2. Dezember 2020
Vollstreckung notarieller Urkunden
Banking & Finance

BGH stärkt Banken bei der Vollstreckung notarieller Urkunden

BGH bestätigt, dass Nachweisverzichte lediglich einfache Vollstreckungsklauseln gemäß § 724 ZPO bedingen.

Das Klauselerteilungsorgan, in der Regel der beurkundende Notar, muss im Falle der Erklärung in einer notariellen Grundschuldbestellungsurkunde, dass dem Gläubiger ohne Nachweis über das Bestehen und die Fälligkeit der Zahlungsverpflichtung begründenden Tatsachen eine vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde erteilt werden kann auf Antrag eine einfache Vollstreckungsklausel erteilen. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Nachweisverzichtserklärung materiell, etwa aufgrund § 134 BGB oder §§ 307 ff. BGB unwirksam sein könnte.

Die ständige Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Oktober 2005 – VII ZB 54/05; Urteil vom 25. Juni 1981 – III ZR 179/79; vgl. ferner Volmer, MittBayNot 2009, 1, 8 m.w.N.) geht grundsätzlich von der Wirksamkeit einer solchen Nachweisverzichtserklärung aus, da diese lediglich den Nachweis der Vollstreckungsvoraussetzungen vereinfachen soll (BGH, Urteil vom 22. Juli 2008 – XI ZR 389/07 Rn. 33; Urteil vom 3. April 2001 – XI ZR 120/00) und sich auch nur auf das Klauselerteilungsverfahren bezieht, nicht aber dem Schuldner materiellrechtliche Einwände (wie z.B. die fehlende Kündigung nach § 1193 Abs. 1 S. BGB) gegen den Anspruch selbst versagt. 

BGH: Eine einfache Klausel im Sine von § 724 ZPO reicht aus

In einem vom BGH zu entscheidenden Fall strengte die Sicherungsgeberin eine Klauselerinnerung gegen die Erteilung einer einfachen Klausel an, da der Notar die Verzichtserklärung ihrer Meinung nach nicht hätte berücksichtigen dürfen. Der BGH endschied, dass eine einfache Klausel im Sinne von § 724 ZPO ausreichend und keine qualifizierte Klausel im Sinne von § 726 ZPO erforderlich sei (Urteil v. 7. Oktober 2020 – VII ZB 56/18).

Der Prüfungsumfang des Klauselerinnerungsverfahren entspricht dem des Klauselerteilungsverfahren, weil im Erinnerungsverfahren gerade das Erteilungsverfahren überprüft wird. Grundsätzlich können daher im Erinnerungsverfahren nur formelle Fehler geltend gemacht werden. Dabei muss das Klauselerteilungsorgan, hier der Notar, durch Auslegung ermitteln, ob die Erteilung an Bedingungen geknüpft ist, die vom Gläubiger zu beweisen sind. Bestehen solche Bedingungen, ist eine qualifizierte Klausel zu erteilen. 

Inhalt und Umfang der Vollstreckungsklausel ergibt sich aus Titel

Bei der Auslegung ist zu beachten, dass diese durch die Formalisierung des Klauselerteilungsverfahrens begrenzt ist. Für die Vollstreckung wird nur berücksichtigt, was im Titel selbst festgelegt ist oder sich aus diesem klar und deutlich ergibt. Dieser muss also bestimmt genug sein. Hieraus ergibt sich, dass nicht auf außerhalb des Titels liegenden Umstände zurückgegriffen werden kann. 

Jedoch sind auch gesetzliche Regelungen zu beachten, wenn deren Anwendbarkeit sich aus dem Titel selbst ergeben. Daher sind materielle Voraussetzungen wie das Kündigungserfordernis nach § 1193 Abs. 1 S. 1 BGB – um welches es in dem zu entscheidenden Fall ging – bei der Auslegung grundsätzlich zu berücksichtigen und führen demnach dazu, dass eine qualifizierte Klausel erteilt werden muss. In dem Fall sind materielle Voraussetzungen auch Vollstreckungsbedingungen.

Allerdings darf sich für diese Pflicht nichts anderes aus dem Titel ergeben, was bei einer Nachweisverzichterklärung aber gerade der Fall ist. Es existieren keine gesetzlichen Regelungen, die deren Nichtbeachtung rechtfertigen. Weder dem Notar noch dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle sind im Klauselerteilungsverfahren umfassende materiellrechtliche Prüfungen erlaubt. Durch den Nachweisverzicht verliert die materielle Voraussetzung ihren Charakter als Vollstreckungsbedingung. 

Vollstreckungsabwehrklage oder Gestaltungsklage sind weitere Möglichkeiten zur Vollstreckungserinnerung zur Geltendmachung materiellrechtlicher Einwände

Eine andere Bewertung ist nicht etwa geboten, weil die notarielle Vollstreckungsklausel die Anordnung der Zwangsversteigerung und die Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks im Grundbuch unmittelbar bedingt. Denn der Vollstreckungsschuldner ist nicht rechtlos gestellt. Ihm stehen unabhängig vom Vollstreckungsverfahren Möglichkeiten wie eine Vollstreckungsabwehrklage nach § 767, 797 Abs. 4 und 5 iVm § 795 S. 1 ZPO – auch im einstweiligen Rechtsschutz nach § 769 ZPO – sowie eine prozessuale Gestaltungsklage analog § 767 ZPO zur Verfügung, um seine materiellrechtlichen Einwände vorzubringen. 

Dass der BGH durch die Entscheidung die derzeitige sicherungsnehmerfreundliche Praxis nochmals bestätigt, ist für Sicherungsnehmer – häufig die finanzierende Bank – positiv zu beurteilen, da damit einer verfahrenstechnische Verzögerungsmöglichkeit ein Riegel vorgeschoben wird. Die in der Praxis weit verbreitete Nachweisverzichtserklärung vermag so ihren Zweck zu erfüllen. 

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