27. Oktober 2025
Entgelttransparenz Datenschutz
Arbeitsrecht

Entgelttransparenz im Spannungsfeld zum Datenschutz

Das Wichtigste zur datenschutzkonformen Umsetzung der Entgelttransparenzrichtlinie (EntgTranspRL).

Ziel der europäischen Entgelttransparenzrichtlinie (RL (EU) 2023/970 – EntgTranspRL) ist es, die Durchsetzung der Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern zu stärken. Deutschland ist verpflichtet, die Richtlinie bis spätestens zum 7. Juni 2026 durch ein nationales Gesetz umzusetzen. Angesichts der weitreichenden neuen Vorgaben erzeugt die Richtlinie jedoch bereits heute Handlungsdruck für Unternehmen. 

Richtlinienvorgaben müssen datenschutzkonform umgesetzt werden

Die EntgTranspRL enthält verschiedene Maßnahmen zur Stärkung der Entgeltgleichheit. Unternehmen werden insbesondere verpflichtet, die Entgelte ihrer Mitarbeiter* zu erfassen, zu vergleichen und zu bewerten, um festzustellen, ob und in welchem Umfang geschlechtsspezifische Entgeltunterschiede bestehen. Zudem müssen sie entgeltbezogene Auskünfte erteilen und Berichte veröffentlichen. 

Bei den Entgelten ihrer Mitarbeiter handelt es sich zugleich um personenbezogene Daten. Diese müssen nach den Regeln der DSGVO geschützt werden. Dies bedeutet, dass sämtliche Maßnahmen unbedingt datenschutzkonform durchzuführen sind. Auf diese Anforderungen sollten sich deutsche Unternehmen vorbereiten. 

Vorgaben mit Datenschutzrelevanz

Folgende Transparenzmaßnahmen der EntgTranspRL bergen datenschutzrechtliche Herausforderungen: 

  • Entgelttransparenzbericht: Arbeitgeber mit 100 oder mehr Arbeitnehmern müssen ausführlich über das vorhandene geschlechtsspezifische Entgeltgefälle berichten (Art. 9 EntgTranspRL). Anzugeben sind unter anderem das allgemeine geschlechtsspezifische Entgeltgefälle sowie das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle in einzelnen Arbeitnehmergruppen (bestehend aus Arbeitnehmern, die eine gleiche oder gleichwertige Arbeit ausüben). Die Darstellung hat jeweils aufgegliedert nach den einzelnen Vergütungsbestandteilen zu erfolgen. Die Angaben sind den Arbeitnehmern und der Arbeitnehmervertretung sowie auf Anfrage auch der Aufsichtsbehörde und der Gleichbehandlungsstelle zur Verfügung zu stellen.
  • Gemeinsame Entgeltbewertung: Liegen die folgenden drei Voraussetzungen vor, werden berichterstattungspflichtige Arbeitgeber verpflichtet, eine Entgeltbewertung mit der Arbeitnehmervertretung durchzuführen (Art. 10 EntgTranspRL): (1) Der Entgelttransparenzbericht zeigt ein Gefälle der durchschnittlichen Entgelthöhe von mehr als 5% innerhalb einer Vergleichsgruppe, (2) der Arbeitgeber kann das Gefälle nicht mittels objektiver geschlechtsneutraler Faktoren rechtfertigen und (3) das Gefälle wird nicht innerhalb von sechs Monaten nach der Berichterstattung korrigiert. In diesem Fall sind in Zusammenarbeit mit der Arbeitnehmervertretung die Ursachen für das Gefälle zu analysieren und konkrete Korrekturmaßnahmen zu erarbeiten. Die Entgeltbewertung ist der Belegschaft und der zuständigen Aufsichtsbehörde zur Verfügung zu stellen.
  • Auskunftsrecht: Arbeitgeber werden verpflichtet, Arbeitnehmern auf Anfrage eine Entgeltauskunft zu erteilen. Diese Auskunft umfasst die Höhe des Entgelts des Auskunftssuchenden sowie die – nach dem Geschlecht aufgeschlüsselten – durchschnittlichen Entgelthöhen der Arbeitnehmer mit gleicher oder gleichwertiger Arbeit (Art. 7 EntgTranspRL). Die EntgTranspRL erweitert den Anwendungsbereich des Auskunftsanspruchs gegenüber der bisherigen Rechtslage, da sie – anders als § 12 Abs. 1 EntgTranspG – keine Beschränkung auf Betriebe mit mehr als 200 Beschäftigten vorsieht.

