Neuregelungen bringen praktische Erleichterungen, allerdings auch zusätzliche Vorgaben, insbesondere für Anzeigepflichtige aus Drittstaaten sowie Private-Equity- und Hedgefonds.
Die Dritte Verordnung zur Änderung der Inhaberkontrollverordnung (InhKontrollV)wurde am 27. Dezember 2022 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und ist am 28. Dezember 2022 in Kraft getreten. Sie berücksichtigt Änderungen des Kreditwesengesetzes (KWG) und des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) durch das Risikoreduzierungsgesetz (RiG) sowie die „Gemeinsamen Leitlinien zur aufsichtsrechtlichen Beurteilung des Erwerbs und der Erhöhung von qualifizierten Beteiligungen im Finanzsektor“ der ESAs (European Supervisory Authorities). Daneben wurden einige redaktionelle Anpassungen vorgenommen.
Die neue Verordnung bringt einige praktische Erleichterungen für die Durchführung von Inhaberkontrollverfahren. Allerdings hat die BaFin auch zusätzliche Vorgaben aufgenommen, u.a. für Private-Equity- oder Hedgefonds. Die InhKontrollV regelt die Anzeigepflichten von Personen und Unternehmen, die den Erwerb einer bedeutenden Beteiligung an einem Kreditinstitut, Finanzdienstleistungsinstitut, Versicherungsunternehmen, Pensionsfonds oder an bestimmten Versicherungsholdings beabsichtigen.
Neue Inhaberkontrollverordnung bringt praktische Erleichterungen
Aus den Änderungen in § 16 InhKontrollV ergeben sich für die Anzeigepflichtigen verschiedene Erleichterungen. So muss ein Anzeigepflichtiger Unterlagen und Erklärungen, die er bereits innerhalb der vergangenen zwei Jahre mit einer Anzeige nach § 2c Abs. 1 KWG oder § 17 Abs. 1 oder 2 VAG eingereicht hat, nicht erneut einreichen, sofern diese unverändert gültig sind. Bislang lag diese Frist bei einem Jahr. Beim Wechsel von einer indirekten auf eine direkte bedeutende Beteiligung gilt die weitgehende Befreiung von Unterlagen und Erklärungen sogar unbefristet, wobei jedoch weiterhin eine formelle Anzeige abzugeben ist. Eine entsprechende Erleichterung gilt zukünftig auch bei Erwerbsvorgängen innerhalb eines Konzerns.
Zudem müssen Anzeigepflichtige ihrer Anzeige für einen Erwerbsvorgang innerhalb eines Konzerns künftig keinen Geschäftsplan mehr beifügen, wenn sie am Zielunternehmen nur indirekt beteiligt sind und nicht an der Konzernspitze stehen. Ist das Zielunternehmen ein Finanzdienstleistungsinstitut, das ausschließlich Factoring und (gemeint sein dürfte „und/oder“) Finanzierungsleasing i.S.d. KWG erbringt, sieht die InhKontrollV nunmehr sogar einen kompletten Verzicht auch auf sonstige Erklärungen und Unterlagen vor, soweit der Anzeigepflichtige am Zielunternehmen nur indirekt beteiligt wäre und nicht an der Spitze des Konzerns steht oder soweit es sich um einen Erwerbsvorgang innerhalb eines Konzerns handelt.
Zusätzliche Unterlagen und Erklärungen bestimmter Anzeigepflichtiger
Jedoch hat die BaFin auch zusätzliche Vorlagepflichten aufgenommen. Hierbei hat sie bestimmte Anzeigepflichtige (aus Drittstaaten, Staatsfonds sowie Private-Equity- oder Hedgefonds) im Blick, für die bisher keine besonderen formalen Vorgaben im Rahmen eines Inhaberkontrollverfahrens galten.
Hat der Anzeigepflichtige seinen Sitz in einem Drittstaat, so sind den Anzeigen zukünftig folgende Unterlagen und Erklärungen beizufügen (§ 8a Abs. 1 InhKontrollV):
- eine von öffentlichen Stellen des Drittstaats ausgegebene Unbedenklichkeitsbescheinigung oder, sofern der Drittstaat keine Unbedenklichkeitsbescheinigungen ausstellt, eine gleichwertige Bescheinigung, die von der Finanzaufsichtsbehörde des Drittstaats in Bezug auf den Anzeigepflichtigen ausgestellt wurde,
- wenn verfügbar, eine Erklärung der Finanzaufsichtsbehörde des Drittstaats, dass keine Hindernisse oder Beschränkungen hinsichtlich der Bereitstellung der für die Beaufsichtigung des Zielunternehmens erforderlichen Informationen vorliegen, und
- eine Zusammenfassung der für den Anzeigepflichtigen geltenden aufsichtsrechtlichen Vorschriften des Drittstaats.
