5. April 2016
Beschäftigung von Flüchtlingen
Arbeitsrecht

Herausforderung bei der Beschäftigung von Flüchtlingen

Flüchtlinge sollen leichteren Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen. Die Digitalisierung des Asylverfahrens beschleunigt den Genehmigungsprozess.

In Deutschland leben zurzeit tausende Flüchtlinge – und damit eine Vielzahl potenzieller Praktikanten, Auszubildender und Arbeitnehmer. Im Kalenderjahr 2016 wurden in Deutschland laut einer Statistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge schon 117.392 Asylanträge (Erstanträge) gestellt.

Im Kontext einer möglichen Integration in den Arbeitsmarkt ergeben sich neben praktischen Herausforderungen auch rechtliche Fragestellungen. Unternehmen, die Menschen beschäftigen wollen, deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist oder die auf Grundlage einer Duldungserlaubnis in Deutschland verweilen, müssen dabei besondere Anforderungen beachten.

Wohnverpflichtung

Asylbewerber und Geduldete müssen zunächst eine bestimmte Zeit in einer Erstaufnahmeeinrichtung wohnen, sog. Wohnverpflichtung. Solange diese Wohnverpflichtung besteht, ist eine Erwerbstätigkeit grundsätzlich ausgeschlossen.

Die Höchstdauer dieser Wohnverpflichtung wurde durch das am 24. Oktober 2015 in Kraft getretene Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz von drei Monaten auf sechs Monate verlängert. Für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten gilt die Wohnverpflichtung sogar bis zum Abschluss des Asylverfahrens.

Die Liste der sicheren Herkunftsstaaten im Anhang des Asylgesetztes wurde durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz um Albanien, Kosovo und Montenegro erweitert. Im Rahmen des „Asylpakets II″ wurde beschlossen, dass in einem neuen Gesetz zudem die Staaten Marokko, Algerien und Tunesien in die Liste mitaufgenommen werden sollen.

„1-Euro-Jobs″ und „Hospitation″ während Wohnverpflichtung möglich

Während der Wohnverpflichtung dürfen Asylbewerber lediglich „1-Euro-Jobs″ in der Erstaufnahmeeinrichtung selbst und ggf. auch bei anderen öffentlichen Einrichtungen nachgehen.

Zulässig ist zudem eine sogenannte „Hospitation″ in einem Unternehmen. Im Rahmen einer Hospitation können Arbeitgeber einem Asylbewerber oder Geduldeten als „Gast“ Kenntnisse über die betrieblichen Abläufe vermitteln. Der Asylbewerber oder Geduldete kann dabei den regulär Beschäftigten „über die Schulter“ schauen. Die Erbringung einer eigenen Arbeitsleistung von wirtschaftlichem Wert ist hingegen nicht gestattet. Er erhält bei dieser Art der Tätigkeit auch kein Entgelt.

Wartefrist von drei Monaten

Parallel zur Wohnverpflichtung in einer Erstaufnahmeeinrichtung läuft eine Wartefrist von drei Monaten. Erst nach Ablauf dieser Frist darf eine Arbeitserlaubnis frühestens erteilt werden. Die Frist beginnt mit der Registrierung in Deutschland. Praktisch kommt die Wartefrist nur dann zum Tragen, wenn der Asylbewerber die Erstaufnahmeeinrichtung bereits vor Ablauf von drei Monaten verlassen kann.

Erteilung der Arbeitserlaubnis durch die Ausländerbehörde und Vorrangprüfung durch die Bundesagentur für Arbeit

Nach Verlassen der Erstaufnahmeeinrichtung und dem Ablauf der Wartefrist, dürfen Unternehmen Asylbewerber und Geduldete beschäftigen.

Die örtliche Ausländerbehörde muss die konkrete Beschäftigung genehmigen bzw. eine Arbeitserlaubnis erteilen. Im Rahmen dieses Genehmigungsverfahrens beteiligt die Ausländerbehörde in der Regel die Bundesagentur für Arbeit. Die zuständige Ausländerbehörde leitet Angaben des Arbeitgebers über die geplanten Arbeitsbedingungen an die Bundesagentur für Arbeit weiter. Diese prüft daraufhin, ob die Bedingungen nicht ungünstiger sind als für inländische Arbeitnehmer. Weiter führt die Bundesagentur für Arbeit eine sog. Vorrangprüfung durch. Dabei geht es um die Frage, ob die Stelle nicht mit einem Deutschen, EU-Bürger oder einem Ausländer mit dauerhaftem Aufenthaltsstatus besetzt werden kann.

