Durch die von Trump angedrohten „Strafzölle“ wird der Druck auf die globalen Lieferketten weiter steigen. Wir erklären, was Sie jetzt tun können.
Heute (20. Januar) wird Donald Trump erneut in das Weiße Haus einziehen. Eine seiner Prioritäten scheint dabei eine weitergehende Abschottung des US-Marktes vom Welthandel zu sein. Sein bevorzugtes Instrument: „Strafzölle“. Sollte Trump seine Drohung wahr machen, so stünden die globalen Lieferketten nach der Corona-Krise und dem Angriff Russlands auf die Ukraine vor einer weiteren enormen Belastungsprobe.
Doch wer hat die mit den Zöllen verbundenen Kosten – aus rechtlicher Sicht – eigentlich zu tragen? Und wie können sich deutsche Exporteure dagegen wappnen?
„Strafzölle“ sind normale Einfuhrzölle
Zunächst einmal handelt es sich bei den angedrohten „Strafzöllen“ im Grunde um „ganz normale“ Einfuhrzölle. Diese sind – sofern keine abweichende vertragliche Vereinbarung getroffen wurde – entsprechend vom Einführer zu übernehmen. Nach diesen Grundsätzen werden die Zölle vor allem die importierenden US-Unternehmen treffen (die diese dann in Form von höheren Preisen an die Verbraucher weitergeben).
Abweichende Vereinbarungen sind häufig
Diese Risikoverteilung kann in Verträgen aber natürlich abweichend geregelt werden und von dieser Möglichkeit wird im internationalen Handel auch regelmäßig Gebrauch gemacht. So finden sich etwa vereinzelt isolierte Regelungen, wonach sich der Verkäufer (Exporteur) auch um die Verzollung der Ware zu kümmern hat. Bei Warenlieferverträgen ergibt sich diese Pflicht aber häufiger – oftmals ohne Bewusstsein des Exporteurs – aus der Geltung des anwendbaren Incoterm. Bei den Incoterms (2020) handelt es sich um freiwillige Klauseln im internationalen Warenhandel, welche die wechselseitigen Pflichten der Verkäufer und Käufer mit Blick auf die Lieferung und Zahlung regeln (Gefahrübergang, Transportkosten etc.).
Augen auf bei der Wahl des passenden Incoterm!
Hier ist bei dem Handel mit US-Unternehmen unbedingt darauf zu achten, nicht den Incoterm „DDP“ („Delivered, Duty paid“) zu wählen. Denn dieser Incoterm (zu Deutsch: „Geliefert verzollt“) bedeutet, dass die Lieferung erst dann erfolgt, wenn der Verkäufer die zur Einfuhr freigemachte Ware dem Käufer am Bestimmungsort entladebereit zur Verfügung stellt. Der Verkäufer hat danach alle Kosten und Gefahren im Zusammenhang mit der Beförderung der Ware bis zum Bestimmungsort zu tragen. Dabei trifft ihn insbesondere auch die Pflicht, die Ware für die Einfuhr freizumachen und entsprechende Einfuhrzölle zu entrichten.
„DDP“ macht den Lieferanten zum US-Importeur!
Bei der Wahl des Incoterm „DDP“ wird der Verkäufer somit zum Importeur im Bestimmungsstaat. Bei Lieferungen in die USA hat der europäische Lieferant die Strafzölle deswegen unmittelbar zu tragen. Ein erhebliches Risiko, das sich alle europäischen Exporteure bewusst machen müssen!
Strafzölle als Fall von „Force Majeure“?
Doch was passiert nun, wenn die Strafzölle tatsächlich Realität werden? Kann sich der US-Importeuer auf „Force Majeure“ berufen, etwa um einer vereinbarten Abnahmepflicht zu entgehen? Oder kann sich der europäische Exporteur – wenn ihn diese Kosten nach den obigen Grundsätzen treffen – auf Force Majeure berufen, um den vereinbarten Preis nach oben anzupassen? Grundsätzlich richtet sich die Möglichkeit einer solchen Vertragsanpassung nach den vertraglichen Regelungen und – soweit eine solche Regelung nicht vorhanden ist – nach den gesetzlichen Bestimmungen des anwendbaren Rechts (sofern diese Rechtsordnung eine entsprechende Regelung bereithält).
