Gibt der Kunde eine falsche Auskunft, besteht dem Grunde nach Schadensersatzanspruch. Aber: Grundgedanke des rechtmäßigen Alternativverhaltens anwendbar!
Was geschieht, wenn der Kunde eine falsche Auskunft über die wesentlichen Arbeitsbedingungen der mit dem Zeitarbeitnehmer vergleichbaren Stammbeschäftigten erteilt hat und das equal pay-Verfahren gegen den Personaldienstleister nicht erfolgreich war?
Der Weg scheint vorgezeichnet: Der Zeitarbeitnehmer versucht, im Wege eines Schadensersatzanspruches seinen (vermeintlichen) equal pay-Anspruch durch die Hintertür zu realisieren – und zwar bei dem Kunden. So auch in einem Verfahren vor dem ArbG Karlsruhe (Urteil vom 24.10.2014 – 7 Ca 56/14).
Auskunft muss klar, verständlich und ohne innere Widersprüche sein
In der Tat war es in dem betreffenden Fall so, dass die von dem Einsatzunternehmen gemäß § 13 AÜG erteilte Auskunft fehlerhaft war. Das Gericht weist insoweit darauf hin, dass sich aus einer Nebenpflicht i.S.v. § 241 Abs. 2 BGB ergebe, dass die erteilte Auskunft klar, verständlich und ohne innere Widersprüche sein müsse. Auf Grundlage dieser Auskunft hätten das im Rahmen des equal pay-Verfahrens mit dem Fall befasste Arbeitsgereicht und auch das Landesarbeitsgericht angenommen, dass der klagende Zeitarbeitnehmer aufgrund der von ihm ausgeübten Tätigkeiten nicht mit der Tätigkeit eines Stammarbeitnehmers, die in der Auskunft beschrieben worden sei, vergleichbar gewesen sei.
Kein Schadensersatz bei fehlerhafter Auskunft
Das ArbG Karlsruhe spricht den Zeitarbeitnehmer jedoch keinen Schadensersatz zu, da es der Ansicht ist, dass die dargestellte Pflichtverletzung nicht ursächlich für den eingetretenen Schaden sein solle. Das Gericht sei nicht davon überzeugt, dass der Schaden ausgeblieben wäre, wenn das Kundenunternehmen bereits mit deren ersten Schreiben eine korrekte und unmissverständliche Auskunft erteilt hätte. Eine Kausalität könne nur dann bejaht werden, wenn der Zeitarbeitnehmer bei einer korrekten Auskunft zu diesem Zeitpunkt den Prozess mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gewonnen hätte. Dies sei – zumindest nach Ansicht des ArbG Karlsruhe – nicht der Fall.
Aus dem zweitinstanzlichen Urteil des LAG Baden-Württemberg aus dem ursprünglichen equal pay-Verfahren folge, dass der Zeitarbeitnehmer auch dann den Prozess verloren hätte, wenn das Kundenunternehmen diesem eine korrekte Auskunft über das Gehalt eines vergleichbaren Arbeitnehmers erteilt hätte. Aus diesem ergebe sich nämlich, dass das LAG Baden-Württemberg auch beanstandete, dass es der Zeitarbeitnehmer versäumt hätte, die geltend gemachten Lohnansprüche auf eine 35-Stundenwoche herunterzurechnen. Dieser hätte also, um den Prozess zu gewinnen, eine Umrechnung des auf eine 39-Stundenwoche bezogenen Gehaltes eines Vergleichsmitarbeiters auf seine 35 Stunden in der Woche durchführen müssen. Nur in diesem Fall – so sei aus den Urteilsgründen zu folgern – hätte das LAG Baden-Württemberg die Schlüssigkeit des Anspruchs auf Gewährung von equal pay bejaht.
Grundgedanke des rechtmäßigen Alternativverhaltens anwendbar
Das ArbG Karlsruhe folgt zunächst der h.M.: Unterlässt der Kunde zu Unrecht die Auskunft oder erteilt er eine verspätete oder rechtlich unzutreffende Auskunft – auch bezogen auf die ihm aufgrund seiner vertraglichen Rechtsbeziehung mit dem Personaldienstleister bekannten Ausnahmen des Gleichbehandlungsanspruchs (§ 12 Abs. 1 S. 3 AÜG) – können Schadensersatzansprüche des Zeitarbeitnehmers nach § 280 Abs. 1 BGB entstehen (so: BAG v. 24.04.2014 – 8 AZR 1081/12; Urban-Crell/Germakowski/Bissels/Hurst, AÜG, § 13 Rn. 8). Auf dieser Grundlage gelangt das ArbG Karlsruhe zu einer Pflichtverletzung.
