Jetzt auch noch die Zinssicherung: BGH kassiert weitere Gebührenklausel und baut den Verbraucherschutz weiter aus.
Der BGH hat nach einer Pressemitteilung vom 5. Juni 2018 eine weitere Bankgebühr in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für unwirksam erklärt. Durch das Urteil vom 5. Juni 2018, Az. XI ZR 790/16 erklärte der für Banksachen zuständige 11. Senat, dass die von einer Bank in einem Darlehensvertrag mit variablem Zinssatz verwendeten Zinssicherungsgebühren (sog. Zinscap-Prämien) im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern gegen §§ 307 III Satz 1, I und II i.V.m. 488 I Satz 1 BGB verstoßen. Der BGH bewegt sich mit diesem Urteil auf der Linie seiner bisherigen Entscheidungen zu Gebühren und Entgelten im Kreditgeschäft. Offen bleibt, inwieweit Unternehmer hiervon betroffen sein werden.
Mit der Zinssicherungsgebühr wird bei Krediten mit variablem Zins dem Darlehensnehmer garantiert, dass der Zins eine bestimmte Höhe nicht überschreitet. Gleichzeitig sichert sich die Bank damit gegen das Verlustpotential aus der Differenz zwischen gestiegenem Zinsniveau des Marktes und vereinbartem Zinshöchstsatz ab.
„Unangemessen und intransparent!“
Derartige Klauseln stellen aus Sicht der Karlsruher Richter eine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers dar, da sie dem gesetzlichen Leitbild des § 488 I Satz 1 BGB widersprechen. Der Zins ist das laufzeitabhängig ausgestaltete Entgelt für die Überlassung der Darlehensvaluta. Die hier in Rede stehende Zinssicherungsgebühr war hingegen sofort bei Vertragsschluss fällig, nicht von der Laufzeit des Darlehens abhängig und sollte bei vorzeitiger Tilgung auch nicht anteilig zurückgezahlt werden. Das unterscheide sie maßgeblich von einem Disagio, welches bei vorzeitiger Rückzahlung anteilig erstattet wird. Demnach ging die Inhaltskontrolle des BGH nach §§ 307 III Satz 1, I und II BGB zulasten der Bank aus.
Der BGH und der Verbraucherschutzkurs… auf wessen Kosten?
Die Entscheidung passt grundsätzlich zu den verbraucherfreundlichen Urteilen des BGH zu Entgelten und Gebühren im Kreditgeschäft, die sich nicht unmittelbar auf die Hauptleistung beziehen. Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung des BGH, dass Entgelt-und Gebührenklauseln, in denen ein Kreditinstitut einen Vergütungsanspruch für Tätigkeiten normiert, zu deren Erbringung es entweder gesetzlich oder auf Grund einer selbstständigen vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet ist, oder die es vorwiegend im eigenen Interesse wahrnimmt, mit dem gesetzlichen Leitbild des § 488 I Satz 1 BGB nicht vereinbar sind.
Nach der neuen Entscheidung sind also Zinssicherungsgebühren im selben Atemzug zu nennen wie Kreditbearbeitungsgebühren oder etwa Kosten für die Prüfung der Bonität des Darlehensnehmers oder Werthaltigkeit von Sicherheiten. Während man bei den zuletzt genannten Kosten vielleicht von einem überwiegenden Eigeninteresse der Bank sprechen kann, ist das allerdings bei Zinssicherungsgebühren fraglich. Auch der Verbraucher hat ein Eigeninteresse, die auf ihn zukommenden Zinsen absehen und kalkulieren zu können. Die Bank muss die dafür berechnete Risikoprämie kalkulieren.
Was gilt für den Unternehmerkredit?
Der BGH hat in der Vergangenheit seine Rechtsprechungslinie zu bestimmten Entgelten und Gebühren auch auf das unternehmerische Kreditgeschäft ausgedehnt (z.B. BGH-Urt. v. 04.07.2017, Az.: XI ZR 562/15). Die Auszahlung der Darlehenssumme bspw. sei auch bei Unternehmenskrediten keine gesonderte und vergütungsfähige Leistung. Dasselbe gelte z.B. für die Prüfung der Bonität des Kunden oder für die Bewertung der angebotenen Sicherheiten, selbst wenn dies zumindest auch im Interesse des Darlehensnehmers sei. Dagegen ließ der BGH das Argument nicht zu, dass die gebührenpflichtigen Leistungen auch im Interesse des Darlehensnehmers seien, weil er einen individuell risikoangemessenen Zinssatz erhalte. Auch steuerliche Vorteile des unternehmerischen Darlehensnehmers ließ der BGH nicht als Rechtfertigung zu.
Ob dieser strenge Maßstab des BGH auch für Zinssicherungsgebühren im unternehmerischen Kreditgeschäft angewendet werden kann, darf bezweifelt werden. Ohne Frage besteht ein erhebliches Interesse des Darlehensnehmers an einer vorhersehbaren Zinsstruktur, gerade bei Darlehen mit langen Laufzeiten. Deshalb sind Zinssicherungsgebühren auch regelmäßig Bestandteil der Darlehensverhandlungen und werden dem Unternehmer nicht einseitig aufgezwungen. Die Qualifikation als Allgemeine Geschäftsbedingung geht an der Wahrnehmung in der Praxis vorbei.
Laufzeitabhängige Zinssicherungsklauseln lösen Folgeprobleme aus
Bei der derzeit zu beobachtenden Grundtendenz des BGH muss allerdings befürchtet werden, dass der 11. Senat auch vor Zinssicherungsgebühren im unternehmerischen Kredit nicht Halt machen wird. Auch hier böte sich an, die Zinssicherungsklauseln laufzeitabhängig zu gestalten, um die vom BGH bemängelte Verbindung zu den Hauptleistungspflichten herzustellen. Schon stellt sich aber das Problem des deutschen Rechts, dass Kredite mit variablem Zins gemäß § 489 BGB zwingend mit kurzer Frist kündbar sind; ein für die Bank kaum lösbares kalkulatorisches Dilemma.
Bei größeren Finanzierungen werden neben dem Darlehensvertrag regelmäßig selbstständige Zinssicherungsverträge abgeschlossen, um dem unternehmerischen Interesse nach Kostensicherheit gerecht zu werden. Es bleibt zu hoffen, dass die rechtliche und wirtschaftliche Trennung dieser Verträge nicht auch noch in Frage gestellt wird. Das würde einen weiteren Rückschlag für den Finanzmarkt Deutschland bedeuten. Genaueres wird vielleicht die Analyse der schriftlichen Urteilsgründe ergeben.