Bei größeren Personalabbaumaßnahmen versuchen Unternehmen gemeinsam mit dem Betriebsrat häufig, die Arbeitslosigkeit der Mitarbeiter durch das Angebot von Transferlösungen zu verhindern. Dazu gehört u. a. die Möglichkeit für ausscheidende Mitarbeiter, in eine sog. Transfergesellschaft (früher auch: Auffanggesellschaft oder Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft) zu wechseln.
Rechtlich erfolgt dieser Wechsel durch einen dreiseitigen Vertrag: Der Mitarbeiter beendet sein Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber durch einen Aufhebungsvertrag und schließt gleichzeitig einen befristeten Arbeitsvertrag mit einer Transfergesellschaft ab. Einziger Zweck des neuen Arbeitsverhältnisses ist es, den Mitarbeiter zu qualifizieren und ihm möglichst schnell einen neuen Job zu vermitteln. Solche befristeten Arbeitsverhältnisse bei der Transfergesellschaft werden maßgeblich über Transferkurzarbeitergeld finanziert, das die Arbeitsagentur in Höhe des Arbeitslosengeldes gewährt, sowie über Leistungen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers (z. B. durch Abkürzung der Kündigungsfrist). Ab 2011 wird die Rolle der Arbeitsagenturen dabei wichtiger.
Zum 01.01.2011 ändern sich die Regelungen des SGB III zu Transferleistungen (§§ 216 a und 216 b SGB III) durch das Gesetz zur Verbesserung der Beschäftigungschancen am Arbeitsmarkt – Beschäftigungschancengesetz – vom 27.10.2010 (BGBl. S. 1417). Die „Geschäftsanweisungen Transferleistungen″ der Bundesagentur für Arbeit in der neuesten Fassung sind seit kurzem auf der Internetseite der Arbeitsagenturen eingestellt (113 Seiten). Was kommt, was bleibt?
Eine der wesentlichen Änderungen ist, dass Arbeitgeber und Betriebsrat ab 01.01.2011 verpflichtet sind, die Arbeitsagenturen im Rahmen der Verhandlungen über Interessenausgleich (IA) und Sozialplan (SP) einzubeziehen und sich über Transfermaßnahmen beraten zu lassen. Ohne eine solche Beratung im Vorfeld wird zukünftig kein Transferkurzarbeitergeld mehr gewährt und keine Transfermaßnahmen mehr gefördert werden. Entscheidend ist dabei, dass die Arbeitsagentur noch die Möglichkeit hat, Einfluss auf das Verhandlungsergebnis zu nehmen. Interessenausgleich und Sozialplan dürfen also noch nicht abgeschlossen sein.
Eine Übergangsregelung enthält das neue Gesetz nicht. Die Geschäftsanweisungen sehen vor, dass das neue Recht nur auf „Neufälle″ angewandt werden soll. Leistungsfälle, die zwar in 2011 entstehen, die jedoch aufgrund von Interessenausgleichs-/Sozialplanverhandlungen, Abstimmungsgesprächen etc. der Betriebsparteien aus 2010 herrühren, sollen noch nach der bis 31.12.2010 geltenden Rechtslage (also insbesondere ohne verpflichtendes Beratungsgespräch im Vorfeld) beurteilt werden. Was das genau heißt, ist leider unklar. Insoweit haben wir schon die unterschiedlichsten Auskünfte der Arbeitsagenturen erhalten („es reicht, wenn Verhandlungen in 2010 begonnen haben, auch wenn IA/SP erst 2011 abgeschlossen wird″, „nur wenn IA/SP in 2010 abgeschlossen ist, findet das alte Recht Anwendung″, „wenn die Transfergesellschaft in 2011 beginnt, findet immer das neue Recht Anwendung″).
Daher ist es derzeit wichtig und wird in Zukunft immer wichtiger, dass man die Arbeitsagenturen so schnell wie möglich nach Information des Betriebsrats über eine geplante Betriebsänderung einbezieht.