Ist der Anzeigepflichtige ein Staatsfonds, so sind den Anzeigen folgende Unterlagen und Erklärungen beizufügen (§ 8a Abs. 2 InhKontrollV):
- Angaben mit der genauen Bezeichnung des Ministeriums oder der Regierungsabteilung, das bzw. die für die Festlegung der Anlagepolitik des Fonds zuständig ist,
- Einzelheiten zur Anlagepolitik und zu sämtlichen Anlagebeschränkungen,
- der Name und die Funktionsbezeichnung der Personen, die die Anlageentscheidungen für den Fonds treffen, und
- Einzelheiten zu dem Einfluss, den das Ministerium oder die Regierungsabteilung nach Nr. 1 auf das Tagesgeschäft des Fonds und das Zielunternehmen ausübt.
Ist der Anzeigepflichtige ein Private-Equity-Fonds oder ein Hedgefonds, so sind den Anzeigen folgende Unterlagen und Erklärungen beizufügen (§ 8a Abs. 3 InhKontrollV):
- eine detaillierte Beschreibung der Wertentwicklung bedeutender Beteiligungen an Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten, Versicherungsunternehmen oder Pensionsfonds, die der Anzeigepflichtige früher erworben hat,
- Einzelheiten zur Anlagepolitik und zu sämtlichen Anlagebeschränkungen einschließlich Einzelheiten zur Überwachung der Investitionen,
- Faktoren, die ihm als Grundlage für die Anlageentscheidung in Bezug auf das Zielunternehmen dienen, und Faktoren, die zur Änderung seiner Erfolgsstrategie führen würden,
- seine Entscheidungsstrukturen einschließlich der Namen und Funktionsbezeichnungen der Personen, die die Anlageentscheidungen treffen, und
- eine detaillierte Beschreibung seiner Verfahren zur Bekämpfung von Geldwäsche einschließlich des hierfür geltenden rechtlichen Rahmens.
Interessierte Erwerber, die in diese Kategorien fallen, sollten sich somit darauf einstellen, dass deutlich mehr Informationen und Unterlagen verlangt werden als bisher. Eine Definition, welche Unternehmen aus Sicht der BaFin als Private-Equity-Fonds oder Hedgefonds gelten, enthält die neue InhKontrollV allerdings nicht. Die Aufsicht geht offenbar davon aus, dass dies im Vorfeld einer entsprechenden Anzeige durch den interessierten Erwerber selbst zu beurteilen ist.
Auswirkungen der Gruppenstruktur auf die Aufsicht
Ebenfalls neu aufgenommen wurden Auswirkungen der Gruppenstruktur auf die Aufsicht (§ 11a InhKontrollV). So ist der Anzeige zukünftig eine Analyse des Umfangs der Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis beizufügen. Dabei sind auch Angaben dazu zu machen, welche Unternehmen der Gruppe nach dem Erwerb oder der Erhöhung unter den Anwendungsbereich der Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis fallen würden oder fallen und auf welchen Ebenen innerhalb der Gruppe diese Beaufsichtigung auf konsolidierter oder auf unterkonsolidierter Basis erfolgen würde oder erfolgt.
Die Aufsicht nimmt bereits seit einiger Zeit Fragen der Konsolidierung und damit zusammenhängender möglicher Konsolidierungsrisiken verstärkt in den Blick. Daran knüpft sie nunmehr auch im Rahmen der Inhaberkontrolle an.
Finanzielles Commitment des Erwerbers
An mehreren Stellen wird zudem eine bereits in den vergangenen Jahren in der Aufsichtspraxis etablierte Anforderung verschriftlicht. So hat der interessierte Erwerber im Rahmen des Geschäftsplans Aussagen zur Bereitschaft und zur Fähigkeit zu machen, dem Zielunternehmen künftig weiteres Kapital zur Verfügung zu stellen, sofern dies notwendig wird (§ 15 Abs. 1 S. 5, Abs. 3 Nr. 3 InhKontrollV). Dadurch möchte die BaFin offenbar sicherstellen, dass ein längerfristiges und belastbares finanzielles Commitment des interessierten Erwerbers an dem Zielunternehmen besteht.
Inhaberkontrollverfahren bleiben weiterhin herausfordernd
Auch wenn einige praktische Erleichterungen in die InhKontrollV aufgenommen wurden, so bedeuten die Änderungen doch vor allem deutlich ausgeweitete Anzeige- und Vorlagepflichten. Interessierte Erwerber, insbesondere wenn es sich dabei um Anzeigepflichtige aus Drittstaaten, Staatsfonds oder Private-Equity- und Hedgefonds handelt, sollten sich auf eine vertiefte Prüfung durch die Aufsichtsbehörden im Rahmen eines Inhaberkontrollverfahren einstellen. Eine gründliche Vorbereitung der Anzeigen ist gerade im Hinblick auf die zeitliche Komponente der Durchführung einer Transaktion umso wichtiger.