Rechtsordnungen sind bei Vertragsanpassungen zurückhaltend
Mit Blick auf die anwendbaren gesetzlichen Regelungen gilt als Ausgangspunkt das international anerkannte Rechtsprinzip „Pacta sunt servanda“ – Verträge sind einzuhalten. Danach begegnen fast alle Rechtsordnungen der nachträglichen Vertragsanpassung von außen – etwa über das Instrument „Force Majeure“ – mit einem gewissen Argwohn. Dabei ist das deutsche Recht, wie nachfolgend zu sehen sein wird, besonders streng.
Im deutschen Recht: Wohl kein „Wegfall der Geschäftsgrundlage“
Bei der Geltung deutschen Rechts ist die Vereinbarung einer Force Majeure-Klausel eigentlich überflüssig. Denn insbesondere mit den Bestimmungen über den „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ in § 313 BGB steht eine gesetzliche Regelung zur Verfügung, die genau diese Fälle regelt. Danach kann eine Anpassung des Vertrags immer dann verlangt werden, wenn sich die Vertragsgrundlage nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Darüber hinaus ist es erforderlich, dass der betroffenen Partei ein Festhalten an dem Vertrag nicht zumutbar ist.
Zwar ist anerkannt, dass grundsätzlich auch eine Änderung der Wirtschaftsgesetzgebung – dazu würden auch die Strafzölle gehören – einen solchen Wegfall der Geschäftsgrundlage begründen kann. Die vom BGH hier aufgestellten Hürden sind allerdings sehr hoch! So fordern die deutschen Gerichte, dass eine Anpassung
zur Vermeidung eines untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden und damit der betroffenen Partei nach Treu und Glauben nicht zuzumutenden Ergebnisses unabweislich erscheint.
Angenommen wurde dies etwa hinsichtlich eines Vertrags über den Export von Bier in den Iran, der vor der islamischen Revolution geschlossen wurde und danach wegen des Verbots des Konsums von Alkohol im Iran nicht mehr abgewickelt werden konnte (BGH, Urteil vom 8. Februar 1984 – VII ZR 254/82).
Strafzölle sind erwartbar und machen die Leistung nicht unzumutbar
Was bedeutet das für Verträge nach deutschem Recht ohne Force Majeure-Klausel? Sollten die Strafzölle in der angedrohten Höhe von 10-20% tatsächlich kommen, so dürfte dies für einen Wegfall der Geschäftsgrundlage wohl nicht ausreichen. Bei der Frage der Zumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag wird insofern zu berücksichtigen sein, dass der jeweilige Importeur das Risiko von entsprechenden Änderungen der Zolltarife in der Regel bewusst übernommen hat. Zudem dürfte nur schwer zu begründen sein, dass Strafzölle nach der ersten Amtszeit von Trump nicht erwartbar waren.
Sofern vereinbart: Rettung durch Force Majeure-Klausel?
Und wie gestaltet sich die Lage, wenn die Parteien eine Force Majeure-Klausel vereinbart haben? Derartige Klauseln sind in grenzüberschreitenden Handelsverträgen – auch bei der Geltung deutschen Rechts – regelmäßig anzutreffen. Dies liegt zum einen daran, dass der gesetzliche Maßstab oftmals als zu streng empfunden wird. Zum anderen weisen viele andere Rechtsordnungen keine zu § 313 BGB vergleichbare Regelung auf, sodass eine Force Majeure-Klausel als notwendig erachtet wird. Auf dieser Grundlage hat sie sich als weitgehend übliches Element der vertraglichen Risikobegrenzung in internationalen Handelsverträgen etabliert.
