20. Januar 2022
Prüfungsausschuss Aufsichtsrat CRR-Kreditinstitut
Banking & Finance

Der Prüfungsausschuss im fakultativen Aufsichtsrat eines CRR-Kreditinstituts

Einrichtung eines Prüfungsausschusses nunmehr auch für den fakultativen Aufsichtsrat eines CRR-Kreditinstituts verpflichtend.

Das bereits zum 1. Juli 2021 größtenteils in Kraft getretene Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) enthält für 2022 bedeutende Neuerungen im Hinblick auf den Prüfungsausschuss für Unternehmen von öffentlichem Interesse i.S.d. § 316a S. 2 HGB n.F. Dies betrifft insbesondere CRR-Kreditinstitute mit einem fakultativ eingerichteten Aufsichtsrat.

Der fakultative Aufsichtsrat eines CRR-Kreditinstituts

Gesellschaftsrechtlich ist ein Aufsichtsrat für ein CRR-Kreditinstitut in der Rechtsform einer GmbH nicht zwingend vorgesehen. Die Gesellschaft kann aber durch entsprechende Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag einen Aufsichtsrat freiwillig einrichten (sog. fakultativer Aufsichtsrat). Bei regulierten Instituten in der Rechtsform einer GmbH ist der fakultative Aufsichtsrat regelmäßig bestellt, da diese nach §§ 25a, 25d KWG und den MaRisk aufsichtsrechtlich ein „Aufsichtsorgan“ vorhalten müssen.

Die Grundprinzipien des fakultativen Aufsichtsrats: Dispositionsgrundsatz und Ausgestaltungsfreiheit

Die aktienrechtlichen Bestimmungen für den Aufsichtsrat gelten für den fakultativen Aufsichtsrat in der GmbH über die Verweisungsnorm des § 52 Abs. 1 GmbHG in eingeschränktem Umfang entsprechend, jedenfalls sofern im Gesellschaftsvertrag Vorschriften des AktG, auf die verwiesen wurde, nicht ausdrücklich abbedungen wurden (wobei auch der Kreis der anwendbaren aktienrechtlichen Regelungen im Gesellschaftsvertrag erweitert werden kann). 

Die Gesellschafter sind somit bei der Ausgestaltung des fakultativen Aufsichtsrats hinsichtlich Größe, innerer Ordnung und Kompetenzzuweisung weitgehend frei. Daher genießt der fakultative Aufsichtsrat eine Vielzahl von Freiheiten, die dem obligatorischen Aufsichtsrat fremd sind. Infolge des dispositiven Systems und der weitreichenden Ausgestaltungsfreiheit erfreut sich die Rechtsform der GmbH für CRR-Kreditinstitute immer größerer Beliebtheit.

Aufgrund der Neuregelungen des FISG erfahren die für den fakultativen Aufsichtsrat geltenden Grundprinzipien der Ausgestaltungsfreiheit und des Dispositionsgrundsatzes jedoch eine erhebliche Einschränkung, indem auch den fakultativen Aufsichtsrat eines CRR-Kreditinstituts in der Rechtsform der GmbH die Pflicht (durch die Hintertür) trifft, einen Prüfungsausschuss einzurichten: 

Aufsichtsrechtliche Verpflichtung

Aufsichtsrechtlich ergibt sich aus § 25d Abs. 7 KWG nur für bedeutende Institute i.S.d. § 1 Abs. 3c KWG die zwingende Verpflichtung zur Errichtung eines Prüfungsausschusses im Aufsichtsrat. Nach § 1 Abs. 3c KWG gilt ein Institut als bedeutend, wenn seine Bilanzsumme im Durchschnitt zu den jeweiligen Stichtagen der letzten vier abgeschlossenen Geschäftsjahre EUR 15 Milliarden überschritten hat. Im Übrigen soll ein Prüfungsausschuss nur dann eingerichtet werden, wenn dies nach dem Proportionalitätsgrundsatz, d.h. abhängig von der Größe, der internen Organisation sowie der Art, dem Umfang, der Komplexität und dem Risikogehalt der Geschäfte des Unternehmens, erforderlich ist. Die Einrichtung von Ausschüssen im Aufsichtsrat ist somit nicht zwingend (wenngleich der wohl gesetzlich intendierte Regelfall).