Die Erteilung einer Arbeitserlaubnis scheitert in der Praxis am häufigsten an dieser Vorrangprüfung. Die Vorrangprüfung entfällt nur dann von Anfang an, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung der „Blauen Karte“ vorliegen oder es sich um Fachkräfte in Engpassberufen handelt.

Die Blaue Karte erhalten Hochschulabsolventen mit anerkanntem Hochschulabschluss, wenn ihnen für einen konkreten Arbeitsplatz ein Mindestjahresgehalt in Höhe von EUR 49.600 Euro brutto angeboten wird.

Die Liste der Engpassberufe umfasst unter anderem Berufe im Bereich Elektrotechnik und Eisenbahnbetrieb sowie Pflegeberufe.

Nach 15 Monaten seit der Registrierung in Deutschland entfällt die Vorrangprüfung dann auch für alle anderen Berufe.

Zur besseren Integration von Asylbewerbern und Geduldeten in den Arbeitsmarkt schlägt Andrea Nahles die Abschaffung der Vorrangprüfung durch die Bundesagentur für Arbeit vor. Ziel ist es, das Antragsverfahren zu vereinfachen und die Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit zu entlasten.

Ausnahmen für die Zeitarbeitsbranche

In den Fällen, in denen die Vorrangprüfung entfällt, können Asylbewerber und Geduldete nach Ablauf der Wartefrist eine Arbeitserlaubnis für die Tätigkeit als Zeitarbeitnehmer erteilt bekommen.

Regelungen für Praktika

Für Praktika gelten grundsätzlich die gleichen Verfahrensvoraussetzungen wie für die Aufnahme einer sonstigen Beschäftigung.

Vor Aufnahme des Praktikums ist die konkrete Arbeitserlaubnis der Ausländerbehörde einzuholen. Hierbei ist grundsätzlich eine Beteiligung der Bundesagentur für Arbeit erforderlich.

Eine Ausnahme der Beteiligung besteht hinsichtlich Pflichtpraktika, ausbildungsbegleitenden Praktika und Praktika von bis zu drei Monaten zur Berufsorientierung. In den genannten drei Ausnahmefällen unterliegt das Praktikum auch nicht dem gesetzlichen Mindestlohn.

Arbeitserlaubnis auch für eine Ausbildung

Auch für die Aufnahme einer Ausbildung muss die örtliche Ausländerbehörde eine Arbeitserlaubnis erteilen. Bei staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberufen entfällt dabei das Zustimmungsverfahren der Bundesagentur für Arbeit.

Insbesondere für Ausbildungsbetriebe ist die Einstellung eines Asylbewerbers oder eines Geduldeten problematisch. Ihnen kann nicht garantiert werden, dass der Asylbewerber oder Geduldete für die gesamte Dauer der Ausbildung in Deutschland bleiben darf. Die Ausländerbehörde erteilt die Arbeitserlaubnis grundsätzlich nur befristet. Die Befristung kann zwar unter bestimmten Voraussetzungen verlängert werden, ein Rechtsanspruch besteht hierzu aber nicht. Am 29. Januar 2016 haben die Koalitionspartner im Rahmen der Verhandlung zu einem neuen „Asylpaket″ zu dieser Planungsunsicherheit diskutiert. Geplant ist nun, das Bleiberecht für Asylbewerber und Geduldete für die Dauer der Ausbildung und für zwei Jahre im Anschluss zu garantieren.

Ankunftsnachweis für Asylbewerber

Auf Grundlage des neuen Datenaustauschverbesserungsgesetzes wird das Asylverfahren nunmehr in Deutschland digitalisiert. Die einreisenden Asylbewerber bekommen seit Mitte Februar 2016 einen sog. Ankunftsnachweis ausgestellt.

Der Ankunftsnachweis enthält die wichtigsten Daten zum Antragsteller. Neben allen Personaldaten sind auch Informationen über Schulbildung, Berufsausbildung und sonstige Qualifikationen enthalten. Die in diesem Zusammenhang erfassten Informationen werden allen berechtigten öffentlichen Stellen zentral in einem Kerndatensystem zur Verfügung gestellt. Durch diesen Datenaustausch mit den beteiligten Behörden soll neben der Effizienz des Asylverfahrens auch der Genehmigungsprozess für die Erteilung von Arbeitserlaubnissen verbessert und beschleunigt werden.

Die Sprache als Schlüssel

Ganz wesentlich für eine gute und schnelle Integration in den Arbeitsmarkt sind in jedem Fall die Integrations- und Deutschkurse, die den Flüchtlingen schon frühzeitig angeboten werden sollten. Von vielen Arbeitgebern wissen wir, dass es nicht an der Motivation der Flüchtlinge mangelt, eine Beschäftigung aufzunehmen. Vielmehr sind insoweit oft die fehlenden Sprachkenntnisse das größte Hemmnis.

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