Praxishinweis: Gerade in größeren Unternehmen ist zeitnahes Handeln gefragt. Die EntgTranspRL verpflichtet Arbeitgeber mit 150 oder mehr Arbeitnehmern, den ersten Entgelttransparenzbericht bis zum 7. Juni 2027 vorzulegen. Bezugspunkt dieses Berichts ist jedoch das Jahr 2026. Nicht zuletzt zur Vermeidung einer gemeinsamen Entgeltbewertung mit der Arbeitnehmervertretung sollten bis dahin etwaige kritische Entgeltunterschiede ermittelt und beseitigt worden sein. 

Allgemeine datenschutzrechtliche Anforderungen 

Die Umsetzung der Transparenzpflichten der EntgTranspRL erfordert zwangsläufig die Verarbeitung von Entgeltdaten durch den Arbeitgeber. Wann immer die Entgeltdaten einzelnen Arbeitnehmern zugeordnet werden können, handelt es sich um eine datenschutzrechtlich relevante Verarbeitung von personenbezogenen Daten. Insoweit betont Art. 12 Abs. 1 EntgTranspRL ausdrücklich, dass jede Verarbeitung und Veröffentlichung personenbezogener Daten den Vorgaben der DSGVO entsprechen muss.

Personenbezogene Entgeltdaten liegen jedoch nicht nur dann vor, wenn das Entgelt bzw. ein Entgeltbestandteil unmittelbar einem namentlich benannten Arbeitnehmer zugeordnet ist. Es ist vielmehr ausreichend, wenn eine Zuordnung der Entgeltdaten zu einzelnen Arbeitnehmern durch eine Gesamtschau der verfügbaren Informationen erfolgen kann. Inwieweit eine solche mittelbare Identifizierbarkeit möglich ist, hängt vor allem von der Größe der Vergleichsgruppe sowie von der Anzahl der Vergütungsbestandteile und deren Verteilung unter den Arbeitnehmern ab. Hinsichtlich der neuen Berichtspflicht ist ein besonderes Augenmerk auf die Angaben zu den einzelnen Vergleichsgruppen zu legen. Angesichts der beschränkten Gruppengröße besteht hier ein erhöhtes Risiko einer Identifizierbarkeit.

Praxishinweis: Unabhängig von der rechtlichen Einordnung erwarten Arbeitnehmer und Betriebsrat häufig eine besondere Sorgfalt des Arbeitgebers beim Umgang mit Entgeltdaten. Denn Informationen über das Entgelt werden in Deutschland sowohl in der öffentlichen als auch in der betrieblichen Wahrnehmung weiterhin überwiegend als vertraulich eingestuft („Über Geld spricht man nicht.“).

Wie jede Verarbeitung personenbezogener Daten erfordert die Verarbeitung personenbezogener Entgeltdaten zunächst eine Ermächtigungsgrundlage. Hinsichtlich der Erfüllung der Pflichten aus der EntgTranspRL (bzw. des deutschen Umsetzungsgesetzes) ist vornehmlich eine Verarbeitung aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung gemäß Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. c) DSGVO einschlägig. Danach ist eine Verarbeitung personenbezogener Daten zulässig, sofern sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist.

Praxishinweis: Nur, weil die EntgTranspRL zur Verarbeitung und Offenlegung von Entgeltdaten verpflichtet, kann dies unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten nicht in jeder beliebigen Form erfolgen. Angesichts der Erforderlichkeitsgrenze muss im Einzelfall geprüft werden, ob der Zweck der Transparenzmaßnahme nicht auch durch eine eingeschränkte Mitteilung – ohne die Nennung personenbezogener Entgeltdaten – erreicht werden kann.

