21. November 2016
Beschäftigungsverbot, Schwanger
Arbeitsrecht

Lohnanspruch auch bei Beschäftigungsverbot während der Schwangerschaft

Lohnanspruch für schwangere Arbeitnehmerinnen ab dem ersten Arbeitstag auch bei Beschäftigungsverbot; selbst dann, wenn vorher noch nicht gearbeitet wurde.

Erhält eine schwangere Arbeitnehmerin vom Arzt ein Beschäftigungsverbot attestiert, so hat der Arbeitgeber ihr weiterhin ein Entgelt zu zahlen. Der Höhe nach beträgt dies mindestens den Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen oder der letzten drei Monate vor Beginn des Monats, in dem die Schwangerschaft eingetreten ist.

Während des Mutterschutzes hat der Arbeitgeber nach § 14 MuSchG einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld zu zahlen.

Umlage U 2 – Mutterschutz zur Entlastung der Arbeitgeber

Entlastet werden Arbeitgeber durch die sogenannte Umlage U 2 – Mutterschutz, ein Verfahren zum Ausgleich der finanziellen Belastungen aus dem Mutterschutz. Unternehmen erhalten durch dieses Ausgleichsverfahren alle nach dem Mutterschutzgesetz zu zahlenden Bezüge von der für die Arbeitnehmerin zuständigen Krankenkasse erstattet. Hierzu werden von allen Arbeitgebern Beiträge – die sogenannte Umlage – erhoben.

Zunächst galt das Umlageverfahren nur für Kleinbetriebe. Im Jahre 2003 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass dies diskriminierend sei, weil größere Arbeitgeber aus diesem Grund darauf verzichteten, Frauen einzustellen. Seit 2006 bezahlen alle Unternehmen unabhängig von der Beschäftigtenzahl in den Umlagetopf.

LAG Berlin-Brandenburg: Lohnanspruch auch bei Beschäftigungsverbot

Der Anspruch auf Arbeitsentgelt bei Beschäftigungsverbot steht einer schwangeren Arbeitnehmerin auch dann zu, wenn sie vorher keinen einzigen Tag gearbeitet hat. Dies entschied kürzlich das LAG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 30.09.2016 – 9 Sa 917/16).

Es klagte eine schwangere Arbeitnehmerin, die ihre Stelle noch gar nicht angetreten hatte. Im November 2015 hatte sie mit ihrem potenziellen neuen Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis beginnend zum 1. Januar 2016 vereinbart. Im Dezember 2015 wurde ihr aufgrund einer festgestellten Risikoschwangerschaft ein ärztliches Beschäftigungsverbot erteilt. Vor Gericht forderte die schwangere Mitarbeiterin den Lohn ein, den sie bei Arbeitsaufnahme ab Januar 2016 erhalten hätte. Das Unternehmen lehnte dies mit der Begründung ab, es sei zu keinem Zeitpunkt tatsächlich Arbeitsleistung erbracht worden.

Lohnanspruch bei Beschäftigungsverbot für Schwangere gilt ab Abschluss des Arbeitsverhältnisses

Die Richter des LAG Berlin-Brandenburg sprachen der klagenden Arbeitnehmerin die geforderten Beträge zu. Der Anspruch auf Arbeitsentgelt bei Beschäftigungsverboten setze keine vorherige Arbeitsleistung voraus. Es komme ausschließlich auf ein vorliegendes Arbeitsverhältnis und aufgrund eines Beschäftigungsverbots unterbliebene Arbeit an.

Der Arbeitgeber werde nicht unverhältnismäßig belastet, weil er die zu zahlenden Beträge aufgrund des Umlageverfahrens in voller Höhe erstattet bekomme.

Schutz vor wirtschaftlichen Nachteilen

Zweck der gesetzlichen Regelung ist es, Arbeitnehmerinnen vor wirtschaftlichen Nachteilen infolge eines Beschäftigungsverbotes zu schützen. Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg nicht überraschend. Das Verhindern der Einkommenseinbuße soll gerade den Anreiz nehmen, trotz bestehenden Verbots weiterzuarbeiten.

Andererseits regelt z.B. § 3 Abs. 1 EFZG einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung des Arbeitnehmers, wenn er durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert ist. Hier sieht § 3 Abs. 3 EFZG als Voraussetzung jedoch vor, dass das Arbeitsverhältnis ununterbrochen vier Wochen besteht. Eine vergleichbare „Wartezeit″ sehen die Richter des LAG Berlin-Brandenburg bei Leistungen des Mutterschutzes nicht. Es bleibt abzuwarten, ob sich das BAG dieser Ansicht anschließt.

Das LAG Berlin-Brandenburg hat die Revision ans BAG zugelassen.

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