Für CRR-Kreditinstitute, die den Schwellenwert aus § 1 Abs. 3c KWG nicht überschreiten, ergibt sich daher zunächst keine aufsichtsrechtliche „Per se“-Verpflichtung zur Bildung eines Prüfungsausschusses.

Gesellschaftsrechtliche Verpflichtung

Infolge der Neuerungen des FISG müssen Unternehmen von öffentlichem Interesse seit dem 1. Januar 2022 nach § 107 Abs. 4 AktG n.F. verpflichtend einen Prüfungsausschuss im Aufsichtsrat einrichten, der die Voraussetzungen des § 100 Abs. 5 AktG erfüllt. 

Der Begriff des Unternehmens von öffentlichem Interesse wird in § 316a S. 2 HGB n.F. legaldefiniert und umfasst Kapitalgesellschaften mit Kapitalmarktorientierung nach § 264d HGB (d.h. Kapitalgesellschaften, deren Wertpapiere zum Handel am regulierten Markt [nicht Freiverkehr] zugelassen sind), Versicherungsunternehmen i.S.d. Richtlinie 91/674/EWG und CRR-Kreditinstitute nach § 1 Abs. 3d KWG.

Die Neuregelungen des FISG gelten nach § 107 Abs. 4 AktG n.F. zunächst sowohl für den Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft (AG) und der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) als auch für den Aufsichtsrat der dualistischen Europäischen Gesellschaft und den Verwaltungsrat der monistischen SE.

Auch § 52 Abs. 1 GmbHG verweist ausdrücklich auf §§ 100 Abs. 5, 107 Abs. 4 AktG n.F., sodass die dortigen Bestimmungen im Grundsatz ebenfalls für den fakultativen Aufsichtsrat der GmbH gelten. Der fakultative Aufsichtsrat eines CRR-Kreditinstituts ist aus gesellschaftsrechtlicher Perspektive allerdings nur dann zur Errichtung eines Prüfungsausschusses verpflichtet, wenn der Gesellschaftsvertrag die entsprechenden aktienrechtlichen Vorschriften nicht ausdrücklich abbedingt (s.o.). 

Handelsrechtliche Verpflichtung

Darüber hinaus sind jedoch auch handelsrechtliche Vorgaben zu beachten. Sofern bei einem CRR-Kreditinstitut die §§ 100 Abs. 5, 107 Abs. 4 AktG n.F. durch Gesellschaftsvertrag abbedungen wurden, greift der nunmehr durch das FISG im Anwendungsbereich präzisierte § 324 Abs. 1 HGB n.F. und die damit einhergehende handelsrechtliche Verpflichtung zur Errichtung eines Prüfungsausschusses im Aufsichtsrat. Bei § 324 Abs. 1 HGB n.F. handelt es sich um eine rechtsformunabhängige Auffangvorschrift. Die Vorschrift soll sicherstellen, dass alle Unternehmen von öffentlichem Interesse im Anwendungsbereich der Abschlussprüferrichtlinie (Richtlinie 2006/43/EWG) einen Prüfungsausschuss einrichten, und dient daher dem Zweck der Schließung von gesetzlichen Schlupflöchern. 

Fazit: Verpflichtung zur Bildung eines Prüfungsausschusses gilt rechtsformunabhängig

CRR-Kreditinstitute müssen somit zwar weiterhin nicht zwingend aus aufsichtsrechtlicher Perspektive einen Prüfungsausschuss im fakultativen Aufsichtsrat einrichten, infolge des FISG allerdings seit dem 1. Januar 2022 entweder nach den gesellschaftsrechtlichen Regelungen i.V.m. dem Gesellschaftsvertrag oder aber jedenfalls aufgrund der handelsrechtlichen Bestimmungen in § 324 Abs. 1 HGB n.F. Somit stellt der Prüfungsausschuss nunmehr eine gesetzliche Pflicht für CRR-Kreditinstitute unabhängig von der gewählten Rechtsform dar, dessen Bildung auch nicht aufgrund des dispositiven Charakters der aktienrechtlichen Bestimmungen für einen fakultativen Aufsichtsrat umgangen werden kann. 

CRR-Kreditinstitute mit fakultativem Aufsichtsrat sollten also spätestens jetzt prüfen, ob und inwieweit Handlungsbedarf im Aufsichtsrat besteht.

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