Sie suchen noch nach einer Möglichkeit, die Kosten in Ihrem Unternehmen zu reduzieren? Dann lassen Sie Ihre Mitarbeiter doch zukünftig Dienstreisen aus eigener Tasche zahlen. Vieles spricht für eine solche Regelung: Ihre Mitarbeiter müssen nicht am Schreibtisch versauern, sondern sehen die große weite Welt. Sie haben Gelegenheit, sich von ihren Familien und dem Alltagstrott zu erholen. Und mal ehrlich: Es hört sich doch auch schick an, wenn man sagen kann: „Ich war letzte Woche auf Dienstreise – Paris – London – Berlin″.
Unvorstellbar?
Nein! Es handelt sich hierbei um eine gängige Praxis der Schulbehörden gegenüber dem Lehrpersonal. Zwar enthält das Landesreisekostengesetz NRW bei Durchführung einer genehmigten Klassenfahrt grundsätzlich einen Anspruch auf Erstattung der Reisekosten. Das Gesetz sieht allerdings auch die Möglichkeit vor, auf die Reisekostenerstattung schriftlich zu verzichten. Wenn die für die Schule vorgesehenen Haushaltmittel aufgebraucht sind und engagierte Lehrer auf eine Klassenfahrt nicht verzichten möchten, tun sie gut daran, diese Erklärung zu unterschreiben, da die Fahrt sonst nicht genehmigt wird.
So jüngst geschehen an einer Gesamtschule im Kreis Warendorf: Die Klassenlehrerin einer 10. Klasse beantragte im August 2007 für ihre Klasse die Genehmigung einer Studienfahrt nach Berlin im September 2008. In dem von ihr unterschriebenen Antragsformular für eine Dienstreisegenehmigung erklärte sie formularmäßig den Verzicht auf die Zahlung von Reisekostenvergütung, da diese durch die für die Schule vorgesehenen Haushaltsmittel nicht mehr gedeckt waren. Die Lehrerin zahlte daraufhin 234,50 Euro aus eigener Tasche, wovon 28,45 Euro von der Schule erstattet wurden. Die Lehrerin klagte die Restsumme vor dem Arbeitsgericht ein.
Das Arbeitsgericht Münster ist der Argumentation des Landes gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Die Klassenlehrerin habe ja nun schließlich ausdrücklich auf die Erstattung der Reisekosten verzichtet. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm hob das Urteil der Vorinstanz auf. Auf die schriftliche Verzichtserklärung dürfe sich das Land dann nicht berufen, wenn sie unter Verletzung der dem Bediensteten geschuldeten Fürsorgepflicht erwirkt worden und damit treuwidrig sei. Dies sei hier der Fall gewesen, weil die Genehmigung der Klassenfahrt davon abhängig gemacht worden sei, dass die Lehrkraft zuvor schriftlich auf die Zahlung der Reisekosten verzichte. Da das Lehrpersonal andererseits nach der allgemeinen Dienstordnung in besonderer Weise zur Teilnahme an Klassenfahrten angehalten sei, widerspreche es der arbeitgeberseitigen Fürsorgepflicht in besonderem Maße, wenn die Lehrkräfte vor die Alternative gestellt würden, entweder auf Reisekostenansprüche zu verzichten oder ihre Klasse im Stich zu lassen.
Das LAG Hamm hat sich damit der Auffassung verschiedener anderer Landesarbeitsgerichte angeschlossen. Es hat aber auch die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Es bleibt also spannend, ob die Schulministerin noch zum Bundesarbeitsgericht zieht oder anerkennt, dass entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen, damit nicht die engagierten Lehrer dadurch abgestraft werden, dass sie auch noch auf den Dienstreisekosten sitzen bleiben. (LAG Hamm vom 3. Februar 2011 – 11 Sa 1852/10)