Bei der praktischen Umsetzung der Transparenzmaßnahmen sind darüber hinaus vor allem die folgenden datenschutzrechtlichen Grundsätze sowie technischen und organisatorischen Maßnahmen (TOMs) zu berücksichtigen bzw. einzurichten: 

  • Zweckbindung: Bei der Umsetzung der Vorgaben dürfen die verarbeiteten Daten nicht für andere Zwecke als die Anwendung des Entgeltgleichheitsgrundsatzes verwendet werden (siehe auch Art. 12 Abs. 2 EntgTranspRL).
  • Datenminimierung: Die Verarbeitung personenbezogener Daten muss in Anbetracht des Zwecks angemessen und erheblich sein sowie auf das notwendige Maß beschränkt werden.
  • Zugriffskonzept: Es ist klar zu definieren, welche Personen Zugriff auf welche (Entgelt-)Daten für welche Zwecke haben.
  • Datenmanagement: Durch ein sachgerechtes Datenablagekonzept ist sicherzustellen, dass Entgeltdaten ausschließlich an den hierfür vorgesehenen (digitalen) Speicherorten gespeichert und von dort abgerufen werden.
  • Dokumentation: Sämtliche Konzepte und Maßnahmen sind insbesondere zu Nachweiszwecken sorgfältig zu dokumentieren. 

Herausforderungen bei der Entgeltbewertung

Um Entgelte richtlinienkonform zu vergleichen und zu bewerten, müssen Arbeitgeber umfassende Datensätze nutzen, die die einzelnen Vergütungsbestandteile aller Mitarbeiter enthalten. Diese Datensätze sind angesichts der Fülle der Informationen datenschutzrechtlich ausgesprochen sensibel. Um insbesondere diese Datensätze vor Zweckentfremdung und Diebstahl zu schützen, müssen Arbeitgeber effektive TOMs implementieren. 

Praxishinweis: Wird ein solcher Datensatz unkontrolliert als Excel-Dokument in großen E‑Mail-Verteilern zirkuliert, ist es kaum überraschend, wenn er kopiert und gestohlen wird. Dann drohen nicht nur datenschutzrechtliche Sanktionen, sondern ein erheblicher Imageschaden. 

Es ist unbedingt erforderlich, den Zugriff auf den Datensatz nach dem Need-to-Know-Prinzip einzuschränken – am besten durch technische Zugriffssperren einer Software. Geeignete Softwarelösungen zeichnen sich dadurch aus, dass derartige Sicherungsvorkehrungen bereits als Standardkonfiguration eingerichtet sind (privacy by default). Arbeitgeber können beispielsweise CMS Pay Gap Compliance einsetzen. Dieses auf die Vorgaben der EntgTranspRL zugeschnittene Tool ermöglicht unter anderem eine Implementierung von individuellen Accounts auf der Basis definierter Berechtigungskonzepte. Jeder Zugriff auf den Datensatz wird mittels Protokolldateien dokumentiert und festgehalten. Nichtsdestotrotz sollte der Kreis der Zugriffsberechtigten klein gehalten werden. Zudem sind die Berechtigten über die Vertraulichkeit der Datenverarbeitung zu belehren. 

Sonderregel für die Offenlegung von Entgeltdaten?

In welcher Form der Datenschutz bei der Offenlegung von Entgeltdaten im Rahmen von Auskünften oder der Veröffentlichung des Entgelttransparenzberichts zu wahren ist, hängt von der Ausgestaltung des deutschen Umsetzungsgesetzes ab. Die konkreten Arbeitgeberpflichten stehen somit hierzu noch nicht fest.