„Vorhersehbarkeit“ und „Zumutbarkeit“ als Hürden
Force Majeure-Klauseln sind sehr vielgestaltig. Im internationalen Handel häufig anzutreffen ist insofern etwa die Hardship-Clause („Härtefall-Klausel“) der ICC (International Chamber of Commerce). Eine Hardship-Klausel ist eine Art Unterfall der Force Majeure-Klausel und beschäftigt sich nicht mit Fällen der Unmöglichkeit der Leistung, sondern deren Erschwerung. Häufig werden „Force Majeure“ und „Hardship“ auch gemeinsam in einer Klausel abgebildet. In der Musterklausel des ICC heißt es u.a.:
Wenn eine Vertragspartei […] nachweist, dass a) die weitere Erfüllung ihrer vertraglichen Pflichten aufgrund eines Ereignisses außerhalb der ihr zumutbaren Kontrolle, welches vernünftigerweise im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht erwartet werden konnte, übermäßig erschwert wird; und dass b) die Vertragspartei das Ereignis oder seine Folgen nicht in zumutbarer Weise hätte vermeiden oder überwinden können, sind die Parteien verpflichtet, innerhalb einer angemessenen Frist nach der Geltendmachung dieser Klausel alternative Vertragsbedingungen auszuhandeln […].
Diese Klausel enthält somit – wie § 313 BGB und die meisten sonst üblichen Force Majeure-Klauseln – ein Element der Vorhersehbarkeit und Zumutbarkeit. Deswegen erscheint es aus den genannten Gründen eher fernliegend, dass eine derartige Force Majeure/Hardship-Klausel bei der Verhängung von Strafzöllen greifen würde. Letztlich muss eine Anwendbarkeit der jeweiligen Klausel auf Strafzölle aufgrund der häufig individuellen Formulierung aber für jeden Einzelfall gesondert geprüft werden.
Ausweg: Mögliche Strafzölle in Force Majeure-Klauseln adressieren
Sofern ein neuer Vertrag für Lieferungen in die USA geschlossen wird, sollten mögliche Strafzölle direkt in der Force Majeure/Hardship-Klausel adressiert werden. So kann etwa definiert werden, ab welcher Höhe der Einfuhrzölle von einer übermäßigen Erschwerung auszugehen ist. Darüber hinaus sollte direkt auch geregelt werden, was die vertragliche Folge für die Parteien sein soll (etwa eine hälftige Teilung, Neuverhandlung durch die Parteien o.Ä.).
Absicherung durch Preisanpassungsklauseln ebenfalls möglich
Sofern sich der europäische Lieferant tatsächlich – etwa unter Geltung des Incoterm DDP – um die Verzollung in den USA kümmern soll, kann auch eine Preisanpassungsklausel zur Adressierung der Risiken durch drohende Strafzölle in den Vertrag aufgenommen werden. Diese Klauseln wurden bereits im dem Blog-Beitrag Inflation in der Lieferkette – Rettung durch Preisanpassungsklauseln? ausführlich beleuchtet. In Betracht kommt insofern insbesondere eine Kostenelementeklausel, welche es – bei geschickter Formulierung – erlauben würde, die Strafzölle mittels Anpassung des Verkaufspreises an den Käufer weiterzugeben.
Vorsicht ist besser als Nachsicht – Vertragsdokumente jetzt anpassen!
Strafzölle für Importe in die USA könnten schon sehr bald Realität werden. In laufenden Vertragsbeziehungen besteht insbesondere bei der Pflicht zur Übernahme der Verzollung – etwa durch den Incoterm DDP – dringender Handlungsbedarf. Sofern Nachverhandlungen nicht durchsetzbar sind, sollte – abhängig von der unter dem Vertrag erzielten Marge – auch eine mögliche Kündigung zumindest vorbereitet werden. Zudem sollte der Vertrag daraufhin geprüft werden, ob er eine Force Majeure/Hardship-Klausel enthält, welche im Fall der Fälle die Risiken abfedern könnten.
Für neu abgeschlossene Verträge sollte – wenn möglich – der Incoterm DDP für das US-Geschäft vermieden werden. Sofern dies nicht durchsetzbar oder nicht gewollt ist, sollte zumindest eine entsprechende Preisanpassungsklausel oder Force Majeure/Hardship-Klausel in den Vertrag aufgenommen werden. Letztere sollte das Risiko der drohenden Strafzölle – wie oben dargelegt – explizit adressieren. Auch wenn der europäische Lieferant die Zölle nicht tragen muss, bietet sich die Aufnahme einer solchen Klausel zumindest bei der Geltung ausländischen Rechts an. Denn dann besteht zumindest Rechtssicherheit für den Fall, dass die Zölle tatsächlich kommen.