24. Juli 2013
Arbeitsrecht

Krankgeschrieben beim Bewerbungsgespräch

Welcher Arbeitgeber würde sich da nicht hintergangen fühlen? Es kommt heraus, dass der Arbeitnehmer während einer Krankschreibung ein Bewerbungsgespräch wahrgenommen hat. Da scheint eine Kündigung auf den ersten Blick auch gerechtfertigt zu sein.

Anders urteilte jedoch das LAG Mecklenburg-Vorpommern (Entscheidung vom 5. März 2013 – 5 Sa 106/12). Für dieses Ergebnis waren jedoch die konkreten Umstände des Falles von besonderer Bedeutung:  Der später Gekündigte war als Abteilungsleiter im Sanitätsfachhandel tätig. Seiner Krankschreibung lag eine Bewegungsunfähigkeit des rechten Armes infolge einer Nerveinklemmung zugrunde. Der Arzt hatte nur angeraten, den Arm nicht zu belasten.

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung des BAG (siehe etwa: BAG, Urteil vom 2. März 2006 – 2 AZR 53/05) hat ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer je nach vorliegender Krankheit zwar durch sein eigenes Verhalten dafür Sorge zu tragen, dass er die Phase der Arbeitsunfähigkeit möglichst zügig überwindet.

Daraus könne nach Ansicht des LAG aber gerade keine pauschale Pflicht abgeleitet werden, während der gesamten Ausfallzeit das Bett zu hüten. Es müsse vielmehr ein genesungswidriges Verhalten festzustellen sein, das der Pflicht zur angemessenen Schonung zuwiderläuft. Dazu war vorliegend die Terminteilnahme des Arbeitnehmers angesichts seiner auf den Arm beschränkten Verletzung nicht geeignet, da sie den Verlauf der Genesung nach Auffassung des LAG nicht beeinflusste.

Damit beurteilte das LAG die Teilnahme an dem Bewerbungsgespräch während der Zeit der Krankschreibung als nicht pflichtwidrig und erst recht nicht als Kündigungsgrund.

Daneben merkte das LAG jedoch an, dass bei einem umfangreichen öffentlichen Auftreten während Fehlzeiten der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert sein kann. Der beweisbelastete Arbeitgeber muss jedoch in jedem Fall noch den (ggf. erleichterten) Nachweis führen, dass tatsächlich gar keine Arbeitsunfähigkeit vorgelegen hat. Der Arbeitnehmer kann dies verhindern, indem er seinen behandelnden Arzt von der Schweigepflicht entbindet.

Das Urteil verdeutlicht, dass nicht jegliche außerhäusliche Tätigkeit des Arbeitnehmers während seiner Krankschreibung pflichtwidrig sein muss. Gleichwohl kann bei außergewöhnlichen Unternehmungen der Verdacht im Raum stehen, dass in Wahrheit – trotz Attests – gar keine Arbeitsunfähigkeit vorlag.

Im konkreten Fall ist dem Arbeitnehmer jedenfalls zu wünschen, dass zukünftige Bewerbungsgespräche erfolgreich sind – eine gute Zusammenarbeit mit seinem derzeitigen Arbeitgeber scheint schwer vorstellbar.

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