3. August 2017
Auskunftsklage Tarifzuständigkeit
Arbeitsrecht

Tarifzuständigkeit der DGB-Gewerkschaften für die Zeitarbeit: Weiterhin keine höchstrichterliche Klärung!

BAG: Eine auf § 13 AÜG gestützte Auskunftsklage kann nicht nach § 97 Abs. 5 S. 1 ArbGG zur Klärung der Tarifzuständigkeit ausgesetzt werden.

Am 25. April 2017 hat das BAG in einem weiteren Rechtsstreit (Az. 1 ABR 62/14) zur Frage der Tarifzuständigkeit der DGB-Gewerkschaften für die Zeitarbeitsbranche entschieden – und erneut keine Entscheidung in der Sache getroffen.

Auskunftsanspruch des Zeitarbeitnehmers

Hintergrund des Rechtsstreits war, wie bereits in dem Anfang 2016 entschiedenen Verfahren (BAG v. 26. Januar 2016 – 1 ABR 13/14), eine auf § 13 AÜG gestützte Auskunftsklage des Arbeitnehmers. Dieser war der Entleiherin im Zeitraum vom 3. Juni 2010 bis 18. November 2011 als Elektroinstallateur (im Zuständigkeitsbereich der IG Metall) zur Arbeitsleistung überlassen.

Die gesetzliche Regelung des § 13 AÜG verschafft dem Zeitarbeitnehmer einen grundsätzlichen Anspruch auf Auskunft darüber, welche wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts für einen vergleichbaren Stammarbeitnehmer des Entleihers gelten. Der Anspruch soll dem Zeitarbeitnehmer eine Vergleichsmöglichkeit schaffen und ihm die Überprüfung ermöglichen, ob der Entleiher das Gebot der Gleichbehandlung (und insbesondere den Grundsatz des Equal Pay) einhält (s. auch BAG v. 24. April 2014 – 8 AZR 1081/12). Auch die Neufassung des AÜG hat diese Regelung inhaltlich im Wesentlichen unverändert gelassen.

Ausgeschlossen ist der Auskunftsanspruch nach der gesetzlichen Regelung allerdings, wenn ein Tarifvertrag, der nach der gesetzlichen Konzeption vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen darf, die Arbeitsbedingungen regelt.

Um die Wirksamkeit derartiger Tarifverträge zu klären, hatte das Arbeitsgericht Berlin im Jahr 2012 das Auskunftsverfahren zur Klärung der Tarifzuständigkeit der beteiligten Gewerkschaften ausgesetzt. In dem anschließend eingeleiteten Beschlussverfahren hatte zuletzt das Hessische LAG (Beschluss v. 04. September 2014 – 9 TaBV 91/14) entschieden, dass hinsichtlich des maßgeblichen Tarifabschlusses vom 9. März 2010 die Gewerkschaft IG Metall jedenfalls innerhalb ihres Organisationsbereichs und die Gewerkschaft ver.di auch außerhalb ihres Organisationsbereichs tarifzuständig war.

Auskunftsanspruch unabhängig von Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit

Die nunmehr vollständig abgesetzten Gründe bestätigen die Entscheidung des BAG in dem früheren Verfahren zur Tarifzuständigkeit der DGB-Gewerkschaften von Januar 2016 (BAG v. 26. Januar 2016 – 1 ABR 13/14). Der Beschluss zieht sich ebenfalls auf formelle Aspekte zurück; die Rechtsbeschwerde des Arbeitnehmers scheiterte schon an der fehlenden Antragsbefugnis.

Nochmals klargestellt ist durch das BAG, dass der Auskunftsanspruch nach § 13 AÜG nicht von der Tarifzuständigkeit einer Vereinigung abhängen kann. Zweifel an der Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit einer der Tarifvertragsparteien lassen einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Gleichbehandlung mit den Stammarbeitnehmern des Entleihers jedenfalls hinreichend möglich erscheinen und vermögen den Auskunftsanspruch daher nicht auszuschließen. Der Zeitarbeitnehmer könne die gewünschte Auskunft von dem Entleiher also unabhängig davon verlangen, ob ein Gericht das Fehlen der Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit feststellt.

„Schelte″ für das Arbeitsgericht Berlin

Eine gleichwohl erfolgte Aussetzung des Auskunftsverfahrens ist unbeachtlich und könne dem Zeitarbeitnehmer keine Antragsbefugnis vermitteln. Die Entscheidung enthält erneut eine deutliche „Schelte″ für die Instanzrechtsprechung, die dieses Mal insbesondere das Arbeitsgericht Berlin trifft. Dieses habe den Rechtsstreit über den Auskunftsanspruch nach § 13 AÜG nicht nur zu Unrecht ausgesetzt, sondern der Beschluss weise auch erhebliche inhaltliche Mängel auf.

Abermals kommt das BAG zu dem Ergebnis, dass ein solcher fehlerhafter Beschluss keine Grundlage für ein Verfahren zur Klärung der Tariffähigkeit oder der Tarifzuständigkeit nach § 97 Abs. 1 ArbGG sein kann. Hängt die Entscheidung des Rechtsstreits nicht von der rechtlichen Eigenschaft der Tariffähigkeit oder der Tarifzuständigkeit ab, kann auch ein (fehlerhafter) tatsächlicher Aussetzungsbeschluss dem Arbeitnehmer nicht zu der erforderlichen Antragsbefugnis verhelfen.

Status quo besteht fort

Die Branche muss und wird also auch weiterhin damit umgehen, dass die Tarifzuständigkeit der DGB-Gewerkschaften im Bereich der Zeitarbeit – ebenso wie die rechtliche Qualität dieser Tarifverträge als einheitliches oder mehrgliedriges Tarifwerk – nicht höchstrichterlich geklärt ist.

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