6. Mai 2016
Freiwilligenprogramm Personalabbau
Arbeitsrecht

Personalabbau mittels Freiwilligenprogramm

Ein Unternehmen darf neben dem Sozialplan auch Freiwilligenprogramme für den schnellen Personalabbau anbieten.

Viele Unternehmen gehen mittlerweile dazu über, bei größeren Umstrukturierungen (z. B. auch dem Personalabbau) neben einem Sozialplan ein sog. Freiwilligenprogramm mit ihrem Betriebsrat zu verhandeln. Dieses soll die Mitarbeiter motivieren, im Wege von Aufhebungsverträgen aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden.

Die konkrete Ausgestaltung variiert. Es kommen völlig offene Freiwilligenprogramme vor, die sich an die gesamte Belegschaft oder alle Mitarbeiter einer Abteilung richten. Oft legt der Arbeitgeber aber Wert darauf, dass er festlegt, welche Mitarbeiter ein Aufhebungsvertragsangebot bekommen sollen.

Auf diese Weise kann das Unternehmen unabhängig von Sozialauswahlkriterien gezielt Personen ansprechen und es drohen keine Kündigungsschutzklagen. Dagegen dürfen Sozialplanleistungen nicht vom Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig gemacht werden.

Personalabbau mittels Freiwilligenprogramm grundsätzlich zulässig

Das LAG München hat nun die grundsätzliche Zulässigkeit eines Freiwilligenprogramms neben dem Sozialplan für den Fall des Personalabbaus bestätigt (Urteil vom 9.12.2015, 5 Sa 591/15). Im konkreten Fall sollten nur solche Mitarbeiter in den Genuss der Leistungen kommen, deren Arbeitsverhältnis bei Inkrafttreten des Programms ungekündigt war und die einen Aufhebungsvertrag akzeptieren.

Der Rechtsstreit drehte sich um den Anspruch eines gekündigten Mitarbeiters, der gegen die Kündigung Klage erhoben hatte. Er klagte auf Zahlung einer zusätzlichen Abfindung aus dem Freiwilligenprogramm neben der Sozialplanabfindung. Das Unternehmen berief sich darauf, dass sich der Kläger im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Programms nicht in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befand. Außerdem musste eine Kündigung ausgesprochen werden, nachdem ein Aufhebungsvertrag nicht zustande gekommen war.

Keine Ungleichbehandlung durch Freiwilligenprogramm

Die Klage blieb ohne Erfolg. Die Voraussetzungen des Abfindungsanspruchs nach dem Freiwilligenprogramm lagen unstreitig nicht vor. Eine Verletzung des betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verneinte das Gericht.

Der Gleichbehandlungsgrundsatz untersage es den Betriebsparteien nicht, mit einer eigenständigen Freiwilligenregelung neben dem Sozialplan auch andere finanzielle Anreize zu setzen.

Jedenfalls dann, wenn die Betriebsparteien ihrer Pflicht zur Aufstellung eines Sozialplans nachgekommen sind, könnten sie eine kollektivrechtliche Regelung treffen. Diese solle im Interesse des Arbeitgebers Mitarbeiter motivieren, freiwillig aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden.

Vorsicht: Nichtigkeit von Aufhebungsverträgen bei Massenentlassungen

Der Abschluss zu vieler Aufhebungsverträge innerhalb von 30 Tagen kann zu einer Massenentlassung führen, denn ein arbeitgeberseitig veranlasster Aufhebungsvertrag stellt eine „Entlassung″ dar. Die Folge ist, dass sämtliche Aufhebungsverträge nichtig sind. Das ist der Fall, wenn das in § 17 KSchG vorgesehene Procedere nicht eingehalten wird.

Dieses besteht aus zwei Teilen: Zum einen die Pflicht zur schriftlichen Information des Betriebsrats über die Gründe für die geplanten Entlassungen. Außerdem müssen die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer, die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, der Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen, die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer und die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien angegeben werden. Das Unternehmen muss mit dem Betriebsrat über die Möglichkeiten beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern (sog. Konsultationsverfahren).

Anzeige der Entlassung bei der Arbeitsagentur

Daneben steht das Erfordernis, die Massenentlassung der Agentur für Arbeit anzuzeigen. Konsultationsverfahren und Anzeige der Entlassung sind zwei getrennt durchzuführende Verfahren mit jeweils eigenen Voraussetzungen.

Das hat das BAG erst kürzlich in einer aktuellen Entscheidung vom 20. Januar 2016 (Az. 6 AZR 601/14) herausgearbeitet. Insbesondere kann der Arbeitgeber nicht auf Vorrat sämtliche Mitarbeiter melden, die unter den Geltungsbereich eines Freiwilligenprogrammes fallen, unabhängig davon, ob diese dann tatsächlich einen Aufhebungsvertrag abschließen oder nicht. Unter Umständen muss er, soweit die Massenentlassungsgrenze erreicht ist, vor Angebotserteilung die Anzeige erstatten und der Arbeitsagentur vor Abschluss zusätzlicher Aufhebungsverträge die konkreten Arbeitnehmer nachmelden.

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