20. September 2013
Arbeitsrecht

Polizeimütze + Totenschädel + Facebook = Kündigung

Dass sich social networks – insbesondere arbeitsrechtlich – zumindest nicht als ganz unkritisches Medium darstellen, hat die Vergangenheit bereits gezeigt. Dass vor allem bei Facebook weiterhin ein enormes Konfliktpotential zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer liegt, beweist nun auch ein aktuell bekannt gewordener Fall, der sich vor dem ArbG Hamburg (Urt. v. 18.09.2013, 27 Ca 207/13) abspielte:

Die Stadt Hamburg wirft dem Kläger, einem Angestellten im Polizeidienst, vor, auf seiner persönlichen Facebookseite das Foto eines Totenschädels mit Polizeimütze veröffentlicht zu haben, das im Postencontainer vor dem Schutzobjekt, einer Schule der Jüdischen Gemeinde, aufgenommen wurde. Der Kläger war dort als Objektschützer eingesetzt. Dieser hatte die Anfertigung und das Einstellen des Fotos auf seiner Facebookseite eingeräumt und angeführt, es habe sich um ein Scherz-Foto gehandelt. Er habe zu keiner Zeit den Totenkopf als Symbol der SS-Totenkopfverbände benutzt oder verstanden. Er bedaure, dass er seinerzeit nicht erkannt habe, dass es unangemessen ist, ein solches Foto vor einer jüdischen Einrichtung aufzunehmen. Sollte er damit Gefühle von Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde verletzt haben, tue ihm dies aufrichtig leid und er entschuldige sich dafür ausdrücklich. Er sei weder in verfassungsfeindlichen Organisationen politisch aktiv noch hege er ein nationalsozialistisches oder rechtsradikales Gedankengut.

Das ArbG Hamburg hat im Ergebnis festgestellt, dass die seitens der Stadt Hamburg ausgesprochene fristlose Kündigung unwirksam ist, weil die Polizei nicht dargelegt und nachgewiesen habe, dass der Kläger das Foto aufgrund einer rechtsradikalen Gesinnung aufgenommen und in das Internet gestellt habe. Maßgeblich sei, dass der fotografierte Totenschädel nicht zwangsläufig Ausdruck einer rechtsradikalen Gesinnung ist, sondern dass dieser vielfach auch in anderen Zusammenhängen, etwa bei einem Fußballverein, als Symbol verwendet werde. Auch sei nicht ersichtlich, dass es einen Zusammenhang mit dem Totenschädel und der nur im Hintergrund zu sehenden Schule gebe, die auf dem Foto nur Ortskundige erkennen könnten.

Die Entscheidung des ArbG Hamburg ist bemerkenswert: zum einen ist es nach wie vor erstaunlich, wie unbedarft sich Arbeitnehmer – trotz der zahlreichen inzwischen auch höchst medienwirksam verbreiteten Fälle, in denen Arbeitgeber mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses auf die virtuelle Darstellung des Arbeitnehmers im Web 2.0 reagierten – weiterhin in social networks präsentieren – augenscheinlich ohne jedes Problembewusstsein; zum anderen zeigt das Urteil auf, dass einige Menschen zu einem „befremdlichen“ Humor neigen (und Arbeitsgerichte diesen – mangels vermeintlicher Ernsthaftigkeit – auch noch zugunsten des Arbeitnehmers berücksichtigen).

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