Seit Jahren wird intensiv vor "CEO Frauds" oder "Fake Presidents" gewarnt. Nach Urteil eines Arbeitsgerichts kann eine Haftung der Arbeitnehmer bestehen.
Bereits seit einigen Jahren wird intensiv vor der Betrugsmasche „CEO Fraud″ oder „Fake President″ gewarnt. Bei dieser Methode geben sich die Täter etwa als Geschäftsführer des Unternehmens aus und veranlassen Mitarbeiter zum Transfer großer Geldbeträge auf ausländische Konten. Dabei nutzen sie die zuvor gesammelten Kenntnisse von internen Prozessen und Organisationsstrukturen.
Unternehmen können sich gegen diese Betrugsmasche effektiv nur durch Prävention schützen. Sofern Kriminelle trotzdem zuschlagen, kann dies nicht nur für die Unternehmen gravierende Folgen haben. Auch den getäuschten Mitarbeitern können weitreichende arbeitsrechtliche Sanktionen drohen.
Neben den arbeitsrechtlichen Sanktionen stellen sich Unternehmen auch immer häufiger die Frage, ob jemand für die entstandenen Schäden der Fake President Frauds haftbar gemacht werden kann.
Haftung der Arbeitnehmer für Schäden des Fake President Frauds
In diesem Zusammenhang liegt nun ein erstes – bislang nicht rechtskräftiges – Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vor (Az.: 13 Ca 895/16). Im dortigen Fall hatte eine Finanzdirektorin auf eine vermeintliche Korrespondenz mit dem Konzernvorstand hin die Anweisung mehrerer Zahlungen in Höhe von insgesamt EUR 800.000,00 veranlasst. Von dieser Summe konnten letztlich EUR 420.000,00 nicht mehr zurückerlangt werden.
Die Besonderheit im dortigen Fall war, dass das Unternehmen rund ein Jahr vor dem Betrugsfall vor der „Fake President Fraud″-Methode warnte und für Zahlungsanweisungen über EUR 100.000,00 einen Genehmigungsvorbehalt zu Gunsten des Geschäftsführers vorsah. Diesen Genehmigungsvorbehalt „unterlief″ die Finanzdirektorin dem arbeitgeberseitigen Vorwurf zufolge. Sie wies – wohl auf Drängen der Betrüger – als Fachvorgesetzte die kaufmännisch verantwortliche Mitarbeiterin an, die Zahlungen zu veranlassen und hierüber mit niemandem zu sprechen.
Weitere Besonderheit des Falles war, dass die Anweisung des vermeintlichen Konzernvorstands die Begleichung einer persönlichen Zahlungsverpflichtung betraf. Das Geld wollte der angebliche Konzernvorstand als „Darlehen″ gewährt bekommen (die Darstellung des komplexen und zwischen den Parteien streitigen Sachverhalts erfolgt hier deutlich verkürzt und stark vereinfacht).
Nach Auffassung des Arbeitsgerichts Chemnitz habe die Arbeitnehmerin dadurch
ihre Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis in besonders grober (gröbster) Weise
verletzt. Das Gericht hat hierbei insbesondere gewertet, dass sich die Arbeitnehmerin über Befugnisgrenzen hinweggesetzt hat. Zudem habe sie keinerlei Identitätsprüfung vorgenommen. Auch habe sie die Zahlungen in einer Weise veranlasst, die ihr hierarchisch nachgeordnete Arbeitnehmer daran hinderte die Sicherungsmaßnahmen einzuhalten.
Arbeitsgericht Chemnitz: Haftungsprivilegierung greife nicht bei Fake President Frauds
Aus arbeitsrechtlicher Sicht sind die Ausführungen des Arbeitsgerichts Chemnitz zur Anwendbarkeit der Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs besonders spannend. Zudem weisen sie über den Einzelfall hinaus.
Das Gericht verneint das Eingreifen der Haftungsprivilegierung bei Fake President Frauds und kommt letztlich zu einer vollen Haftung der Arbeitnehmerin. Dies wird damit begründet, dass nach Auffassung des Gerichts zum einen die Zahlungsanweisung der Arbeitnehmerin nicht betrieblich veranlasst gewesen sei. Zum anderen habe die Arbeitnehmerin grob fahrlässig gehandelt.
Das Gericht führt insoweit auch aus, dass sich die Arbeitnehmerin nicht auf eine Haftungsprivilegierung berufen könne. Insbesondere dann, wenn sie nicht in Erfüllung einer im objektiven Interesse der Arbeitgeberin liegenden Verpflichtung und damit nicht in Ausübung einer betrieblich veranlassten Tätigkeit handelt.
Weiter heißt es in der Entscheidung, dass die Einräumung einer Haftungsprivilegierung im Falle von Fake President Frauds zu einem „widersinnigen Ergebnis″ führen würde. Das Unternehmen habe nach § 278 BGB das Verschulden der Arbeitnehmerin in gleichem Umfang wie eigenes Verschulden zu vertreten. Die Haftungsprivilegierung käme also letztlich dem Unternehmen zugute.
Besondere Vorsicht für alle Beteiligte
Das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz erscheint durchaus angreifbar. Es bleibt abzuwarten, ob sich das LAG und gegebenenfalls das Bundesarbeitsgericht dieser strikten Linie anschließen werden. In jedem Fall verdeutlicht der Fall aber, dass Arbeitnehmer bei ungewöhnlichen Zahlungsanweisungen besondere Vorsicht an den Tag legen sollten. Denn bei einem Fehler könnten drastische Konsequenzen drohen. Umgekehrt sollten Unternehmen neben der Sensibilisierung von Arbeitnehmern auch geeignete Schutz- und Kontrollmechanismen – auch zur Vermeidung einer möglichen Haftung der Geschäftsführung – einführen.