Dass besonders gründliche Reinigungskräfte hohen Schaden anrichten können, ist spätestens seit Entfernung der Beuys’schen Fettecke in der Düsseldorfer Kunstakademie bekannt. Jüngst musste sich das BAG mit einer besonders wohlmeinenden Reinigungskraft befassen.
Die Frau war lange Jahre als Reinigungskraft in einer Gemeinschaftspraxis für radiologische Diagnostik und Nuklearmedizin tätig. Zuletzt bezog sie ein Bruttomonatsgehalt von EUR 320. An einem Sonntag, also außerhalb ihrer Arbeitszeit, besuchte die Reinigungskraft eine Freundin, die zufällig über den Praxisräumen wohnte. Bei Besuchsende nahmen die beiden Frauen in der Praxis einen Alarmton wahr. Die Arbeitnehmerin ging daraufhin in die Praxis und stellte fest, dass der Ton vom Kernspintomographen ausging. Sie schalte den Ton aus, nutzte dafür aber nicht den eigentlich dafür vorgesehenen blauen Schalter „alarm silence″, sondern den roten Schaltkopf „magnet stop″. Dieser war durch einen zusätzlichen Plexiglasdeckel gesichert. Durch die Betätigung dieses Schalters brach das elektromagnetische Feld des Gerätes zusammen. Die danach erforderliche Reparatur dauerte drei Tage und kostete EUR 30.843. Die Ärzte forderten von der Frau neben den Reparaturkosten den Nutzungsausfallschaden.
Die Richter des BAG gaben der Klage nur sehr eingeschränkt statt. Der Schadensersatzanspruch der Mediziner wurde auf ein Bruttojahresgehalt der Reinigungskraft begrenzt. Zwar sah das BAG in der wahllosen Bedienung eines durch einen Plexiglasdeckel besonders gesicherten Knopfes eine zumindest fahrlässige Verletzung der vertraglichen Nebenpflichten. Es betonte aber, dass selbst bei gröbster Fahrlässigkeit Haftungserleichterungen nicht grundsätzlich ausgeschlossen seien. Es sei zum einen die Ausgangssituation zu berücksichtigen: Die Reinigungskraft habe ihren Arbeitgeber eigentlich vor Schaden bewahren wollte, habe dabei aber völlig falsch gehandelt und einen ungewöhnlich großen Schaden angerichtet. In die Wertung sei ferner einzubeziehen, dass sich der entstandene Schaden auf das Hundertfache des Monatslohns der Arbeitnehmerin belief. Dieser Umstand sei haftungsmindernd zu berücksichtigen.
Die von der Reinigungskraft abgeschlossene Privathaftpflichtversicherung, die hier eventuell einstandspflichtig war, ließen die Richter bei ihrer Wertung außen vor: Eine freiwillige Privathaftpflichtversicherung des Arbeitnehmers wirke sich grundsätzlich nicht auf die interne Betriebsrisikoverteilung aus. Etwas anderes gelte nur dann, wenn der Arbeitgeber den Abschluss einer solchen Versicherung wegen der gefahrgeneigten Tätigkeit des Mitarbeiters verlangt habe. Anders verhalte es sich indes bei gesetzlich vorgeschriebenen Haftpflichtversicherungen (also zum Beispiel bei KFZ-Haftpflichtversicherungen). Ein Arbeitnehmer kann sich nicht auf Haftungsbeschränkungen berufen, wenn zu seinen Gunsten eine gesetzlich vorgeschriebene Haftpflichtversicherung eingreift. (BAG vom 28. Oktober 2010 – 8 AZR 418/09)