer Weiterleitung des Kündigungsschreibens an seine Ehefrau zu rechnen. Dass der Ehemann das Schreiben in dem konkreten Fall einen Tag am Arbeitsplatz liegen gelassen und es tatsächlich erst am Folgetrag (01.02.) weitergeleitet hatte, war für die Fristwahrung der Kündigungsfrist (hier ein Monat zum letzten Tag des Monats) damit unerheblich. Die Kündigung war rechtzeitig.

Ob es sich tatsächlich empfiehlt, auf unkonventionelle Zustellungswege und Empfangsboten außerhalb der Ehewohnung zurückzugreifen, scheint zweifelhaft. Die Entscheidung zeigt aber: manchmal ist auf Arbeitgeberseite ein wenig Finesse gefragt, um das Problem der wirksamen Kündigung zu den eigenen Gunsten zu entscheiden. Hierbei helfen wir gern. Dennoch empfiehlt es sich nicht, bis zum letzten Tag einer Frist mit dem Ausspruch der Kündigung zu warten.

Tags: BAG PM 48/11 BAG v. 09.06.2011 - 6 AZR 687/09 Bundesarbeitsgericht Ehemann Empfangsbote Frist Kündigung Rechtsprechung Zustellung