5. März 2014
Vermittlungshonorar
Arbeitsrecht

Zeitarbeit: Zulässigkeit von Vermittlungshonoraren

Zeitarbeitskräfte sind für den Personaldienstleister sein „wichtigstes Gut“. Er hat ein Interesse daran, die Mitarbeiter an sein Unternehmen zu binden und bei einer Übernahme durch einen Kunden einen finanziellen Ausgleich zu erhalten. Dies geschieht im Wesentlichen durch im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen dem Personaldienstleister und dessen Kunden vereinbarte Vermittlungshonorare, die grundsätzlich zulässig sind (vgl. BGH vom 10. November 2011 – III ZR 77/11). Dennoch gibt es AGB-rechtliche Hürden, die bei Nichtbeachtung zu einer Unwirksamkeit der Klausel führen.

Das LG Flensburg hat in diesem Zusammenhang folgende Regelung beanstandet (Urteil vom 6. Dezember 2013 – 2 O 89/13):

„Geht der Entleiher mit einem Mitarbeiter oder Bewerber … vor oder während eines bestehenden Arbeitnehmerüberlassungsverhältnisses oder bis zu drei Monate danach ein Arbeitsverhältnis ein, erhält … ein Vermittlungshonorar entsprechend der ununterbrochenen Überlassungsdauer beim Entleiher. …

Soweit im Rahmenvertrag nichts anderes vereinbart, erhält der Verleiher folgendes Vermittlungshonorar:

bis 1 Monat Überlassungsdauer: 250 Std. x Verrechnungssatz

bis 2 Monate Überlassungsdauer: 225 Std. x Verrechnungssatz

bis 3 Monate Überlassungsdauer: 200 Std. x Verrechnungssatz

bis 4 Monate Überlassungsdauer: 175 Std. x Verrechnungssatz

bis 5 Monate Überlassungsdauer: 150 Std. x Verrechnungssatz

bis 6 Monate Überlassungsdauer: 125 Std. x Verrechnungssatz

bis 7 Monate Überlassungsdauer: 100 Std. x Verrechnungssatz

bis 8 Monate Überlassungsdauer: 75 Std. x Verrechnungssatz

bis 9 Monate Überlassungsdauer: 50 Std. x Verrechnungssatz

bis 10 Monate Überlassungsdauer: 25 Std. x Verrechnungssatz

ab dem 11. Monat Überlassungsdauer: ohne Berechnung

Ab dem 11. Monat ununterbrochener Überlassungsdauer ist keine Provision mehr zu entrichten. …

Das jeweilige Vermittlungshonorar versteht sich zzgl. der gesetzlichen MwSt.

Der Anspruch auf Vermittlungsprovision entsteht unabhängig davon, ob zum Zeitpunkt der Übernahme des Mitarbeiters noch ein Arbeitsverhältnis mit … besteht.“

Zunächst geht das LG Flensburg auf Grundlage der Rechtsprechung des BGH davon aus, dass die Vergütung nach der Überlassungsdauer degressiv gestaffelt ausgestaltet sein müsse, weil sich die in der Vergütung einkalkulierten Kosten des Personaldienstleisters mit zunehmender Dauer der Arbeitnehmerüberlassung amortisieren und der mit dem Wechsel des Arbeitnehmers verbundene wirtschaftliche Nachteil durch die Verleihvergütung fortschreitend kompensiert werde.

Diese Voraussetzung sei zwar hier erfüllt. In die Beurteilung seien aber zudem die Verkehrsüblichkeit der vereinbarten Vergütung, das Marktniveau einer funktionsgleichen Vermittlungsleistung sowie die Qualifikation des betroffenen Arbeitnehmers einzustellen. Hieraus folge, dass für die Beurteilung einer Vergütung als „angemessen“ nicht ausreiche, diese degressiv auszugestalten. Vielmehr seien bei der abstrakten Bemessung der Vergütungshöhe auch die genannten Gesichtspunkte zu berücksichtigen.

Dies könne etwa geschehen, indem die Vergütungshöhe an das jeweilige Bruttoeinkommen des betroffenen Arbeitnehmers geknüpft werde, weil hierdurch ein Bezug zum Wert der Arbeitsleistung, zur Qualifikation und zur bisherigen Tätigkeit des Arbeitnehmers hergestellt werde – das jeweilige Bruttoeinkommen korrespondiere mit dem wirtschaftlichen Wert des mit dem Wechsel des Arbeitnehmers einhergehenden wirtschaftlichen Nachteils für den Personaldienstleisters, des entsprechenden Vorteils für den Kunden und einer funktionsgleichen Vermittlungsleistung.

