7. Juli 2021
Maskenverweigerer Kündigung
Arbeitsrecht

Fristlose Kündigung eines „Maskenverweigerers“

Kann einem Maskenverweigerer nach Abmahnung fristlos gekündigt werden, obwohl dieser eine „Rotzlappenbefreiung“ als Attest vorgelegt hat? Ja, meint das Arbeitsgericht Köln.

Der Kläger war bei der Beklagten als im Außendienst tätiger Servicetechniker beschäftigt. Das Arbeitsgericht Köln bestätigt dessen Kündigung wegen grundloser Weigerung, eine Maske zu tragen, in einer noch nicht veröffentlichten Entscheidung (ArbG Köln, Urteil v. 17.06.2021 – 12 Ca 450/21). 

Kundeneinsatz mit Maske verweigert – Attest vorgelegt

Nachdem die beklagte Arbeitgeberin allen Servicetechnikern die Anweisung gab, die Arbeit bei Kunden nur mit Mund-Nasen-Bedeckung zu verrichten, weigerte sich der Arbeitnehmer im Dezember 2020, einen Auftrag bei einem Kunden mit Maske durchzuführen.

Zur Rechtfertigung reichte er unter dem Betreff „Rotzlappenbefreiung“ ein ärztliches Attest ein. Diesem zufolge sei es dem Arbeitnehmer „aus medizinischen Gründen unzumutbar, eine nicht-medizinische Alltagsmaske oder eine vergleichbare Mund-Nasen-Bedeckung im Sinne der SARS-COV-2 Eindämmungsmaßnahmenverordnung zu tragen“. Weitere Erklärungen enthielt das auf Juni 2020 datierte Attest nicht. 

Attest abgelehnt: Auf erneute Weigerung folgt Kündigung 

Das Attest wurde von der Arbeitgeberin mangels konkreter, nachvollziehbarer Angaben nicht anerkannt. Der Arbeitnehmer wurde daher erneut angewiesen, den Serviceauftrag mit einer Mund-Nasen-Bedeckung, deren Kosten die Arbeitgeberin übernehmen wolle, auszuführen.

Der Weigerung des Arbeitnehmers folgte eine Abmahnung. Erfolglos: Hiervon unbeeindruckt erklärte der Kläger, er würde auch in Zukunft Serviceaufträge nur ausführen, wenn er dabei keine Maske tragen müsse. Das hatte eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung zu Folge, gegen die der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erhob. 

Arbeitsgericht Köln: Wiederholte Arbeitsverweigerung nicht durch Attest gerechtfertigt 

Zu Unrecht: Die 12. Kammer des Arbeitsgerichts Köln wies die Kündigungsschutzklage ab. Indem sich der Kläger – entgegen der Anordnung der Arbeitgeberin und dem Kundenwunsch – beharrlich geweigert hat, bei der Ausübung der ihm aufgetragenen Tätigkeit eine Maske zu tragen, habe er wiederholt gegen seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen verstoßen.

Die Weigerung sei nicht durch das vorgelegte Attest gerechtfertigt. Denn das Attest sei zum einen nicht aktuell, zum anderen mangels konkreter Diagnose eines Krankheitsbildes nicht hinreichend aussagekräftig. Zudem führe die durch den Kläger vorgenommene Bezeichnung des Attestes als „Rotzlappenbefreiung“ bei zeitgleicher Verweigerung, das Angebot einer betriebsärztlichen Untersuchung wahrzunehmen, zu erheblichen Zweifeln, ob die vom Kläger behaupteten medizinischen Einschränkungen tatsächlich bestehen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.  

Entscheidung zum Maskenverweigerer überzeugt 

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln verdient Zustimmung. 

Solange die pandemische Lage andauert, haben Arbeitgeber in Ausübung ihres Direktionsrechts (§ 106 GewO) das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen im Betrieb anzuordnen, wenn Schutzabstände nicht eingehalten werden können. Dieses gebietet zum einen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers aus §§ 618, 214 Abs. 2 BGB. Zum anderen begründet derzeit § 2 Abs. 2 1 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung – in der neuen Fassung seit dem 1. Juli 2021 und bis längstens 10. September 2021 in Kraft (§ 5) – unter gewissen Voraussetzungen eine (temporär geltende) Pflicht des Arbeitgebers, den Beschäftigten medizinische Gesichtsmasken (Mund-Nasen-Schutz) zur Verfügung zu stellen. Dies ist der Fall, wenn die Gefährdungsbeurteilung nach §§ 5, 6 ArbSchG ergibt, dass ein Schutz durch technische und organisatorische Maßnahmen nicht ausreichend sichergestellt und das Tragen der Masken daher erforderlich ist. Wird dies bejaht, korrespondiert hiermit eine Pflicht der Beschäftigten, die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Masken (oder zumindest gleichwertige Masken) zu tragen, § 2 Abs. 2 S. 2 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung. 

Weigern sich Arbeitnehmer*, bei ihrer Arbeit eine Maske zu tragen, und kommen dadurch der Ausführung der von ihnen geschuldeten Tätigkeit nicht nach, liegt hierin ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten, der grundsätzlich zur Kündigung berechtigen kann. Dies gilt nicht, wenn dem Arbeitnehmer das Tragen der Maske aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar ist und dies durch ein ärztliches Attest nachgewiesen ist. Indes legt die vorliegende Entscheidung nahe, dass Arbeitgeber in Zukunft angehalten sind, ihnen vorgelegte Atteste genau zu prüfen: Nur aktuelle Atteste, die konkret und nachvollziehbar darlegen, warum eine Maske nicht getragen werden kann, haben einen (einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vergleichbaren) hohen Beweiswert und entbinden von der Maskenpflicht (Arbeitsgericht Siegburg, Urteil v. 16. Dezember 2020 – 4 Ga 18/20; für den ähnlich gelagerten Fall eines Schülers vgl. auch OVG Münster, Beschluss v. 24. September 2020 – 13 B 1368/20). Bis wann aber sind Atteste aktuell? Ist insofern zwischen verschiedenen Krankheitsarten (Kurzzeiterkrankungen vs. chronischen Krankheiten) zu differenzieren und wie hoch sind die Anforderungen an die Begründung der Maskenunverträglichkeit im Attest? Es bleibt abzuwarten, ob die noch nicht veröffentlichten Entscheidungsgründe hierauf Antwort geben. 

Jedenfalls aber sollte ein Attest für nicht ausreichend erachtet werden, wenn es – wie hier – die Maskenunverträglichkeit nicht konkret begründet und zudem erhebliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit bei der Einreichung bestehen. Ist dies der Fall, kann der Arbeitnehmer nicht beweisen, dass medizinische Gründe vorliegen, die eine Befreiung von der Maskenpflicht rechtfertigen. Nach erfolgloser Abmahnung kann dann bei vergleichbarer erneuter Arbeitsverweigerung unter den ansonsten bestehenden rechtlichen Voraussetzungen sogar fristlos gekündigt werden. 

*Gemeint sind Beschäftigte jeder Geschlechtsidentität. Lediglich der leichteren Lesbarkeit halber wird künftig bei allen Bezeichnungen nur noch die grammatikalisch männliche Form verwendet.

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