Mit Abtretung von Kapitallebensversicherungsansprüchen zur Sicherung einer fremden Darlehensschuld ist die Zuwendung an den persönlichen Schuldner erfolgt.
Jede Rechtshandlung, die dazu dient, einen zugriffsfähigen Gegenstand aus dem Vermögen des Schuldners vollständig zu entfernen, kann nach §§ 129 ff InsO anfechtbar sein. Erfasst wird jede Schmälerung des Schuldnervermögens, durch welche die Insolvenzgläubiger unmittelbar oder mittelbar benachteiligt werden. Sobald die gesamten Erfordernisse vorliegen, an welche die Rechtsordnung die Entstehung, Aufhebung oder Änderung eines Rechtsverhältnisses knüpft, gilt die Rechtshandlung als vorgenommen, vgl. § 140 InsO. Bei mehraktigen Rechtshandlungen treten die rechtlichen Wirkungen der Rechtshandlung mit dem letzten zur Erfüllung ihres Tatbestandes erforderlichen Teilakt ein.
Das vollständige Ausscheiden aus dem Vermögen setzt dann die Anfechtungsfrist in Gang (so BGH, Urteil v. 17. Dezember 2020 – IX ZR 205/19). Je später dieser Zeitpunkt liegt, desto größer ist das Risiko, dass er noch innerhalb einer der insolvenzrechtlichen Anfechtungsfristen liegt.
Bei Vorausabtretung Entstehen der Forderung entscheidend
Diese Grundsätze bergen für die Praxis der Kreditsicherung erhebliche Risiken bei der Sicherungsabtretung zukünftiger Forderungen. Bei der Vorausabtretung einer (künftigen) Forderung ist vollständiges Ausscheiden und somit Beginn der Anfechtungsfrist das Entstehen der zedierten Forderung.
Zwar ist das Verfügungsgeschäft mit der Forderungsabtretung abgeschlossen, doch erwirbt der Zessionar die vorausabgetretene Forderung erst, wenn sie entstanden ist. Für die Anfechtung ist nur die Entstehungszeit der vorausabgetretenen Forderung entscheidend. Das haftende Vermögen des Schuldners, auf dessen Beeinträchtigung es für die Anfechtung ankommt, wird durch den Abtretungsvertag noch nicht geschmälert, weil die abgetretene Forderung als Vermögenswert zur Zeit des Vertragsschlusses noch gar nicht existiert.
Bei Abtretung bedingter Forderung Abtretung selbst maßgeblich
Anders entscheidet der BGH dies jetzt für die Abtretung aufschiebend bedingter Forderungen aus einer (Kapital-)Lebensversicherung. Hier erhalte der Zessionar bzw. das Kreditinstitut bereits eine gesicherte Rechtsposition an der abgetretenen bedingten Forderung. Die Forderung entstehe nicht erst mit Eintritt der Bedingung.
Zwar stehe dem Kreditinstitut während der Schwebezeit noch nicht das vollwirksame unbedingte Recht zu, jedoch habe es bereits die rechtlich gesicherte und geschützte, abtretbare und pfändbare Anwartschaft auf das Vollrecht. Die Anwartschaft bilde einen Vermögensgegenstand, der schon mit der Abtretung und nicht erst mit dem Eintritt der Bedingung aus dem Vermögen des Leistenden ausscheide. Der Zedent könne nach der Sicherungsabtretung nicht mehr über den Lebensversicherungsvertrag verfügen. Selbst die Einstellung der Prämienzahlung führe nicht zum Entfall der Ansprüche, sondern nur zur Kündigungsmöglichkeit seitens des Versicherers und bei Ausübung zur Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung.
Einziehen der Versicherungsleistung nicht entscheidend
Das Einziehen der Versicherungsleistung durch das Kreditinstitut bewirke keine weitere objektive Gläubigerbenachteiligung und könne daher die Anfechtungsfrist nicht von neuem in Gang setzen. Eine Befriedigung aufgrund eines anfechtungsfesten Absonderungsrecht § 50 Abs. 1 InsO benachteilige die Insolvenzgläubiger nicht.
Nach §§ 129 ff. InsO anfechtbar könnten demnach allenfalls die während der Anfechtungsfrist erfolgten Beitragszahlungen oder die dadurch bewirkte Mehrung der Versicherungsleistung sein, wenn durch die Beitragszahlungen der Rückkaufswert und die beitragsfreie Versicherungssumme erhöht wurde (BGH, Urteil v. 20. Dezember 2012 – IX ZR 21/12).
Gute Nachricht für die Kreditwirtschaft
Nicht nur Kreditgeber haben ein großes Interesse daran, das der Beginn insolvenzrechtlicher Anfechtungsfristen möglichst früh liegt. Auch der Kreditnehmer möchte, dass der Kreditgeber der gestellten Sicherheit auch einen ausreichenden Wert beimisst. Daher hilft diese Entscheidung des BGH zum immer noch wichtigen Sicherungsinstrument der Abtretung von Kapitallebensversicherungen beiden Parteien einer Finanzierung und wirkt sich gleichzeitig zum Nachteil der ungesicherten Insolvenzgläubiger aus.