9. Mai 2018
betriebliche Altersvorsorge Entgeltumwandlung
Arbeitsrecht

Wo betriebliche Altersversorgung draufsteht, ist auch Altersversorgung drin

Das BAG stellt klar: Keine vorzeitige Auszahlung einer durch Entgeltumwandlung finanzierten Direktversicherung zur bloßen Deckung von Geldbedarf.

Ein zentraler Wesenszug der betrieblichen Altersversorgung ist, dass der Arbeitnehmer die zugesagte Versorgungsleistung erst nach dem Eintritt eines bestimmten Versorgungsfalles beanspruchen kann. Entsprechend ist im Betriebsrentengesetz klargestellt, dass es sich nur um betriebliche Altersversorgung handelt, wenn die zugesagte Leistung einem gesetzlich anerkannten Versorgungszweck dient. Taugliche Versorgungszwecke sind die Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung (§ 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG). Einem oder mehreren dieser Zwecke muss die zugesagte Leistung dienen. Erforderlich ist, dass durch die Leistung der Lebensstandard des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen nach dem Ausscheiden aus dem Berufs- oder Erwerbsleben zumindest teilweise gesichert werden soll.

Auch Entgeltumwandlung ist betriebliche Altersversorgung

Diese Grundsätze gelten unabhängig davon, ob die betriebliche Altersversorgung durch den Arbeitgeber oder durch den Arbeitnehmer im Wege der Entgeltumwandlung finanziert wird. So stellt das Betriebsrentengesetz klar, dass es sich auch bei Entgeltumwandlung um betriebliche Altersversorgung handelt (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG).

Bei der Entgeltumwandlung werden künftige Entgeltansprüche in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen umgewandelt. Der Arbeitgeber erteilt dem Arbeitnehmer eine Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, die dann vom Arbeitnehmer im Wege der Entgeltumwandlung finanziert wird. Dabei hat der Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch gegen den Arbeitgeber, dass von seinen künftigen Entgeltansprüchen bis zu 4 % der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung verwendet werden (§ 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG).

Am 1. Januar 2018 ist das Betriebsrentenstärkungsgesetz in Kraft getreten ist. Darin wird mit Wirkung ab dem 1. Januar 2019 ein verpflichtender Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung in Höhe von 15 % des umgewandelten Entgelts eingeführt. Diesen Zuschuss muss der Arbeitgeber zur Entgeltumwandlung „dazu geben″, soweit er durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart (vgl. § 1a Abs. 1a BetrAVG n. F.).

Keine Tilgung von Krediten mit angesparter Altersversorgung

Die vom Gesetzgeber durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz eingeführten Neuerungen (wie der verpflichtende Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung) haben den Zweck, die betriebliche Altersversorgung zu stärken und deren Verbreitung zu fördern, um angesichts der sinkenden gesetzlichen Renten die finanzielle Absicherung der Arbeitnehmer im Ruhestand zu verbessern. Dass diese gesetzliche Zweckbindung der betrieblichen Altersversorgung ernst zu nehmen ist, hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 28. April 2018 nochmals klargestellt.

In dem Fall vor dem BAG (Urteil vom 26. April 2018 – 3 AZR 586/16) hatte der Kläger eine Entgeltumwandlungsvereinbarung mit seinem Arbeitgeber abgeschlossen. Auf der Grundlage dieser Entgeltumwandlungsvereinbarung zahlte der Arbeitgeber jährlich ca. EUR 1.000 in eine vom Arbeitgeber zugunsten des Klägers abgeschlossene Direktversicherung ein. Nachdem der Kläger nach eigener Aussage in eine finanzielle Schieflage geraten war, verlangte er von seinem Arbeitgeber die Kündigung des Direktversicherungsvertrags und die Auszahlung des Rückkaufwertes der Versicherung an ihn (rund EUR 7.000). Der Kläger brachte vor, dass er nur mit dem Geld weiterhin seinen Baukredit tilgen könne.

Das Bundesarbeitsgericht verneinte – wie schon die Vorinstanzen – einen solchen Anspruch des Klägers. Er habe kein schutzwürdiges Interesse an der begehrten Kündigung. Die durch die Entgeltumwandlung finanzierte betriebliche Altersversorgung diene dazu, den Lebensstandard des Arbeitnehmers im Alter zumindest teilweise abzusichern. Mit dieser Zwecksetzung wäre es nicht vereinbar, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen könnte, die Direktversicherung lediglich deshalb zu kündigen, um dem versicherten Arbeitnehmer die Möglichkeit zu verschaffen, das für den Versorgungsfall (das Alter) bereits angesparte Kapital für den kurzfristigen Ausgleich oder die Tilgung bestehender Kredite zu verwenden.

Entgeltumwandlung ist mehr als bloßes Sparen

Mit diesem Urteil macht das Bundesarbeitsgericht deutlich, dass es bei der betrieblichen Altersversorgung – wie vom Gesetzgeber vorgegeben – um die (jedenfalls teilweise) Sicherung des Lebensstandards des Arbeitnehmers nach Eintritt des Versorgungsfalls (etwa im Alter) geht. Dies beschränkt die Möglichkeiten des Arbeitnehmers, über das angesparte Kapital vor Eintritt des Versorgungsfalls verfügen zu können, maßgeblich.

Entscheidet sich ein Arbeitnehmer dazu, einen Teil seiner Vergütung im Wege der Entgeltumwandlung in Anwartschaften auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung umzuwandeln, bedeutet dies mehr als ein bloßes Ansparen von Kapital. Vielmehr handelt es sich um den Aufbau eines zweckgebundenen Kapitalstocks, aus dem erst mit Eintritt des Versorgungsfalls die vereinbarten Leistungen an den Arbeitnehmer fließen. Gerät der Arbeitnehmer während seines Berufslebens in eine finanzielle Schieflage und kann er sich die Entgeltumwandlung nicht mehr leisten, ist er darauf beschränkt, die Entgeltumwandlung auszusetzen oder zu beenden. Das angesparte Kapital jedenfalls ist tabu.

Unabhängig von dem entschiedenen Fall dürfte die Entgeltumwandlung aufgrund des ab nächsten Jahr geltenden Arbeitgeberzuschuss in Zukunft an Bedeutung gewinnen.

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