Allerdings bemüht es sodann den Gedanken des sog. rechtmäßigen Alternativverhaltens, das einem Schadensanspruch entgegenstehen soll. Dieser Einwand ist begründet, wenn das vom Schädiger zu verantwortende Verhalten für den Schaden kausal geworden ist, der auch bei einem rechtmäßigen Verhalten eingetreten wäre. Dieses Rechtsinstitut ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Zivil- und Arbeitsrecht anerkannt (vgl. zuletzt: Hess. LAG v. 05.12.2013 – 9 Sa 592/13 zu Arbeitskampfmaßnahmen bei der Deutschen Bahn AG; BAG v. 14.11.1975 – 5 AZR 534/74).
Der Einwand kann für die Zurechnung eines Schadenserfolges beachtlich sein; seine Erheblichkeit richtet sich nach dem Schutzzweck der verletzten Norm (BGH v. 09.03.2012 – V ZR 156/11). Es kommt noch hinzu, dass eine hypothetische Ursache nur dann überhaupt in Betracht gezogen werden kann, wenn sie mit Sicherheit oder mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit eingetreten wäre. Entscheidend ist, dass derselbe Erfolg effektiv eingetreten wäre. Die bloße Möglichkeit, ihn rechtmäßig herbeiführen zu können, reicht nicht aus (BGH v. 09.03.2012 – V ZR 156/11). Die Beweislast dafür, dass sich ein hypothetischer Kausalverlauf ebenso ausgewirkt hätte wie der tatsächliche Geschehensablauf, liegt auf der Seite des Schädigers (BGH v. 25.11.1992 – VIII ZR 170/91), vorliegend also auf Seiten des beklagten Kundenunternehmens.
Klage wäre auch bei ordnungsgemäßer Auskunft nicht erfolgreich gewesen
Das ArbG Karlsruhe geht im Ergebnis davon aus, dass die Klage auch bei einer ordnungsgemäß erteilten Auskunft nicht erfolgreich gewesen wäre. In der Tat ist es so, dass der Kläger den Anspruch aus anderen Gründen nicht schlüssig dargelegt hat, so dass ihm die korrekten Angaben des Kunden nicht geholfen hätten, um seinen equal pay-Anspruch tatsächlich zu realisieren. Vor diesem Hintergrund erscheint die Ansicht des ArbG Karlsruhe mit Blick auf die Abweisung der Klage zumindest vertretbar. Ob dies wirklich richtig ist, steht aber auf einem anderen Blatt. Gegen das Urteil ist inzwischen Berufung zum LAG-Baden-Württemberg eingelegt worden.
Aus der Entscheidung des ArbG Karlsruhe ist allerdings der allgemeine Grundsatz zu destillieren, dass eine nicht ordnungsgemäß erteilte Auskunft des Kunden zwar eine Pflichtverletzung darstellt, diese aber den Zeitarbeitnehmer nicht „automatisch″ berechtigt, Schadensersatz von dem Einsatzunternehmen wegen eines gegenüber dem Personaldienstleister verlorenen equal pay-Prozesses zu verlangen. In derartigen Verfahren ist sorgfältig zu prüfen, ob die fehlerhafte Auskunft tatsächlich dazu geführt hat, dass der Rechtsstreit auf equal pay nicht erfolgreich geführt werden konnte. Dabei ist maßgeblich auf die Erwägungen abzustellen, die für das erkennende Gericht entscheidend für eine entsprechende Klageabweisung waren. Sind dies Erwägungen, die in keinem Zusammenhang mit der falschen oder unvollständigen Auskunft nach § 13 AÜG stehen, dürfte ein Prozess gegen den Kunden auf Schadensersatz nur geringe Aussichten auf Erfolg haben.
Weitere Einzelheiten dazu entnehmen Sie der August-Ausgabe des „Infobriefs Zeitarbeit“, mit dem wir jeden Monat über aktuelle Entwicklungen in Zusammenhang mit dem Einsatz von Fremdpersonal informieren. Sollten Sie Interesse haben, diesen zu beziehen, schreiben Sie mir bitte eine kurze E-Mail (alexander.bissels@cms-hs.com).