Die EntgTranspRL räumt den Mitgliedstaaten für die besonders eingriffsintensive Offenlegung von Entgeltdaten einen Gestaltungsspielraum zum Schutz personenbezogener Daten ein. Dies betrifft namentlich die Offenlegung von Entgeltinformationen bei der Erfüllung eines Auskunftsanspruchs gegenüber dem Auskunftssteller sowie die Offenlegung von Daten im Rahmen des Entgelttransparenzberichts und der gemeinsamen Entgeltbewertung. Nach Art. 12 Abs. 3 EntgTranspRL können die Mitgliedstaaten beschließen, dass in Fällen, in denen die Offenlegung von Informationen zur unmittelbaren oder mittelbaren Offenlegung des Entgelts eines bestimmbaren Arbeitnehmers führen würde, nur die Arbeitnehmervertreter, die Aufsichtsbehörde oder die Gleichbehandlungsstelle Zugang zu den betreffenden Informationen erhalten. Die Arbeitnehmervertreter oder die Gleichbehandlungsstelle sollen dann Arbeitnehmer über mögliche Ansprüche nach der Richtlinie beraten, ohne dass die tatsächlichen Entgelthöhen einzelner Arbeitnehmer offengelegt werden.

Im Sinne des Datenschutzes sowie zur Förderung des Betriebsfriedens wäre eine solche Einschränkung durch den deutschen Gesetzgeber zu begrüßen. Jedenfalls die derzeitige Gestaltung des EntgTranspG spricht dafür, dass der Gesetzgeber den Schutz der Entgeltdaten identifizierbarer Arbeitnehmer ernst nimmt und von der Einschränkung zu deren Schutz Gebrauch machen wird. So sieht insbesondere § 12 Abs. 3 Satz 2 EntgTranspG aktuell vor, dass bei der Erfüllung des Auskunftsanspruchs kein Vergleichsentgelt der anderen Arbeitnehmer anzugeben ist, wenn der Vergleichsgruppe weniger als sechs Beschäftigte angehören. 

Datenschutz und Arbeitnehmervertretung

Bereits nach derzeitiger Rechtslage darf der Betriebsausschuss des Betriebsrats nach § 80 Abs. 2 Satz 2 Hs. 2 BetrVG unter bestimmten Voraussetzungen in die Liste der Bruttolöhne und -gehälter Einblick nehmen. Die Aushändigung von Kopien oder die eigene Herstellung von Kopien oder Abschriften ist von der „Einblicknahme“ nicht umfasst. Die EntgTranspRL räumt den Arbeitnehmervertretern nun neue Informations- und Beratungsrechte ein. So sind Arbeitgeber unter anderem verpflichtet, die Arbeitnehmervertretung vor Fertigstellung des Entgelttransparenzberichts anzuhören (Art. 9 Abs. 6 EntgTranspRL). Aus deutscher Perspektive wird es sich hierbei primär um Rechte des (gesamten) Betriebsrats handeln. Die Vorgaben des Datenschutzes sind jedoch auch bei der Bereitstellung von (personenbezogenen) Entgeltdaten gegenüber Betriebsräten zu beachten. Es ist insbesondere sicherzustellen, dass Betriebsräten nur die Informationen in der Form zur Verfügung gestellt werden, die zur Aufgabenerfüllung zwingend notwendig sind. Gegenüber den Betriebsräten ist zudem auf die Geheimhaltungsbedürftigkeit der Entgeltdaten explizit hinzuweisen, da die gesetzliche Geheimhaltungspflicht der Betriebsratsmitglieder aus § 79 BetrVG grundsätzlich erst durch den expliziten Hinweis des Arbeitgebers ausgelöst wird.

Datenschutz: zentraler Baustein Entgelttransparenz

Die EntgTranspRL schafft weitgehende neue Informations- und Berichtspflichten, um diskriminierende Entgeltunterschiede zwischen Männern und Frauen aufzudecken und zu beseitigen. Ein bedachter und gesetzeskonformer Umgang mit personenbezogenen Daten ist ein zentraler Baustein bei der Umsetzung dieser Anforderungen. Es ist sicherzustellen, dass sowohl die technische als auch die organisatorische Umsetzung im Einklang mit der DSGVO steht. So lassen sich rechtliche Risiken minimieren und das Vertrauen aller Beteiligten bei der Umsetzung der neuen Transparenzvorgaben stärken.

* Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: Arbeitsrecht Datenschutz Entgelttransparenz Gender Pay Gap Tool