Auch eine solche Verknüpfung sei aber nur angemessen, wenn sich die danach bestimmbare Vergütungshöhe im Bereich des im Geschäftsverkehr Üblichen bewege. Welche absolute Vergütungshöhe danach noch angemessen sei, sei bislang nicht abschließend geklärt. Ausgehend von einer Spanne branchenüblicher Sätze von ein bis zu drei Bruttomonatsgehältern bewegt sich nach Auffassung des BGH eine Maximalvergütung von 1,8 Bruttomonatsgehältern auch dann noch im Rahmen des Angemessenen, wenn die Vergütungsregelung undifferenziert erfolge.

Diesen Anforderungen genüge die streitgegenständliche Klausel nicht. Die Bestimmung der Höhe des Vermittlungshonorars erfolge ohne Berücksichtigung der Verkehrsüblichkeit der vereinbarten Vergütung, des Marktniveaus einer funktionsgleichen Vermittlungsleistung sowie der Qualifikation des betroffenen Arbeitnehmers. Diese Gesichtspunkte würden auch nicht mittelbar berücksichtigt, weil die Vergütungshöhe nicht an das Bruttoeinkommen des Zeitarbeitnehmers geknüpft werde.

Eine solche undifferenzierte Vergütungsregelung wäre allenfalls noch dann als noch „angemessen“ zu qualifizieren, wenn sich die danach bestimmte maximale Vergütung innerhalb der branchenüblichen Sätze, gemessen am Bruttoeinkommen des Zeitarbeitnehmers, bewege. Dabei bedürfe es keiner Entscheidung, ob bei einer Überlassungsdauer von bis zu einem Monat eine maximale Vergütung von bis zu drei Bruttomonatsgehältern angemessen wäre.

Unabhängig vom tatsächlichen, nicht bekannten Bruttomonatseinkommen des vermittelten Mitarbeiters ermögliche die vertragliche Bestimmung abstrakt ein Vermittlungshonorar, das das dreifache Bruttomonatseinkommen des Zeitarbeitnehmers übersteige, weil die Klausel eine entsprechende Begrenzung der Vergütungshöhe nicht vorsehe. Eine solche undifferenzierte Vergütungsklausel ohne eine am Einkommen des Zeitarbeitnehmers orientierte Beschränkung sehe keine „angemessene“ Vergütung im Sinne des § 9 Nr. 3 AÜG vor; sie sei folglich mit dem wesentlichen Grundgedanken dieser gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren und aus diesem Grund unwirksam.

Vorsicht bei kreativen Klauseln

Die Entscheidung zeigt, dass die vertragliche Gestaltung einer Klausel zu einer Vermittlungsprovision durchaus tückenhaft und für den Personaldienstleister folglich gefährlich sein kann, mit dieser Forderung in Gänze auszufallen. Unabhängig davon, ob man das Urteil des LG Flensburg als richtig und überzeugend ansieht, sollte sich ein auf Rechtsicherheit bedachter Personaldienstleister eher an der bereits vom BGH anerkannten Formulierung halten (BGH vom 10. November 2011 – III ZR 77/11). Diese lautet wie folgt:

„Bei Übernahme in ein Anstellungsverhältnis eine(r)/s Mitarbeiter(in)/s aus der Überlassung steht X. ein Vermittlungshonorar zu. Die Höhe der Vermittlungsgebühr ist wie folgt gestaffelt: Übernahme innerhalb der ersten drei Monate 15% des Jahresbruttoeinkommens, nach 3 Monaten 12% des Jahresbruttoeinkommens, nach 6 Monaten 9% des Jahresbruttoeinkommens, nach 9 Monaten 5% des Jahresbruttoeinkommens und nach 12 Monaten erheben wir keine Vermittlungsgebühr mehr (Jahresbruttogehalt = Arbeitsentgelt brutto ohne Nebenzuwendungen zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer). Das Honorar wird bei Begründung des Arbeitsverhältnisses, d.h. mit Unterzeichnung des Vertrages, binnen 8 Tagen fällig.

Das Vermittlungshonorar steht X auch dann zu, wenn [es] innerhalb von sechs Monaten nach der letzten Überlassung zu einem Anstellungsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Mitarbeiter kommt.″

Der etwas „offensiver″ denkende Personaldienstleister mag hinsichtlich der von ihm genutzten Provisionsregelung experimentierfreudiger sein und entsprechende Anpassungen vornehmen, läuft dabei aber auch Gefahr, dass dessen Kreativität von den Zivilgerichten kassiert wird, wenn und soweit man sich tatsächlich auf eine prozessuale Auseinandersetzung mit dem Kunden einlassen wird. In diesem Zusammenhang ist auch zu bedenken, dass ein Rechtsstreit der Geschäftsbeziehung sicherlich nicht gut tun wird.

Tags: 2 O 89/13 angemessene Vergütung Arbeitnehmerüberlassungsvertrag Personaldienstleister Rechtsprechung Verkehrsüblichkeit Vermittlungshonorar Vermittlungsprovision Zeitarbeit